Frage an Emilia Franziska Müller von Winfried B. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Müller, Bayern gehört zu den Ländern in denen die Borreliose vermehrt auftritt. Wieviele Borreliosefälle gibt es in Bayern? Wird darüber eine Statistik geführ? Wieviel Geld wird in die Forschung gegeben. Als betroffener sind dies wichtige Antworten. In einem Buch "Zecken-Borreliose von Fachartz Dr. Peter Gabel vom ZAG-Zentrum für Aktive Gesundheit, Wolfenbüttel, ist zu lesen, dass die Borreilose von vielen Ärzten nicht erkannt wird und die Patienten auf Rheuma behandelt werden. Nach dem Buch werde große Summen für Rheumamittel verbraucht, aber die Urschen werden kaum erforscht.
Von Fachärzten wird Borreliose schon als Volkskrankheit angesprochen, so dass es notwendig wird, dass nationale und internationale Labor-Standarts gebildet werden. Leider liegen für schulmedizinische oder zu naturkundlichen Therapien wissenschaftlich keine fundierten Studien vor. Sie sehen es sind noch wichtige Forschungen notwendig um die Krankheit richtig zu erkennen und noch wichtiger sie richtig behandeln zu können.
Frau Müller bitte nehmen Sie sich dieser Krankheit an und sorgen sie im Landtag dafür, dass Forschungsmittel bereitgestellt werden. Wenn man unseren Parteifreund Söder hört, sind noch Gelder da.
Mit freundlichen Grüßen
Winfried Bissinger
Sehr geehrter Herr Bissinger,
in Bayern gilt seit 1. März 2013 eine länderspezifische Meldepflicht für die akuten Formen der Lyme-Borreliose (Erythema migrans, akute Neuroborreliose und Lyme Arthritis). Alle vom Arzt gemeldeten Lyme-Borreliose-Fälle, die nach Prüfung durch die Gesundheitsämter die Kriterien der Falldefinition erfüllen, werden an das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Bayern übermittelt. Dort werden die Fälle erfasst, kontrolliert und ausgewertet.
Im ersten vollständigen Kalenderjahr der Meldepflicht 2014 wurden insgesamt 3.143 Fälle von Lyme-Borreliose (gemäß Referenzdefinition des RKI) an das LGL übermittelt. Eine wöchentliche Darstellung der Meldezahlen erfolgt auf der Homepage des LGL unter http://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/aktuelle_meldezahlen/index.htm .
Zusätzlich dazu erhebt das LGL Bayern seit 2012 im Rahmen des LYDI-Sentinels (Incidence of LYme DIsease in Bavaria) in Kooperation mit ärztlich tätigen Kollegen ganzjährig Daten zur Häufigkeit des Erythema migrans (Wanderröte), der frühen Neuroborreliose und der Lyme-Arthritis in Bayern. Dieses Projekt wird vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege finanziert.
Ziel des LYDI-Sentinels ist es, aktuelle Daten zu den genannten Erkrankungen zu erheben. Die gewonnenen Daten sollen auch der Risikoanalyse, der Risikokommunikation sowie der wissenschaftlichen Bewertung der Krankheitsauswirkungen dienen. Aus den Ergebnissen sollen gezielte Maßnahmen für Prävention und Aufklärung abgeleitet werden. Im Rahmen des Sentinels finden regelmäßig Fortbildungen zur Klinik, Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose statt. Aktuell nehmen mehr als 250 Ärzte (Allgemeinärzte, Hautärzte, Neurologen und Rheumatologen) aus ganz Bayern daran teil.
Am LGL in Bayern ist seit 2008 das Nationale Referenzzentrum (NRZ) für Borrelien angesiedelt. Aufgaben des NRZ für Borrelien sind u.a.:
1. Öffentlichkeitsarbeit und Beratung von Fachkreisen, Betroffenen und Bürgern zur Diagnose und Therapie der Lyme-Borreliose.
2. Unterstützung von fachbezogenen Projekten und Mitarbeit in den entsprechenden Arbeitsgruppen.
3. Entwicklung beziehungsweise Verbesserung diagnostischer Verfahren, Koordination bei der Standardisierung.
4. Durchführung von deskriptiven und analytischen epidemiologischen Studien in Abstimmung mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) sowie Initiierung von und Mitarbeit bei Surveillanceprojekten.
