Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Lydia S. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Winkelmeier- Becker,
gern würde ich wissen, ob
a) eine gesetzliche Regelung in Aussicht ist
b) wie Sie selbst denken,
bzgl der sog. "Drittgeheimniskontroverse" bzw. über die Tatsache, daß offenbar nicht mehr klar ist, ob sich z.B. ein Dipl.- Psychologe oder auch ein Soz.- Päd. noch strafbar macht, wenn er mit Einverständnis allein des "Anvertrauenden" das Geheimnis eines Dritten weitergibt, also z.B. in einem Gutachten verkauft oder z.B. in einem Jugendamtsbericht unterbringt, was Familienmitglieder jeweils übereinander - angeblich - gegenüber dem Gutachter an Privatgeheimnissen/ Gerüchten äußerten?
Im Bundestag ist z.B. das Duo Neskovic/Zypries (vgl. 1) offenbar der Auffassung des Juristen SCHÜNEMANN (neue Ausgabe des "Leipziger Kommentars" zum Strafgesetzbuch, § 203, Rz 99), wonach der Anvertrauende auch der allein Verfügungsberechtigte über des Dritten Geheimnis sei (Prinzip: informationelle Fremdbestimmung), wohingegen z.B MdB Geis die tradierte (und z.B. im "Münchner Großkommentar" noch zu findende) Sichtweise vertritt, nach der grundsätzlich ALLE Geheimnisse von den unter § 203 StGB genannten Berufsgruppenvertretern zu wahren sind und der Inhaber des Geheimnisses die Verfügungsberechtigung behält (Prinzip: informationelle Selbstbestimmung, 2).
I) Würde nicht in Sorgerechtsverfahren der Streit vorhersehbar angefacht, wenn die ohnehin zerstrittenen Familienmitglieder in Berichten / Gutachten jeweils mit Äußerungen zitiert werden dürfen, welche die Privat-/ Intimsphäre des Verfahrens- Gegners betreffen, der in die somit erfolgende Offenbarung seiner Geheimnisse (bzw. Bekanntgabe von Gerüchten hierüber) nicht eingewilligt und auch kein natürl. Interesse an solcher Offenbarung hat?
II) Entspräche das den Wertentscheidungen der sog. Verfassung?
Freundl Grüße,
L Sommer
1) http://www.abgeordnetenwatch.de/wolfgang_ne_kovi-575-37837--f239154.html#q239154
2) http://www.abgeordnetenwatch.de/norbert_geis-575-37585--f239281.html#q239281
Sehr geehrte Frau Sommer,
Ihre Frage lehnt sich an eine Zuschrift an, die ich bereits im September 2009 beantwortet habe.
Jugendämter gehen, so ist es meine Erfahrung aus der Praxis als Familienrichterin, sorgfältig und vertrauensvoll mit Informationen, die Ihnen aus dem privaten Umfeld von Personen übermittelt werden, um. Sie sind ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtetet. Die spätere Verwertung dieser Informationen ist ins Ermessen des Gerichts gestellt und damit aus meiner Sicht hinreichend gesetzlich geregelt. Wenn es nun, wie von Ihnen zitiert, in Praxis und Lehre unterschiedliche Auslegungen hinsichtlich der Strafnorm des § 203 StGB gibt, so ist es Sache der Judikative, tatsächlich bestehende Unklarheiten auszuräumen. Dem entspricht auch die in meiner
Antwort vom 10.09.2009 zitierte Stellungnahme des Bundesjustizministeriums.
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker