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Elisabeth Winkelmeier-Becker
CDU
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Frage von Jens B. •

Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Jens B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Winkelmeier-Becker,

In ihrem Koalitionsvertrag steht:

„Wir werden eine Expertenkommission einsetzen, die Vorschläge erarbeiten soll, ob
und in welcher Form unsere bewährte parlamentarisch-repräsentative Demokratie
durch weitere Elemente der Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie ergänzt werden kann. Zudem sollen Vorschläge zur Stärkung demokratischer Prozesse erarbeitet werden.“

Ich würde gerne von Ihnen wissen:

1.) Wird das Thema aktuell behandelt?
2.) Sprechen Sie sich für oder gegen mehr direkte Demokratie aus und wie begründen Sie ihre Position?

Mit freundlichen Grüßen
J. B.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Zu Frage Nr. 1:Die Bundesregierung hat dazu kürzlich auf eine Kleine Anfrage (BT.-Drucksache 19/3843) geantwortet. Demnach ist mit den für die Einsetzung der Expertenkommission organisatorischen und inhaltlichen Vorarbeiten bereits begonnen worden. Ein genauer Zeitplan besteht aber noch nicht.
Zu Frage Nr. 2: Ich bin offen für gute Vorschläge, die die Expertenkommission erarbeiten soll. Allerdings sehe ich die Erfahrungen, die bisher vor allem auf kommunaler Ebene gemacht worden sind, überwiegend kritisch und die Hoffnungen, die damit zuweilen verbunden sind, für überzogen: Manche recht komplexen Themen mit großer Tragweite brauchen sehr viele Detailkenntnisse und würden sich nach meiner Einschätzung nicht für Volksentscheide eignen, auch deshalb, weil zwar nicht die Fähigkeit (!) aber die Bereitschaft vieler Bürger zur detaillierten Befassung nicht immer vorausgesetzt werden kann. Hier heißt es dann oft: „Das ist eure Aufgabe, dafür habe ich euch doch gewählt; ich will nicht meine Zeit dafür verwenden – und wenn ich unzufrieden bin wähle ich beim nächsten Mal anders.“ Gerade auf Bundesebene dürfte dies eine Hürde sein. Häufig spielt die Erwartung eine Rolle, dass eine Entscheidung der Bürger zu völlig anderen Ergebnissen führen würde, als die Entscheidung der Politik. Das halte ich für einen Irrtum. Denn fast immer werden Fragen, die in der Politik kontrovers diskutiert werden, auch in der Bevölkerung unterschiedlich bewertet. Nur wenige Entscheidungen der Bundes- und Landesgesetzgebung werden sich außerdem auf ein eindeutiges Ja oder Nein reduzieren lassen. Kritisch sehe ich außerdem, dass sich Bürgerentscheide fast immer gegen eine neue Planung oder Innovation richten, fast nie aber einen eigenen konstruktiven Impuls setzen. Dabei entscheiden oft viele älteren Bürger, die keine Veränderung, keine Baustellen etc. wollen, gegen die Interessen der Jüngeren. Man weiß was man nicht will, Mehrheiten für Innovationen sind allerdings kaum noch zustande zu bringen. Politische (oft verhindernde) Entscheidung und allgemeine politische Verantwortung von Rat bzw. Parlament passen dann nicht mehr zusammen. Und verantwortliche Politiker, die mit ihren Vorstellungen gescheitert sind, entwickeln anschließend ebenfalls wenig Neigung, einen weiteren Versuch zu wagen.
Ich finde es schade, dass die bestehenden Mitwirkungsmöglichkeiten in Parteien, Organisationen oder Bürgerinitiativen bis hin zu eigener Kandidatur um ein Mandat nicht besser genutzt werden. Auch hier würde es sich lohnen zu überlegen, wie man konstruktive, durchaus konstruktive Beteiligung verbessern könnte. Unser System bietet den Mitbürgern bereits viele Möglichkeiten der Beteiligung an, sei es z.B. durch Mitarbeit in den politischen Parteien, Gremien, sozialen Vereinigungen usw. Interessengruppen und Einzelbürger haben z.B. die Möglichkeit, an ihren jeweiligen Bundestagsabgeordneten heranzutreten, auf bestimmte Anliegen oder Umstände aufmerksam zu machen und somit auf die Diskussion und die Gesetze Einfluss zu nehmen. Leider werden diese Möglichkeiten meines Erachtens zu wenig genutzt. Nicht zuletzt hat auch jeder Bürger selbst die Möglichkeit, sich zur Wahl zu stellen um sich um ein Mandat auf kommunaler, auf Landes- oder Bundesebene zu bewerben.
Ich bin aber für eine konstruktive und ergebnisoffene Diskussion über Themen wie Volksabstimmung und wie die Bürger durch mehr direkte Demokratie an Entscheidungsprozessen beteiligt werden können. Dazu erwarten wir zunächst die Vorschläge der Expertenkommission.
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker

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