Frage an Ekin Deligöz von Kaija M. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Deligöz,
Seit Jahren schon ärgere ich mich ganz besonders über die Ökosteuer, die auf unsere Benzinpreise aufgeschlagen wird. Imgrunde wäre nichts gegen eine solche Steuer einzuwenden, ganz im Gegenteil, sie wäre zu begrüßen, wenn dadurch wirklich etwas für die Umwelt getan würde.
Dazu müßten die Einnahmen aus dieser "Ökosteuer" meiner Ansicht nach vollständig den öffentlichen Verkehrsmitteln zugute kommen. D.h. die öffentlichen Verkehrsmittel müßten derart unterstützt werden, dass sie ihre Preise niedriger gestalten könnten und z.B. auf dem Land in der Lage wären mehr Verkehrsmittel fahren zu lassen.
Dann wäre diese Steuer, die, so wie sie jetzt besteht, eigentlich "Abzocksteuer" heißen müßte, eine echte Ökosteuer, weil es dann wirklich möglich wäre, das Auto mal stehen zu lassen und auf die dann billigen und häufig fahrenden öffentlichen Verkehrsmitteln umzusteigen.
Mich würde interessieren, was ein Politiker/in zu diesem Thema sagt. Was meinen Sie dazu, dass die Bürger durch solch eine Steuer zusätzlich belastet und außerdem - ja - betrogen und angelogen werden?
Mit freundlichen Grüßen
Kaija Müller
Liebe Fr. Müller,
die Idee der Ökosteuer besteht darin, die Kosten des Faktors Arbeit zu entlasten (d.h. die Lohnnebenkosten senken) und im Gegenzug den „Verbrauch“ von Umwelt zu belasten. Denn noch immer wird in Deutschland in erster Linie der Faktor Arbeit mit Steuern und Abgaben belastet, Umweltbelastung und der Verbrauch von Ressourcen jedoch kaum. In diesem Jahr werden fast 16% der Einnahmen des Staates durch direkte Steuern auf den Faktor Arbeit erzielt, direkte Besteuerung des Umweltverbrauchs trägt gerade einmal knapp 6 % bei, Tendenz weiter sinkend. Betrachtet man darüber hinaus den Anteil aller umweltbezogenen Steuereinnahmen am gesamten Bruttoinlandsprodukt rangiert Deutschland im europäischen Vergleich mit einem Anteil von etwa 2,5 % Prozent an Umweltsteuern abgeschlagen am unteren Ende der Tabelle. Andere europäische Länder wie Dänemark oder die Niederlande sind da weiter. Dort machen die Staatseinnahmen aus Umweltsteuern bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt bis zu 6% aus.
Am 24.03.1999 gelang mit dem „Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform“ die Umsetzung eines der zentralen Reformprojekte Grüner Politik, der Einstieg in eine ökologische Finanzreform, die das Steuer- und Abgabensystem in Deutschland systematisch nach ökologischen Gesichtspunkten umbaut. Erst mit der ökologischen Finanzreform bekommt das knappe und wertvolle Gut Umwelt einen Preis und wird ansatzweise mit einem (umwelt)gerechten Preis versehen. Dadurch lohnt ein sorgsamerer Umgang mit der Ressource Umwelt auch finanziell. Mit den zusätzlichen Steuereinnahmen wurde bislang die Belastung des Faktors Arbeit gesenkt und somit ein wichtiger Baustein zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geliefert. Die Einführung der Ökosteuer hat bewirkt, dass das die Lohnnebenkosten (speziell die Rentenversicherungsbeiträge) heute um 1,7 Prozentpunkte niedriger liegen als ohne Ökosteuer. Diese Effekte sind aber für die Bürgerinnen und Bürger nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich.
Es ist völlig richtig den öffentlichen Nahverkehr zu stärken und auszubauen. Das ist eines unserer vorrangigen klimapolitischen Ziele. Dies wollen wir aber nicht direkt über die Ökosteuer finanzieren, sondern durch den Abbau klima- und umweltschädlicher Subventionen. Das Geld wäre da. Allein in Deutschland beläuft sich nach Erhebungen des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2010 die Summe der umwelt- und klimaschädlichen Subventionen auf über 48 Milliarden Euro jährlich. Solche klimaschädlichen Subventionen behindern den notwendigen Umbau des Verkehrssystems und der Energieversorgung, dämpfen den Anreiz zu einer effizienten Energienutzung und konterkarieren so jedes Klimaziel. Es ist absurd, wenn auf der einen Seite den erneuerbaren Energien der Vorwurf gemacht wird, sie seien zu teuer oder die Bürger würden mit der Ökosteuer „abgezockt“ aber im Gegenzug die Nutzung von Kohle, Öl, Gas und Uran mit Milliarden an öffentlichen Geldern (sprich Steuergeldern) gefördert wird.
Mit freundlichen Grüßen
Ekin Deligöz