Frage an Erik Schweickert von Johannes B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schweickert,
Sie haben bei dem Antrag der Fraktion Die Linke Wasser ist Menschenrecht - Privatisierung verhindern (Drucksache 17/12482) mit "Nein" gestimmt!
Demnach ist Wasser für sie kein Menschenrecht! Meine Frage ist nun ob das wirklich Ihr Ernst und Ihre Überzeugung ist?Falls nicht, warum haben sie dann so abgestimmt?
Mit freundlichen Grüßen,
Johannes Bauer
Sehr geehrter Herr Bauer,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 08. März 2013 bezüglich der Privatisierung des Wassermarkts. Ihre Sorgen bezüglich der Privatisierung von Trinkwasser teile ich grundsätzlich. Die FDP ist seit vielen Jahren gegen die Privatisierung des Trinkwassers und hat dies in den Beratungen zur EU-Konzessionsrichtlinie auch deutlich gemacht. Deshalb war die Privatisierung auch nie das Ziel der Konzessionsrichtlinie der EU.
Zunächst jedoch kurz zu Ihren Fragen: Ja ich erkenne Wasser als ein Menschenrecht an, schließlich haben die Vereinten Nationen dies bereits 2010 mit einer Resolution getan. Und ja, ich habe gegen den Antrag der Linken gestimmt und zwar ganz einfach, weil ich ihn für überflüssig halte. Zum einen eben weil Wasser bereits als Menschenrecht anerkannt wurde, zum anderen, weil sein Inhalt völlig an den Haaren herbeigezogen ist. Der Antrag zielt auf etwas ab, was von den Medien in die Richtlinie hinein gelesen wurde, so aber überhaupt nicht darin steht. Das kann Ihnen jeder bestätigen, der den Text dieser Richtlinie auch einmal selbst gelesen hat und nicht nur unreflektiert emotionale Einlassungen übernimmt. Der Artikel „Die Wasserlüge“ aus der ZEIT vom 21.Februar 2013 stellt das zudem auch ganz klar fest (http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-02/wasser-stadtwerke-privatisierung-eu-kommission).
Die EU-Richtlinie soll lediglich mehr Rechtssicherheit und einen besseren Zugang zu den Konzessionsmärkten schaffen. Über Jahre haben wir das Amigo-Wirtschaften der südeuropäischen Länder kritisiert, bei dem Aufträge unter der Hand vergeben wurden. Dagegen wird jetzt mit der Richtlinie vorgegangen. Ein transparentes Vergabeverfahren leistet einen Beitrag zur Korruptionsbekämpfung. In wirtschaftlich angespannten Zeiten in einigen EU-Mitgliedstaaten ist es wichtig, dass Steuergelder den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen und nicht in dunklen Kanälen versickern. Das ist das einzige Ziel der Richtlinie.
Es wird dadurch aber keine Kommune zur Privatisierung der Trinkwasserversorgung gezwungen. Die Konzessions-Richtlinie gilt zudem nur dann, wenn die Kommunen im Rahmen ihrer Autonomie die Entscheidung getroffen haben, eine Leistung von einem privaten Unternehmen erbringen zu lassen. Dann ist die Kommune verpflichtet, ein faires und transparentes Verfahren durchzuführen, in dem alle Bieter gleich behandelt werden. Die Richtlinie stärkt auch die Rechte der unterlegenen Bieter. Sie können die Vergabeentscheidung rechtlich überprüfen lassen.
Deutlich festzuhalten gilt es, dass weder die hohe Wasserqualität noch die Versorgungssicherheit in
Deutschland von der Richtlinie gefährdet sind. Im Gegenteil: Jede Kommune kann auch künftig hohe Anforderungen an die zu erbringende Leistung stellen. Auch andere Aspekte wie die Wartung und Investition in die Netze, sowie die Einhaltung bestimmter Umwelt- und Sozialstandards können zur Grundlage der Auswahlentscheidung gemacht werden. Insofern bleibt es in der Hand der jeweiligen Kommune, wie sie ihre Wasserversorgung organisiert. Jede Kommune kann also nach wie vor eigenständig entscheiden, die Wasserversorgung als kommunale Aufgabe der Daseinsvorsorge selbst zu erbringen.
Ich hoffe, meinen Ausführungen dienen einem besseren Verständnis dieses komplexen Themas, welches leider oftmals in der Berichterstattung sehr verzerrt dargestellt wurde.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Erik Schweickert, MdB