Frage an Elmar Brok von Wolfgang R. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Brok,
am 9. Juli 2015 wird das EU-Parlament über das Urheberrecht unter dem Thema "Panoramafreiheit" Beschluss fassen.
Ist es Ihnen und den Abgeordneten bekannt, dass dadurch die Fotofreiheit in Europa für Millionen Fotografen (sowohl Profi als auch Hobbyfotografen) eingeschränkt wird, da keiner mehr ein "Urlaubsfoto vor einem bekannten Gebäude" in sozialen Mediennetzwerke einstellen kann? Dies kann es doch nicht sein.
Ist Ihnen und den EU-Abgeordneten klar, dass wenn der Text verabschiedet wird, eine Massenabmahnaktion durch Anwälte folgen werden?
Mit freundlichen Grüßen
W. R.
Sehr geehrter Herr R.,
vielen Dank für Ihre Email zum Thema Panoramafreiheit. Gerne möchte ich Ihnen Ihre Sorge, die Sie darin zum Ausdruck gebracht haben, nehmen. Zunächst einmal kann ich Sie beruhigen, dass mit der Plenarabstimmung am 9. Juli keine Europäische Urheberrechtsreform beschlossen wird. Es handelt sich lediglich um einen nicht-legislativen Initiativbericht zur Implementierung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Mit diesem Bericht gibt das Europäische Parlament Empfehlungen an die Europäische Kommission, an welchen Stellen im Bereich des Urheberrechts in der Europäischen Union nachjustiert werden könnte, um Verwerfungen auf dem europäischen Binnenmarkt zu vermeiden. Die finale Ausformulierung eines Gesetzesentwurfs liegt in der Kompetenz der Kommission. Die Kommission will im nächsten Halbjahr einen Legislativvorschlag zum Urheberrecht erarbeiten, der dann von Parlament und Rat beraten wird.
Der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament ist es ein wichtiges Anliegen, die Rechte von Urhebern, Künstlern, Autoren und Verwertern zu stärken, insbesondere im digitalen Zeitalter. Darunter fällt auch die Empfehlung, Künstler von Werken im öffentlichen Raum vor der kommerziellen Nutzung ihrer Werke ohne vorherige Einwilligung zu schützen. Im Bereich der Panoramafreiheit gibt es derzeit aber massive Unterschiede in den einzelnen nationalen Gesetzgebungen. Die Beschränkung der in manchen Mitgliedsländern geltenden Panoramafreiheit auf den nicht-kommerziellen Gebrauch von Fotos, Videos und Bildern von Werken, die sich dauerhaft im öffentlichen Raum befinden, soll daher einen europäischen Lösungsansatz für diese Unterschiede bieten. Diese gefundene Lösung geht aus deutscher Sicht zwar zu weit, ein von unserer Seite bevorzugter, weniger restriktiver Vorschlag ließ sich aber bislang bei den Mehrheitsverhältnissen im Rechtsausschuss nicht durchsetzen. Der nun abgestimmte Änderungsantrag verpflichtet Sie aber keineswegs, Rechteinhaber eines Werks im öffentlichen Raum um Erlaubnis zu bitten, wenn Sie das Bild nicht kommerziell nutzen wollen.
Darüber hinaus bleibt auch zu beachten, dass sowohl der Begriff "dauerhaft", als auch der Begriff "physische öffentliche Orte" in einem endgültigen Gesetzesvorschlag näher definiert werden müssten. Eine noch weitergehende Differenzierung der Regelungen zur Panoramafreiheit ist hier ganz klar wünschenswert. Eine bessere Definition konnte bislang jedoch nicht erreicht werden. Dies wird eine Aufgabe für die Zukunft sein, wenn ein rechtlich verbindlicher Gesetzesvorschlag von der Kommission veröffentlicht wird. Meine Kollegen der EVP-Fraktion und ich werden uns dafür einsetzen, hier eine ausbalanciertere Lösung zu finden.
Ich hoffe Ihnen Ihre Sorge nehmen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Elmar Brok