Frage an Elmar Brok von Theodor M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Brok,
ich bitte Sie im Folgenden um eine selbstkritische Antwort:
Welche Fehler haben die Abgeordneten des europäischen Parlaments gemacht, dass es regelmäßig zu einer so enttäuschenden Wahlbeteiligung kommt?
Mit freundlichen Grüßen,
Theodor Marx
Sehr geehrter Herr Marx,
vorab möchte ich mich für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an der EU und der Wahlbeteiligung bedanken.
Ihre Frage bezüglich der enttäuschenden Wahlbeteiligung der Europa Wahlen 2009 ist berechtigt. Selbst ich als langjähriges Mitglied des Europäischen Parlaments war enttäuscht vom Wahlkampf und der Resonanz in der Bevölkerung. Dieser Wahlkampf war nicht nur wegen der Wahlbeteilung enttäuschend. Es fehlte an Personalisierung und somit an Wegen die Bürger direkt anzusprechen.
Die zentrale Frage bei der Beurteilung der Wahlen ist, ob diese europäisch waren, oder ob es sich hierbei nicht doch eher um eine Addition siebenundzwanzig nationaler Wahlen gehandelt hat. Dementsprechend werden bei den Beurteilungskriterien europäische und nationale Problematiken miteinander vermischt. Es ist auch aufschlussreich festzustellen, dass in vielen der neuen Mitgliedstaaten die absolute Mehrheit der Befragten an den Europawahlen kein Interesse gezeigt hat.
Viele dieser Mängel wurden bei der Entstehung des Vertrags von Lissabon, der am 1.Dezember 2009 in Kraft getreten ist berücksichtigt. Der Vertrag von Lissabon macht die EU insgesamt effizienter, kohärenter und transparenter. Die wahre Gewinnerin des Vertrags von Lissabon ist die parlamentarische Demokratie. Das demokratische Defizit der EU wird durch den Vertrag von Lissabon fast vollständig beseitigt werden. Als Mitgesetzgeber und Haushaltorgan wird das Europäische Parlament endlich auf gleicher Augenhöhe mit dem Rat stehen. Dies ist die demokratische Legitimierung und Anerkennung eines Europas, das in vielen Bereichen gemeinsam Entscheidungen treffen muss, um in einer Welt, in der eine Reihe neuer politischer und wirtschaftlicher Machzentren erwachsen sind, weiterhin für die Völker und Bürger Europas Interessen durchsetzen zu können.
Durch das Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags wird somit vieles besser. Ich hoffe, dass es dadurch in Zukunft mehr Personalisierung und damit mehr Möglichkeiten der Identifizierung zwischen Bürger und EU geben wird. Somit wird das Verhältnis zwischen Bürger und der EU direkter - ein wichtiger Schritt für den Prozess der Demokratisierung der EU und den Institutionen, folglich auch für die Bevölkerung! Der Lissabonner Vertrag symbolisiert einen Meilenstein der Europäischen Integration. Wir müssen diese Chance nutzen!
Da das Europäische Parlament die einzige demokratisch gewählte Institution der EU ist, sollte es dessen Aufgabe sein, die Bevölkerung an dem Prozess der gemeinschaftlichen europäischen Entwicklung teilhaben zu lassen. Daher ist es während dieser Legislaturperiode wichtig, dass vor allem wir, die demokratisch gewählten europäischen Abgeordneten, unser Bestes dafür geben.
Ich hoffe damit, Ihre Frage beantwortet zu haben.
Ihr
Elmar Brok