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Emanuel Kotzian
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Frage von Daniel G. •

Frage an Emanuel Kotzian von Daniel G. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Kotzian,

Ihre Ausführungen zum Thema Mindestlohn verstehe ich nicht: "kein Mindestlohn stellt eine direkte Subventionierung der Arbeitgeber dar." (Kandidaten-Check)

Ein Nicht-Eingreifen des Staates stellt keine Subventionierung dar. Löhne werden insgesamt (noch) durch Angebot und Nachfrage bestimmt - der effizienteste Mechanismus zur Ermittlung von Preisen. Ein "zu geringer" Lohn ergibt sich so nur bedingt, dies stellt vielmehr eine beliebige subjektive Wertung dar. Ihre zweite Aussage, dass der Abstand zwischen Löhnen und ALG II nicht zu klein sein darf und daher vergrößert werden muss, ist damit nachvollziehbar und richtig. Es wäre jedoch die falsche Kosequenz hieraus zu schließen, dass dafür die Löhne durch einen flächendeckenden Mindestlohn angehoben werden müssten. Vielmehr ist darauf zu achten, dass der nationale Wettbewerb um Arbeitskräfte möglichst uneingeschränkt ist, also genau das Gegenteil eines Midestlohns.

Auf welcher Grundlage stützt sich also Ihre Ansicht bzw. Ihre Aussage, dass ohne Mindestlohn Arbeitgeber direkt subventioniert werden und daher ein flächendeckender Mindestlohn eingeführt werden sollte?

Beste Grüße
D. Gerhard

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Antwort von
PIRATEN

Sehr geehrter Herr Gerhard,

gern erläutere ich meine Aussage zum Thema Mindestlohn näher.

Ein fehlender Mindestlohn führt dazu, dass Arbeitnehmer gezwungen sind für einen Lohn zu arbeiten von dem sie ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten können. Da es die Menschenwürde gebietet, dass Bürgern zumindest das staatlich anerkannte Existenzminimum zur Verfügung steht, sind also Transferleistungen zur Aufstockung des zu geringen Lohns notwendig. Diese Transferleistungen werden aus Steuern oder Sozialversicherungen bezahlt und stellen somit eine indirekte Subventionierung des Arbeitgebers dar. Erlauben Sie mir ein kleines Rechenbeispiel zur Verdeutlichung anzuführen:

Angenommen ein kinderloser Single ohne sonstige unterhaltspflichtige Personen verdient einen Stundenlohn von 4,50 Euro (das kommt in einigen Branchen durchaus vor). Bei 40 Stunden pro Woche macht das einen Monatslohn von 720 Euro. Steuern wird der Arbeitnehmer keine zahlen müssen, aber Sozialabgaben in Höhe von 147 Euro. Es bleiben also 572 Euro zum Leben. Das sozialhilferechtliche Existenzminimum (ALG II-Regelsatz plus Unterkunftkosten plus Heizkosten) liegt bei 595 Euro. Selbst ein Vollzeitjob reicht also noch nicht einmal um ALG-II-Niveau zu erreichen. Der Arbeitnehmer wird also aufstockendes ALG II oder Wohngeld beantragen müssen.

Ein Mindestlohn in Höhe von 7 Euro dagegen würde einen monatlichen Bruttolohn i.H.v. 1120 Euro ergeben, Netto blieben nach Abzug von Steuern und Sozialversicherung 860 Euro. Außerdem würde damit auch dem Lohnabstandsgebot Genüge getan.

Uneingeschränkter Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt ist nicht möglich, da Menschen ein Minimum an Einkommen benötigen. Wenn der Markt dieses aufgrund zu vieler Arbeitssuchender nicht bietet, muss der Staat wie bereits erläutert mit indirekten Subventionen "aushelfen". Außerdem sollte die Sozialgesetzgebung nicht nur die bloße Existenzsicherung der Menschen zum Ziel haben sondern soziale Teilhabe ermöglichen. Das ist mit dem ALG II Regelsatz nicht möglich.

Ich hoffe Ihre Frage ist damit zufriedenstellend beantwortet.

Mit freundlichen Grüßen

Emanuel Kotzian