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Elisabeth Winkelmeier-Becker
CDU
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Frage von Carsten S. •

Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Carsten S. bezüglich Familie

Guten Elisabeth Winkelmeier-Becker,

der Presse entnehme ich, dass Sie ebenfalls zu den Befürwortern des Splittings für eingetragene Lebenspartnerschaften gehören.
Ehrlich gesagt will mir dieses steuerliche Konstrukt an für sich nicht so ganz in den Sinn und ich nehme diese Initiative zur Erweiterung des Kreises der "Berechtigten" mal zum Anlass, dass Sie mir erklären warum eine Vielzahl von Familien in Deutschalnd, nämlich die die ohne Trauschein leben und (gemeinsame) Kinder erziehen, von dieser Möglichkeit hartnäckig ausgeschlossen werden.
Ich selbst habe zwei Kinder die ich zusammen ihrer Mutter, meiner Partnerin, großziehe.
Wollen Sie mir allen Ernstes erzählen, dass wir keine Familie sind welche diese steuerliche Vorteile des Staates in Anspruch nehmen darf, bzw. sollte man die Ausweitung des Splittings nicht besser zum Anlass nehmen diesen Unfug endlich zu beenden.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schulz,

lange nichts von Ihnen gehört. Dass Sie keine Familie wären will ich Ihnen weder im Spaß noch im Ernst erzählen. Wie kommen Sie darauf? Familie fängt nicht beim Ehegattensplitting an. Aber werfen Sie doch nicht alles in einen Topf. Splitting ist die –m.E. richtige und sachgerechte – steuerliche Behandlung von Eheleuten. Bei einem Ehepaar, das sich diesen verbindlichen Rahmen gegeben hat, geht der Gesetzgeber davon aus, dass das Einkommen gemeinsam erwirtschaftet wird, unabhängig davon, welcher Ehepartner welchen konkreten Anteil erbringt, ob in „traditioneller“ Aufgabenteilung oder mit gleichen Erwerbsanteilen. Daran knüpfen sich Pflichten, das Einkommen tatsächlich in dieser Weise auszugleichen: im Unterhaltsrecht, im Zugewinn- und Versorgungsausgleich steht immer der Gedankte im Mittelpunkt, dass das gemeinsame Einkommen/die erworbenen Altersvorsorgeansprüche von beiden in gleichem Maße erwirtschaftet worden sind und deshalb auch beiden gleichermaßen zustehen. Die Eheleute übernehmen in diesem Sinne Verantwortung füreinander und müssen füreinander einstehen. Wenn es um die Frage der steuerlichen Leistungsfähigkeit geht, können sich die Eheleute dementsprechend auch so behandeln lassen, als hätten sie jeweils die Hälfte des gemeinsamen Gesamteinkommens verdient. Gegenüber der Einzelveranlagung bietet das deshalb einen Vorteil, weil wir einen progressiven Steuertarif haben, nach dem ein Einkommen von z.B. 60.000 € höher versteuert wird, als zwei Einkommen von jeweils 30.000 €. Nichts anderes bewirkt das Ehegattensplitting. Es ist damit die steuerliche „Kehrseite“ der Medaille, die die finanziellen gegenseitigen Einstandspflichten in dem verbindlichen Rahmen der Ehe beschreiben. Ich halte es für richtig, dass ein Steuerpflichtiger bei der Frage, wieviel Steuern er zu zahlen hat, diese Pflicht zur faktischen Teilung seines Einkommens geltend machen kann. Es ist sachgerecht, dass er nicht so viele Steuern zahlt, wie jemand, dem sein Einkommen alleine zur Verfügung steht, und zwar meiner Meinung nach auch dann, wenn aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen sind. Genau dies bewirkt das Ehegattensplitting. Eingetragene Lebenspartner sind nun in gleicher Weise verpflichtet, diese wechselseitigen Unterhalts- und Ausgleichspflichten zu tragen, wie Eheleute. Nach meiner Auffassung gehören dann auch die steuerlichen Regeln dazu, mit denen man die dementsprechend verminderte Leistungsfähigkeit beim Finanzamt geltend machen kann; deshalb finde ich die Gewährung eines Splittingvorteils auch für eingetragene Lebenspartnerschaften nur konsequent und die Verweigerung dieses naheliegenden Steuervorteils unlogisch und diskriminierend.
Wenn nun also die gesetzlichen gegenseitigen Einstandspflichten der maßgebliche Grund für die Gewährung des Splittingvorteils sind, ergibt sich zugleich, warum nicht verheiratete bzw. nicht verpartnerte Paare diesen Vorteil grundsätzlich nicht haben: wenn bzw. soweit es keine verbindlichen Unterhaltspflichten gibt, braucht es auch nicht die steuerliche „Kehrseite“ in Form des Splittings. Alles andere wäre Rosinenpicken und jedem steht es frei, sich und seiner Beziehung den verbindlicheren Rahmen mit Pflichten und Rechten, oder den unverbindlicheren Rahmen mit mehr Freiheit zu wählen. Auch Sie haben diese Wahl, unsere Rechtsordnung stellt Ihnen das Ehegattensplitting ganz einfach zur Verfügung, sie brauchen nur eine Ehe eingehen. Sie müssen aber nicht, nur dann bitte nicht beschweren..
Auch in einer nicht-ehelichen Gemeinschaft können Unterhaltspflichten, die wegen gemeinsamer Kinder gegenüber dem anderen Elternteil bestehen, gegebenenfalls im Rahmen von § 31a Abs. 1 EStG mit bis zu 8004 € abgesetzt werden. Für die Kinder gibt es Freibeträge bzw. Kindergeld unabhängig von einer Ehe der Eltern. Die recht schematische Aufteilung dieser Beträge bei getrennt lebenden bzw. nicht verheirateten Eltern ist m.E. noch nicht optimal und könnte verbessert werden, um Unterhaltspflichten und steuerliche Vorteile noch besser aufeinander abzustimmen.
Noch eins zum Schluss: mich wundert ehrlich gesagt, dass Sie sich anscheinend von einem Splittingtarif für sich einen Vorteil versprechen würden. Das Splitting hat bekanntlich nur den Effekt, dass ungleiche Einkommen wie zwei gleiche Einkommen in Höhe von jeweils der Hälfte des Gesamteinkommens versteuert werden. Dieser Effekt spielt nur dann eine relevante Rolle, wenn die Einkommen stark unterschiedlich sind, also mehr oder weniger im „traditionellen“ Familienmodell. Denn bei annähernd gleichen Einkommen – etwa bei Paaren, die sich Erwerbs- und Familienarbeit jeweils teilen - fällt auch ohne Splitting nur der niedrigere Steuersatz an. Wollen Sie mir erzählen, dass Sie der Hauptverdiener sind, und Ihre Lebensgefährtin und Mutter Ihrer Kinder sich ganz klassisch um den Haushalt kümmert (allerdings ohne Absicherung durch Zugewinn- und Versorgungsansprüche!)?

Beste Grüße

Elisabeth Winkelmeier-Becker

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