Das NRZ wird dafür mit den notwendigen finanziellen Mitteln vom Robert Koch-Institut bzw. Bundesgesundheitsministerium ausgestattet.
Laut dem NRZ für Borrelien wurde bei einer Studie, die den Raum Würzburg umfasste, die Lyme Arthritis - das ist die Form der Erkrankung, die mit Rheuma verwechselt werden kann - lediglich in 5 % der Erkrankungen an Lyme-Borreliose gefunden. Die Lyme Arthritis ist eine insgesamt eher seltene Erkrankung. In einer weiteren Studie wurden Patienten, die mit der Verdachtsdiagnose chronische Lyme-Borreliose in eine rheumatologische Ambulanz überwiesen wurden, weiter untersucht, mit dem Ergebnis, dass in 84 % der Fälle eine gesicherte andere Diagnose vorlag. Diese Studie spricht damit sogar dafür, dass die Lyme Arthritis nicht zu selten, sondern im Gegenteil (fälschlicherweise) zu häufig diagnostiziert und therapiert wird.
Entgegen Ihren Anmerkungen zum Buch „Zecken-Borreliose“ liegen laut NRZ für Borrelien zur Therapie der Lyme-Borreliose durchaus Studien vor, die schulmedizinischen Vorstellungen betreffen (siehe Anhang). Aufgrund dieser Studien wurden entsprechende therapeutische Vorgehensweisen festgelegt. Allerdings sind auch nach Ansicht des NRZ für Borrelien noch weitere, qualitativ hochwertige Studien zur antibiotischen Therapie der Lyme-Borreliose anzustreben. Im Rahmen des deutschlandweiten Netzwerkes Neuroborreliose und in einer Kooperation mit einer Münchner Klinik führt das NRZ für Borrelien aktuell entsprechende Studien zur Diagnostik, Therapie und Prognose der Neuroborreliose durch.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Ausführungen weiterhelfen. Sie sehen, die zuständigen Stellen in Bayern sind engagiert in der Forschung, Aufklärung und Therapie der Borreliose tätig.
Mit freundlichen Grüßen
Emilia Müller
Anhang
1. Huppertz H-I, Christen H-J, Fingerle V, Heininger U: Lyme-Borreliose. In: Handbuch Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. Edited by (eds.) DGfPIeVD, vol. Kapitel 54: Thieme Verlag; 2013: accepted.
2. Hofmann H AE, Bruckbauer H, Fingerle V, Mempel M, Müllegger RR, Plettenberg A, Simon M, Wallich R.: Kutane Manifestationen der Lyme Borreliose. Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft AWMF Leitlinien http://leitlinien.net/2009 .
3. Halperin JJ, Shapiro ED, Logigian E, Belman AL, Dotevall L, Wormser GP,
Krupp L, Gronseth G, Bever CT, Jr.: Practice parameter: treatment of nervous system Lyme disease (an evidence-based review): report of the Quality Standards Subcommittee of the American Academy of Neurology. Neurology 2007, 69(1): 91-102.
4. Wormser GP, Dattwyler RJ, Shapiro ED, Halperin JJ, Steere AC, Klempner MS, Krause PJ, Bakken JS, Strle F, Stanek G et ah The clinical assessment, treatment, and prevention of lyme disease, human granulocytic anaplasmosis, and babesiosis: clinical practice guidelines by the Infectious Diseases Society of America. Clinical infectious diseases: an official publication of the Infectious Diseases Society of America 2 006, 43(9):1089-1134.
5. Evison J, Aebi C, Francioli P, Peter 0, Bassetti S, Gervaix A, Zimmerli S, Weber R: [Lyme disease Part 2: clinic and treatment]. Revue medicale suisse 2006, 2(60):925-928, 930-924.
6. Rauer S, R. Kaiser, H.W. Kölmel, H.W. Pfister, B. Wilske.: Leitlinie Neuroborreliose.. Herausgegeben von der Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie - Expertengruppe Neuroborreliose AWMF gelistet 2012:1-11.