Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Christian A. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Winkelmeier-Becker,
vielen Dank für Ihre Erläuterungen, ich muss leider noch einmal nachfragen:
* Der einsehbare Text ist wahrscheinlich komplexes, überaus umfangreiches Juristenenglisch. Übersetzungen gibt es nicht. Ihre Qualifikation als in Deutschland ausgebildete Richterin ist mir wohl bekannt, umfasst diese auch ein tiefgehendes Verständnis amerikanischer Rechtsprinzipien? Falls dem nicht so wäre (wofür ich absolutes Verständnis hätte): Nach welchen Kriterien wollten Sie den Text angemessen untersuchen?
* Die Lesezeit ist auf 2 Stunden begrenzt. Von befreundeten Anwälten hörte ich, dass das Studium der Akten selbst bei einfachsten Fällen länger dauert. Rechnen Sie damit, in dieser kurzen Zeit wichtige Elemente im Text gefunden zu haben?
* Kopien und Hilfsmittel sind verboten, handschriftliche Notizen sind nur ohne Wortlautcharakter erlaubt. Glauben Sie, dass es Ihnen möglich sein wird, genügend Details im Kopf zu behalten?
* Der Zutritt ist nur Ihnen erlaubt, und (nach meiner Kenntnis) nicht Ihren Mitarbeitern. Werden Sie persönlich Zeit finden, selbst die Texte in Augenschein zu nehmen?
* Und schließlich: Die WELT errechnet [1], dass Sie in den vergangenen 118 Abstimmungen niemals von der Fraktionslinie abgewichen sind. Die CDU befürwortet nach meiner Kenntnis TTIP. Wenn Sie aber aufgrund der oben erwähnten Schwierigkeiten zu dem Schluß kommen müssten, dass die vorliegenden Materialien Ihnen als ehemaliger Richterin niemals ausgereicht hätten, darf ich mich dann darauf verlassen, dass Sie bei dieser Abstimmung erstmalig nicht dem Fraktionswunsch folgen und widersprechen werden? Wäre das nicht der Fall, dann müsste ich in der Tat eine gewisse Blindheit unterstellen und ja, dann würde auch ich konsterniert sein.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Aust
Sehr geehrter Herr Aust,
Sorry, dass ich jetzt erst auf ihre erneute Frage zurückkomme. Ich sage Ihnen ja nichts Neues, wenn ich darauf hinweise, dass hier wenig Zeit für Brieffreundschaften ist. Mein Büro hat mich jetzt aber daran erinnert, dass Sie ja nochmal geschrieben haben..
Was genau wollen Sie nun kritisieren? Dass TTIP ziemlich umfangreich und kompliziert ist? Wir haben wohl keinen Anspruch darauf, dass die Welt immer einfach zu verstehen ist.. Dass das Abkommen zunächst von Beamten vorverhandelt wird? Das ist der normale Weg bei internationalen Verträgen (vergleiche etwa das Pariser Umweltabkommen). Dass die Zeit zur Einsichtnahme im Leseraum des BMWi recht kurz ist und nur punktuelle Prüfungen ermöglicht? Zunächst: Wem ist das vorzuwerfen? Außerdem: Mich interessieren v. a. die Struktur des Textes und ausgewählte, rechtlich relevante Punkte, nicht alle technischen Details. Ohnehin habe ich die meisten Informationen aus anderen Quellen (öffentlichen Quellen, Gesprächen mit Fachleuten). Dass mein Schulenglisch ggf. nicht reicht? Meine Qualifikation ist auch im Vergleich zu meinen Kollegen im Bundestag sicher nicht unterdurchschnittlich. Auslandssemester in den USA habe ich allerdings nicht zu bieten. Sollte sowas ihrer Meinung nach Voraussetzung für Parlamentarier sein? Ziemlich elitäre Vorstellung! Spätestens zur Beratung wird die deutsche Übersetzung des konsolidierten Textes vorliegen. Dass ich mich zu früh festgelegt hätte? Ich habe mich nicht festgelegt. Dass ich mich nicht ausschließlich um dieses Thema kümmere? TTIP kommt frühestens 2017 zur Beratung und ggf. Ratifizierung ins Parlament. Aktuell stehen hier andere wichtige Fragen an, für die ich zuständig bin: z. B. Sexualstrafrecht, Urheberrecht, Insolvenzrecht, Korruptionsstrafbarkeit, Verbraucherschutz, nicht zuletzt Flüchtlingspolitik in verschiedenen Aspekten u.v.m. Soll ich das wegen TTIP liegen lassen?? Mich wundert, dass Sie mit Ihrer Meinungsbildung anscheinend schon fertig sind - ohne auch nur eine Minute in die Originaltexte geschaut zu haben...
Freundliche Grüße
Elisabeth Winkelmeier-Becker