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Frage von Frank H. •

Frage an Elmar Brok von Frank H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Brok,
das Freihandelsabkommen TTIP wird höchstwahrscheinlich die demokratische Grundordnung aushebeln. Was gedenken Sie zu tun, um unsere europäische Demokratie und die Menschenrechte zu wahren?

Mit freundlichem Gruß
F. H.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr H.,

am 8. Juli hat das Europäische Parlament mit der Verabschiedung der Empfehlungen an die EU-Kommission ("Lange-Bericht") eine klare Botschaft pro TTIP ausgesendet. Dabei spielte für die EVP die Unantastbarkeit der kommunalen Handlungsfähigkeit und –kompetenz eine zentrale Rolle. Die EVP-Fraktion hat sich auch stark dafür eingesetzt, dass die kommunale Daseinsvorsorge unangetastet bleibt. Im Einzelnen bedeutet dies, dass die französische Filmförderung und die Förderung des deutschen Stadttheaters, die Sicherung von Wasserversorgung und viele weitere Leistungen der Daseinsvorsorge nicht verhandelt werden und durch TTIP nicht in Gefahr geraten.

Das uneingeschränkte Recht auf Regulierung aller Bereiche des öffentlichen Interesses ist garantiert. Die Europäische Kommission hat dafür ein klares Verhandlungsmandat, dass die hohen Europäischen Umwelt- und Sozialstandards wie die kommunale Daseinsvorsorge durch das Abkommen nicht abgeschwächt werden.

Ich bin dafür, dass ein mittelständisches Unternehmen, welches aufgrund amerikanischer Gesetzgebung gegenüber amerikanischen Unternehmen diskriminiert wird, unseren Schutz bekommt und nicht einem amerikanischem Rechtsverfahren unterworfen wird, das es nicht bezahlen kann. Und deswegen ist die Frage der Nichtdiskriminierung und spezieller Investitionsschutzregeln von entscheidender Bedeutung. Investitionsschutzklauseln sind Instrumente, die die Durchsetzung einer Übereinkunft – im Bereich des Freihandels sind diese grob gesagt Verbote von Diskriminierung, ungleicher Behandlung und kompensationsloser Enteignung sowie die Freiheit des Kapitaltransfers – garantieren. Deshalb können Klagen vor Schiedsgerichten auch nur erfolgreich sein, wenn staatliche oder juristische Entscheidungen klar eines der oben genannten Prinzipien verletzten. Deswegen besteht für Klagen aufgrund „unliebsamer“ Maßnahmen keine Grundlage – geschmälerte Gewinnprognosen stellen keinen Klagegrund dar.

Der neue Kompromissvorschlag zum Investitionsschiedsverfahren, den das Parlament am 8. Juli beschlossen hat, fordert ein neues System zur Rechtsprechung, das die in Handelsabkommen bisher üblichen Bestimmungen über "Investor-Staat-Schiedsverfahren" (ISDS), die auf private Schiedsgerichte setzen, ersetzen soll. Es ist sichergestellt, dass das neue System demokratischen Grundprinzipien entspricht, in deren Rahmen etwaige Streitsachen in öffentlichen Verfahren transparent von öffentlich bestellten, unabhängigen Berufsrichtern verhandelt werden, eine Berufungsinstanz vorgesehen ist, die Kohärenz richterlicher Urteile sichergestellt wird, die Rechtsprechung der Gerichte der EU und der Mitgliedstaaten geachtet wird und die Ziele des Gemeinwohls nicht durch private Interessen untergraben werden können. Das Europäische Parlament lässt sich in seinen parlamentarischen Rechten nicht einschränken! Genau dies war auch die Voraussetzung für die Zustimmung des Parlaments zum am 8. Juli abgestimmten Bericht.

Das TTIP-Abkommen ist sowohl für die EU und die USA als auch seine Mitgliedsstaaten von großem Vorteil, das gilt besonders für die Exportnation Deutschland. TTIP schafft neue Möglichkeiten für unsere Unternehmen, besonders für klein- und mittelständische Unternehmen, sorgt für Wettbewerb und führt zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und zur Reduzierung der Kosten für unsere Verbraucher. Die europäische Wirtschaft könnte so um 119 Milliarden Euro pro Jahr angekurbelt werden, was einem jährlichen Zusatzeinkommen von etwa 500 Euro pro Haushalt in Deutschland entspricht. Die Schätzungen über zusätzliche Arbeitsplätze in der EU reichen von 400 000 bis 1,3 Millionen. Das Abkommen kann also als eine Art Konjunkturpaket gesehen werden, ohne dass dafür Steuergelder aufgebracht werden müssten. In einer globalisierten Welt ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Europäische Union auch weiterhin ihre hohen Sozial-, Verbraucherschutz- und Umweltstandards sichern kann - TTIP kann hier im internationalen Handel Maßstäbe setzen.

Das Europäische Parlament und der US-Kongress werden keinen Vertrag ratifizieren, in dem das Parlament seine Rechte zur Festsetzung von heutigen und zukünftigen Standards abgeben wird. TTIP und CETA untergraben nicht die Handlungsfähigkeit der Gesetzgeber. Der Vertrag wird kommen, wenn er den Bedingungen eines demokratisch gewählten Parlaments entspricht.

Anbei finden Sie den Link zur Resolution des Europäischen Parlaments und ein Interview zu diesem Thema:

http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2015-0252+0+DOC+XML+V0//EN

Mit freundlichen Grüßen

Elmar Brok