Frage an Erika Ober von Torsten J. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Dr. Ober
Das Flugverbot über dem Zentrum von Berlin ist doch ein typischer, völlig populistischer und sinnloser Akt. Er impliziert die merkwürdige Vorstellung, dass ein Terrorist sich durch ein unsichtbares Verbotsschild abschrecken lässt. Als könnte man durch Halteverbote vor Banken in den Innenstädten Banküberfälle verhindern?!
Ähnlich groteske und aktionistische Vollzüge häufen sich derzeit bei den Sport- und Privatfliegern, die sich neuerdings einer wirklich totalen "freiwilligen" Zuverlässigkeitsuntersuchung (nach §7 LuftSiG) unterziehen müssen, bei der sämtliche Geheimdienste der Welt (auch die alten Stasiakten!) und selbst der Arbeitgeber einbezogen werden. Als würde sich irgendein Terrorist vorher dieser Untersuchung stellen. Der fliegt nämlich einfach vom Ausland ein oder nimmt einen Lastwagen, der viel mehr Sprengstoff tragen kann als jedes Leichtflugzeug. Alles bewirkt nur den gläsernen Bürger und eine Menge unsinniger Bürokratie.
Mit denselben Argumenten kann auch jeder Führerscheinbesitzer "durchleuchtet" werden und dies ist sogar noch besser begründbar, da bisher jede Menge Autobomben in Innenstädten explodiert sind. Es hat aber noch kein Sportpilot sein Flugzeug als Waffe verwendet!!
1) Sind Sie der Meinung, dass hier das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist?
2) Sind Sie der Meinung, dass so die Würde des Menschen unangetastet bleibt, wenn solche willkürliche Schnüffelei über die Minderheit der Sportflieger kommt?
3) Wissen Sie, dass die Sportflieger dies "freiwillig" unter Androhung von Lizenzverlust beantragen müssen?
Sind unsere führenden Regierungsvertreter inzwischen mehr beeinflusst von psychisch Kranken (Motorseglerpilot über Frankfurt) und Selbstmördern (Absturz neben dem Reichstag), als von normalen Bürgern (Sportpiloten), die nicht mehr gehört werden?
4) Was ist eine freiheitliche Demokratie noch wert, wenn sie so mit ihren Minderheiten umgeht?
5) Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt, dass man sie schleichend abschafft?
Das Bundesverfassungsgericht hat vor ganz kurzer Zeit, eine Telefonspionage ohne jeden Verdacht als nicht verfassungskonform bezeichnet. Es gibt aktuell offenbar nur das BVerfG, welches das Ausspionieren durch eine wachsende und unkontrollierte Bürokratenwillkür verhindert!
6) Was werde Sie, als meine künftige Abgeordnete, dagegen tun?
Mit freundlichen Grüßen und in Erwartung Ihrer Antwort
Torsten Jahn
Sehr geehrter Herr Jahn,
Die im Luftsicherheitsgesetz angeordnete Zuverlässigkeitsüberprüfung wird insbesondere damit begründet, dass der Luftverkehr im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern einer besonderen terroristischen Bedrohung unterliegt. Durch die Zuverlässigkeitsüberprüfung soll verhindert werden, dass unzuverlässige Personen eine Ausbildung zum Piloten erlangen oder ein Luftfahrzeug führen. Auch wenn die Zuverlässigkeitsprüfungen dabei keinen hundertprozentigen Schutz gegen Angriffe auf die Sicherheit des Luftverkehrs bieten können, so ist es dennoch wichtig, bereits im Vorfeld alles zu tun, um mögliche Gefährdungen auszuschließen. Das Gefährdungspotential durch Kleinflugzeuge darf keineswegs als gering eingeschätzt werden. Nach der Auffassung der deutschen Sicherheitsbehörden sind genügend Tatszenarien vorstellbar, in denen durch Nutzung eines Kleinflugzeugs als Tatwaffe massive Schäden angerichtet werden können. Mir wurde mitgeteilt, dass es nicht stimmt, dass es bisher überhaupt keinen Fall gegeben haben soll, in dem ein aktiver Luftsportler im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten aufgefallen sei. In Brandenburg hat eine Person 2002 unter Angabe einer falschen Identität eine Pilotenlizenz erworben. Die Person ist zwischenzeitlich wegen gewerbsmäßiger Steuerhinterziehung zu 5 Jahren Haft verurteilt worden. Es ist richtig, dass ausländische Piloten durch § 7 LuftSiG nicht erfasst werden. Dies ergibt sich aber aus dem Geltungsbereich des Gesetzes. Deutschland kann keine Schutzmaßnahmen in ausländischen Staaten anordnen. Das spricht aber nicht gegen die Zuverlässigkeitsüberprüfung, sondern zusätzlich für eine bessere Sicherung von Flugplätzen und Fluggerät.
Die für die Sicherheit in Berlin zuständigen Stellen sehen seit mehreren Jahren die Notwendigkeit, über dem Regierungsviertel ein Gebiet mit Flugbeschränkungen einzurichten. Der Absturz des Ultraleichtflugzeugs vor dem Reichstagsgebäude hat den letzten Anstoß dazu gegeben, nach reiflicher Abwägung der verschiedensten Argumente die Maßnahme jetzt umzusetzen. Bisher konnte jeder Pilot unüberprüft eine Freigabe zum Einflug in die Kontrollzone Berlin und zum Überflug über das Stadtzentrum von Berlin bei der zuständigen Flugsicherungsstelle beantragen. Die Flugsicherung hat in der Vergangenheit einem solchen Antrag in Abhängigkeit von der Luftverkehrslage stattgegeben und ggf. lediglich Auflagen bezüglich der Flughöhe oder Streckenführung gemacht. Mit dem jetzt eingerichteten Gebiet mit Flugbeschränkungen wird sichergestellt, dass nur noch Flüge von gewerblichen Luftfahrtunternehmen das Stadtzentrum überfliegen dürfen, die für ihr Unternehmen einen vom Luftfahrt-Bundesamt genehmigten Luftsicherheitsplan aufgestellt haben, in dem auch geregelt ist, dass und wie Passagier- und Gepäckkontrollen für solche Flüge durchzuführen sind. Das fliegende Personal muss sich einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach dem Luftsicherheitsgesetz unterzogen haben. Mit dieser Maßnahme ist - wenn auch keine absolute - Gewähr dafür gegeben, dass von Flügen, die mit entsprechender Erlaubnis das Gebiet mit Flugbeschränkungen durchfliegen dürfen, keine Gefährdung ausgeht. Solche Flüge werden auf ein Minimum beschränkt. Die Maßnahmen bedeuten keine Kriminalisierung der Piloten der Allgemeinen Luftfahrt. Auch der Bankkunde, der vor dem Panzerglas des Bankschalters steht, wird sich kaum als potenzieller Bankräuber fühlen. In den vergangenen Jahren ist die Luftfahrt aber leider immer häufiger Ziel und Hilfsmittel für terroristische Anschläge geworden. Entsprechende Gegenmaßnahmen müssen leider auch die Allgemeine Luftfahrt einbeziehen. Verglichen mit dem Aufwand, den der Staat, die Luftverkehrsgesellschaften und die Flughäfen für die Erhaltung der Sicherheit treiben müssen, stellt das Verbot von Überflügen des Stadtzentrums von Berlin für sog. Hobbyflieger im Hinblick auf den oben dargestellten Sicherheitsgewinn keine Belastung dar. Für die gewerbliche Luftfahrt sind geeignete Ausnahmeregelungen geschaffen worden.
Mit freundlichen Grüßen
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Büro Dr. Erika Ober, MdB