Frage an Ekin Deligöz von Domink S. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Deligöz,
in einer ihrer Antworten beziehen Sie sich auf die von der ehemaligen Rot-Grünen-Bundesregierung in Auftrag gegebenen und von einem für seine Einseitgkeit bekanntem "Zentrum für Frauenforschung" durchgeführten Studie : "Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland"
Nun in dieser Studie wurden Frauen im Alter von 16-85 Jahren befragt ob sie in ihrem Leben bereits einmal Gewalt erfahren haben.
Frau Deligöz Sie werden sicher die einfach Rechnung nachvollziehen können: Die Befragung der Frauen erfolgt 2003. Frauen damals im Alter von 85 Jahren, waren zum Kriegsende 27 Jahre alt.
Frau Deligöz, wieviel Prozent der Frauen mit Gewalterfahrung haben diese in Zusammenhang mit den Kriegsgeschehen 1939-1945 oder im Zusammenhang mit der Gewalt der Nazi-Diktatur erlebt ?
Frau Frau Deligöz halten Sie es für seriös in einer Studie welche offensichtlich über die aktuelle Situation von Frauen Meinung machen will, kriegbedingte Gewalterfahunrgen miteinfließen zulassen ? Und damit zu suggerieren heute im Jahr 2007 wären Frauen massiv von (männlicher) Gewalt bedroht, und dies mit Gewalterfahrung aus dem Dritten Reich begründet wird oder beispielsweise mit den Massenvergewaltigungen durch die RoteArmee nach Kriegsende ??
Frau Deligöz, in der o.g. Studie wird Gewalt u.a. auch definiert durch: "mich wütend weggeschubst" Halten Sie es für seriös derartige "Gewaltdefinitionen" zusammen in einen Topf zu werfen mit Gewaltbegriffen wie "mich verprügelt oder zusammengeschlagen" ?
Frau Deligöz, wieviel Prozent der Frauen mit "Gewalt"-erfahurng haben "ich würde wütend weggeschubst" angegeben ?
Frau Deligöz, auch ich wurde vor einigen Monaten von meiner Partnerin im Streit weggeschubst. Dank Ihrer Hilfe bin ich mir jetzt, nach langem Verdrängen meiner Opfersituation bewußt geworden. Sicher können Sie mir raten, an wen ich mich als Mann wenden kann, wenn ich dass nächste mal von meiner Partnerin wütend geschubst werde. Können Sie mir ein Männerhaus empfehlen ?
Sehr geehrter Herr Domink Strass,
vielen Dank für Ihre Mail zum Thema Gewalt, die mir die Gelegenheit gibt, einige Ihrer Behauptungen richtig zu stellen. Sie stellen die wissenschaftliche Qualifikation des Interdisziplinären Zentrums für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Bielefeld und von infas - Institut für angewandte Sozialwissenschaften - GmbH, Bonn in Frage, welche die Studie "Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland" in Kooperation durchgeführt haben. Dies kann ich nicht nachvollziehen. Beide Institute genießen sowohl national wie auch international hohes Ansehen.
Ebenso kritisieren Sie die Methodik der Studie. Auch dies kann ich nicht nachvollziehen. So kritisieren Sie, dass das Alter der Befragten von 16 bis 85 geht. Vielleicht haben Sie nur den Ankündigungstext im Internet gelesen, der den Inhalt und die Anlage der Studie gezwungenermaßen sehr verengt wieder gibt. Wenn Sie die - zugegebenermaßen sehr umfangreiche - Studie selbst lesen würden, oder auch nur ihre Kurzfassung - könnten Sie erkennen, dass natürlich differenziert wird, ob es um Gewalt durch (Ex-)Partner oder Unbekannte geht.
Bei Paarbeziehungen geht es meiner Einschätzung nach weder um die von Ihnen angeführten "Massenvergewaltigungen durch die RoteArmee nach Kriegsende" noch um "Gewalterfahrung aus dem Dritten Reich". Im Gegenteil, ältere Frauen geben deutlich weniger Gewalterfahrungen an. Würden die Altersbegrenzung anstelle von 85 bei 59 Jahren liegen, stiege die Gewaltprävalenz deutlich an. Sollten Sie weitere Fragen oder fundierte Kritik an der methodischen Anlage der Studie haben, würde ich Ihnen vorschlagen, diese direkt an das Ministerium bzw. das Institut zu richten.
Im letzten Abschnitt Ihrer Mail klingt die Unterstellung an, in Frauenhäusern wären Frauen mehr oder weniger zum Spaß. Darauf fällt mir eine sachliche Antwort schwer. Ich finde es kaum erträglich, dass Sie sich zwischen den Zeilen über das körperliche und seelische Leid dieser Frauen und ihrer Kinder lustig machen. Dennoch möchte ich Ihre Frage "Männerhaus" ernst nehmen, denn Gewalt ist immer ein ernstes Thema. Für von Gewalt durch ihre Partnerinnen betroffene Männer gibt es den Schutz durch den Platzverweis durch das Gewaltschutzgesetz. Eine analoge Struktur zu den Frauenhäusern scheint mir nicht sinnvoll, bisher wurde auch kein entsprechender Bedarf nachgewiesen.
Nur weil es Frauenhäuser gibt, muss es noch keine Männerhäuser geben, ein "was die haben, wollen wir auch", ist keine hinreichende Begründung. Die Projekte zur Männerberatung sind Ihnen wahrscheinlich bekannt, ich nenne nur die auch schon von vielen Kolleginnen und Kollegen angeführte männerberatung in Berlin ( http://www.maennerberatung.de ). Ich darf Sie auf die Publikationen und Forschungen des BMFSFJ zum Thema Gewalt hinweisen, diese finden Sie auf der Homepage des Ministeriums.
Leider wird Gewalt in Partnerschaften überwiegend von Männern gegenüber Frauen ausgeübt wird und eben nicht, wie in Ihrer Mail angedeutet, in gleichem Maße von Frauen wie von Männern. Mit ist die Verbesserung der Situation der von Gewalt betroffenen Frauen ein wichtiges politisches Anliegen. Ich bin stolz darauf, dass unter der rot-grünen Bundesregierung des Gewaltschutzgesetz verabschiedet wurde, das inzwischen weltweit als Vorbild genutzt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Ekin Deligöz