Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Werner L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Winkelmeier-Becker,
in Ihrer Antwort an Herrn Flücken schreiben Sie, Zitat: "Zunächst ist mir wichtig klarzustellen: Es handelt sich hierbei um jene Daten, die bereits jetzt für Abrechnungszwecke bei den Telekommunikationsunternehmen (z.B. bei der Telekom) gespeichert sind."
Dies ist so nicht korrekt. Mit Urteil III ZR 40/06 vom Oktober 2006 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Internetprovider bei volumenunabhängigen Flatrate-Tarifen keine rechtliche Grundlage zur Speicherung sämtlicher Verbindungsdaten, also auch der IP, haben.
Stellen Sie wissentlich diesen Sachverhalt falsch respektive unzureichend klar? Falls ja, aus welchem Grund? Erstaunlicher Weise findet sich diese irreführende Argumentation in vielen Antworten der Abgeordneten zur VDS.
Sie schreiben weiter: "Es geht hier um eine unverzichtbare Maßnahme zur Verbrechensbekämpfung und damit letztendlich auch um Ihren eigenen Schutz." Ohne den überstrapazierten Terrorismus anzuführen, um welche Verbrechen geht es hier Ihrer Meinung nach?
Nach meiner Auffassung wird mit der VDS der zweite Korb der Urheberrechtsreform mit Zähnen versehen. Abmahnkanzleien dürften ob der gesetzlichen Speicherwut hoch zufrieden sein, denn bei Flatrate-Nutzern ist es gegenwärtig entsprechend vgn. Urteil legal nicht möglich die IP einer Person zuzuordnen, da die Daten nicht gespeichert werden dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Lojewski
Sehr geehrter Herr Lojewski,
vielen Dank für Ihre Zuschrift zum Thema Vorratsdatenspeicherung.
Es ist richtig, dass gegenwärtig bei den sogenannten Flatrate-Tarifen eine Speicherung von Verbindungsdaten zu Abrechnungszwecken nicht benötigt wird und nach bisher geltendem Recht diese Daten nicht gespeichert werden dürfen. In dem am 9. November 2007 verabschiedeten Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung ist deshalb eine gesetzliche Pflicht zur Speicherung von Verkehrsdaten bestimmt worden. Damit ist die rechtliche Grundlage zur Datenspeicherung geschaffen. Für die politische Abwägung von informationeller Selbstbestimmung gegenüber vereinfachter Strafverfolgung ist dies meines Erachtens nicht entscheidend, denn es liegt auf der Hand, dass für Flatrate-Kunden kein anderer Maßstab gelten kann, als für andere Nutzer.
Ich möchte noch einmal festhalten, dass es sich um reine Verkehrsdaten handelt, die, oder zugegeben besser: der Art, wie sie bereits jetzt schon zu Abrechnungszwecken gespeichert werden. Es geht nicht um Gesprächsinhalte. Die Speicherung erfolgt nicht in neuen staatlichen Dateien, sondern bei den Telekommunikationsunternehmen. Grundvoraussetzung für einen Zugriff auf solche Verkehrsdaten ist außerdem ein durch Tatsachen begründeter Verdacht auf eine schwere Straftat oder eine mittels Telekommunikation begangene Straftat (§§ 100 a 100 g und 100 h StPO, z.B. auch Raub, Erpressung, schwerer sexueller Missbrauch von Kindern, Verbreitung pornografischer Schriften, Geld- und Wertpapierfälschung). Die Anordnung einer solchen Maßnahme unterliegt grundsätzlich einem Richtervorbehalt. Die Verwendung dieser Daten beispielsweise zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche ist nicht zulässig.
Es handelt sich bei der Vorratsdatenspeicherung um die verpflichtende Umsetzung einer EU-Richtlinie. Die Bundesregierung hatte bei den Verhandlungen in Brüssel eine Abschwächung ursprünglich weiter gehender Vorstellungen zur Vorratsdatenspeicherung erwirken können.
Letztendlich haben wir für Deutschland eine Umsetzung der Mindestvorgaben der EU-Richtlinie hinsichtlich Speicherungsdauer und erfasster Daten beschlossen.
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker