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Erik Marquardt
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Frage von Florian B. •

Wie stehen Sie zu einer EU-Strategie, die durch Kooperation mit Indien und China Europas Unabhängigkeit stärkt und zugleich den Friedensprozess in der Ukraine unterstützt?

Europa steht vor geopolitischen Herausforderungen: Die Abhängigkeit von den USA wächst, während der Ukraine-Krieg anhält. Eine verstärkte Kooperation mit Indien und China könnte neue Handlungsspielräume schaffen. Indien ist ein neutraler Vermittler mit guten Beziehungen zu Russland und dem Westen, während China wirtschaftlichen Einfluss auf Russland hat. Durch gezielte Zusammenarbeit könnte die EU ihre wirtschaftliche und sicherheitspolitische Unabhängigkeit stärken und gleichzeitig Druck auf Russland für Friedensverhandlungen erhöhen. Welche Chancen sehen Sie in einer solchen Strategie, und wie könnte sie konkret umgesetzt werden?

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Sehr geehrter Herr B.,
ein durch die Ukraine angeleiteter Friedensprozess muss das Ziel der deutschen und europäischen Unterstützung in der Selbstverteidigung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg darstellen. Es kann keine Verhandlungen über die Ukraine ohne die Ukraine und die EU am Verhandlungstisch geben. Es braucht weiterhin  diplomatische, finanzielle, humanitäre und militärische Unterstützung für die Ukraine. Dabei ist es auch essenziell, dass Europa seine eigene Handlungsfähigkeit stärkt – wirtschaftlich, geopolitisch und sicherheitspolitisch. Kooperationen mit Drittstaaten können dabei eine Rolle spielen, müssen aber klaren Prinzipien folgen.Indien ist eine bedeutende Demokratie mit relevanten Beziehungen sowohl zu Russland als auch zum Westen. Ein verstärkter Dialog mit Indien kann in der Tat dazu beitragen, Abhängigkeiten zu reduzieren und beispielsweise die Wirkmächtigkeit von Sanktionen vergrößern. Auch China spielt hinsichtlich der Ukraine eine ambivalente Rolle. Einerseits hat es erheblichen Einfluss auf Russland, andererseits ermöglicht es durch den Export von Dual-Use-Gütern die russische Kriegsführung. Wir sollten auch nicht naiv sein. China hat eigene Interessen und ist nicht nur Wirtschaftspartner, sondern auch Kontrahent. Die EU hat bereits Sanktionen gegen chinesische Unternehmen verhängt, die russische Rüstungsproduktion unterstützen. Eine Kooperation mit China kann nur dann zielführend sein, wenn sie auf klaren Bedingungen basiert: Keine Umgehung von Sanktionen, keine Unterstützung der russischen Rüstungsindustrie und ein glaubwürdiges Bekenntnis zu einer friedlichen Lösung. Aber natürlich muss ein gutes Verhältnis mit China das Ziel sein - nur eben auch ehrlich auf Augenhöhe und nicht an der kurzen Leine.Eine strategische Zusammenarbeit mit Indien und China kann Chancen bieten, darf aber nicht auf Kosten unserer Werte oder der Unterstützung der Ukraine gehen. Es braucht klare Bedingungen, eine enge Abstimmung mit unseren Partnern und eine konsequente Durchsetzung europäischer Interessen. Die Souveränität der Ukraine bleibt nicht verhandelbar, und jede Kooperation muss sich daran messen lassen, ob sie tatsächlich zur Beendigung der russischen Aggression beiträgt.
Mit freundlichen Grüßen
Erik Marquardt

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