Frage an Eike Hovermann von Gerhard B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Warum haben Sie dem Tornado-Einsatz in Afghanistan zugestimmt? Die Salami-Taktik seit der Entsendung von ´Militaerberatern´ der USA vor dem desastroesen Vietnam-Krieg ist bekannt. Jetzt liegt schon eine Anfrage der sogenannten Regierung in Kabul (wahrscheinlich provoziert durch unsere amerikanischen ´Freunde´) nach Einsatz von deutschen ´Beratern´ im Sueden Afghanistans vor. Die SPD wird wohl auch hier mitmachen! Wenn ich aber fuer deutsche Militaereinsaetze in der ganzen Welt bin (was macht eigentlich die Bundesmarine jetzt vor Somalia??) , waehle ich direkt die CDU. Die SPD verliert in der Grossen Koalition allmaehlich ihr eigenes Profil, und als Ergebnis auch die naechsten Wahlen!!
Sehr geehrter Herr Behrens,
vielen Dank für Ihr Schreiben, das Sie über das Portal „www.abgeordnetenwatch.de“ an mich gerichtet haben. Sie kritisieren darin die Zustimmung der SPD zum Einsatz von Aufklärungsflugzeugen der Bundeswehr in Afghanistan. Ich möchte Ihnen deshalb im Folgenden die Gründe darlegen, die mich persönlich dazu bewogen haben, der Entsendung der Tornados zuzustimmen.
Seit dem letzten Jahr hat sich die Anzahl der Selbstmordattentate in Afghanistan verfünffacht. Die gewaltbereite Opposition, regionale Warlords und die organisierte Kriminalität sind immer noch bestimmende Faktoren für die Sicherheitslage in Afghanistan. Die von diesen Akteuren ausgehende Gewaltbereitschaft gefährdet die Stabilität des Landes und die Unversehrtheit der Zivilbevölkerung. Der Wiederaufbau des Landes wird durch diese Gewaltausbrüche, die von einzelnen, in den meisten Fällen zur Durchsetzung eigener, nicht mehrheitsfähiger Interessen, initiiert werden, in hohem Maße erschwert. Auch internationalen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit ist aufgrund der fragilen Sicherheitslage nur ein sehr eingeschränktes Engagement zum Wohle der afghanischen Bevölkerung möglich.
Wir haben uns seinerzeit für eine deutsche Beteiligung am ISAF-Einsatz entschlossen, um einen friedlichen Neuanfang in Afghanistan durch die Stabilisierung der inneren Sicherheit des Landes zu ermöglichen. Die International Security Assistance Forces (ISAF) haben die Aufgabe den fragilen Frieden im Lande zu überwachen. Es gibt keine Überschneidung mit der Operation Enduring Freedom (OEF), innerhalb derer unter Führung der USA mit militärischen Mitteln gegen das Terroristennetzwerk al Qaida vorgegangen wird.
Auch die Entsendung der Aufklärungsflugzeuge vom Typ Tornado erfolgte im Zuge der ISAF-Mission. Durch die luftgestützte Aufklärung wird das Lagebild der ISAF deutlich verbessert. Die so gewonnenen Informationen dienen der Sicherheit der Schutztruppe, der eingesetzten zivilen Helferinnen und Helfer und nicht zuletzt der afghanischen Zivilbevölkerung. Um den Einsatz der deutschen Aufklärer nur für defensive Zwecke zu garantieren, bleibt es bei den klar getrennten Mandaten und Aufgaben zwischen ISAF und OEF. Für den Einsatz der Recce-Tornados gilt: Eine regelmäßige Weitergabe umfassender Aufklärungsergebnisse an Dritte ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Diese darf nur zur Unterstützung der ISAF-Operation oder zur Sicherheit der ISAF-Kräfte erfolgen.
Sehr geehrter Herr Behrens,
auch ich habe, auch vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, ein eher kritisches Verhältnis zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Dass hierzulande die Entsendung von Soldaten im Rahmen internationaler Friedenseinsätze weitaus kritischer gesehen wird als beispielsweise im europäischen Ausland, kann ich deshalb sehr gut nachvollziehen. Dennoch halte ich es für wichtig, die Entscheidung einer Entsendung in jedem Einzelfall genau abzuwägen. Auslandseinsätze der Bundeswehr kategorisch abzulehnen wird in meinen Augen der globalen Verantwortung der Bundesrepublik nicht gerecht. Ich bin der Überzeugung, dass es unseren sozialdemokratischen Prinzipien entspricht, Gesellschaften zur Seite zu stehen, die aus eigener Kraft keinen Ausweg mehr aus Gewalt und Armut finden.
Jeder Einsatz der Bundeswehr wird dabei genauestens geprüft. Dies zeigt auch die Entscheidung der Bundesregierung, die Anfrage der afghanischen Regierung zur Entsendung von deutschen Militärberatern in den Süden des Landes abzulehnen. Vor allem die SPD hat hier Bedenken angemeldet: Für uns hätte ein solcher Einsatz die Grenzen einer Friedensmission gesprengt und wäre deshalb mit unserer restriktiven Haltung in Bezug auf Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht vereinbar gewesen.
Innerhalb des internationalen Engagements der Bundesrepublik sind Friedensmissionen der Bundeswehr nur eine Facette eines umfassenden Ansatzes zur Förderung von Frieden, Wohlstand und Partizipation. Auch in Afghanistan bildet der friedenserhaltende Einsatz der Bundeswehr nur einen Pfeiler. Parallel dazu hat sich Deutschland bei der internationalen Gemeinschaft erfolgreich für größere Anstrengungen im Bereich wirtschaftlicher und politischer Entwicklung eingesetzt. In diesem Rahmen trägt die Bundesregierung bis 2010 weitere 400 Millionen Euro für den Wiederaufbau des Landes.
Mit freundlichen Grüssen
Eike Hovermann, MdB