Frage an Eike Hovermann von Axel S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
Sie sind Mitglied im Gesundheitssausschuss des Deutschen Bundestages. Deshalb erlaube ich mir, Sie zu fragen:
Als schwerstbehinderter mit Pflegestufe und Bezieher von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit bin ich gesondert gelackmeiert.
Zuerst wurde die Leistung bei Familienangehörigen abgesenkt. Durch Minderung der Zulage für Schwerbehinderte und durch Erhöhung des nunmehr pauschalierten Regelsatzes bekomme ich faktisch weniger ausgezahlt. Die Bundesregierung meint dazu, dies müsse hingenommen werden. Im Eckregelsatz sind in der Einzelposition 2,53 Euro für Eigenanteile/Rezeptgebühren enthalten. Tatsächlich müssen Grundsicherungsbezieher MEHR als 1 % bzw. MEHR als 2 % zuzahlen. Der Regelsatz beträgt für Angehörige 310.00 Euro. Zuzahlen müssen wir aber 42,00 bzw. 84 Euro im Jahr; das macht mindestens 3.50 Euro monatlich, obwohl der Regelsatz nur 2,53 Euro hergibt. Es geht aber noch weiter. Als pflegebedürftige Person haben wir noch einmal 2 % zuzuzahlen für Leistungen aus der Pflegeversicherung. Das macht nochmal 42,00 bzw. 84,00 Euro im Jahr. Hinzu kommen Zuzahlungen für Medikamente, für die es keinen Ersatz gibt, die aber bei bestimmten Erkrankungen notwendig sind. Hinzu kommen Medikamente, die nicht verschreibungspflichtig aber notwendig sind bei bestimmten Erkrankungen wie Elektrolyte usw. Für Nahrungsmittel stehen einem Familienangehörigen 114,60 Euro monatlich zur Verfügung. Können Sie davon leben? Wie kann ein Schwerstkranker davon leben, wenn die zusätzlichen Belastungen wie oben beschrieben abgezogen werden??? Wie stellen Sie sich dazu??? Sind Sie bereit, dies überprüfen zu lassen?
Mit Gruß Splitthoff
Sehr geehrter Herr Splitthoff,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 9. Dezember 2006, in der Sie die Zuzahlungsregelungen für Gesundheitsleistungen kritisieren. Die Zuzahlungen seien für Sie als "schwerbehinderter Bezieher von Grundsicherung im Alter und Erwerbsunfähigkeit" eine zu hohe Belastung. Zudem weisen Sie darauf hin, dass die Zuzahlungen in Ihrem persönlichen Fall die gesetzlich vorgeschriebene Belastungsgrenze überschritten.
Zunächst möchte ich zu den Zuzahlungsregelungen der gesetzlichen Krankenversicherung im Allgemeinen Stellung nehmen, um anschließend auf Ihren konkreten Fall einzugehen.
Seit dem 1. Januar 2004 gibt es keine generellen Zuzahlungsbefreiungen für Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung mehr. Denn die Versicherten sind für Ihre Gesundheit mitverantwortlich - so schreibt es das fünfte Sozialgesetzbuch vor. Aus diesem Grund beteiligen sich alle Versicherten, egal ob Arbeitnehmer, Rentner oder Bezieher von Sozialhilfe, durch Zuzahlungen an bestimmten Leistungen. Damit soll erreicht werden, dass die Versicherten ihre Leistungen kostenbewusst und verantwortungsvoll in Anspruch nehmen.
Allerdings hat der Gesetzgeber auch festgelegt, dass niemand durch die Zuzahlungen finanziell überfordert werden soll. Die Versicherten werden daher durch eine einkommensabhängige Belastungsgrenze vor finanzieller Überforderung durch Zuzahlungen geschützt. Kein Versicherter muss für Zuzahlungen im Kalenderjahr mehr als zwei Prozent seiner Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt aufwenden. Bei chronisch Kranken liegt die Belastungsgrenze bei einem Prozent der Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt.
Diese Belastungsgrenze wird auf Grundlage des Familieneinkommens ermittelt. Dies setzt sich aus den Bruttoeinnahmen des Versicherten und seiner mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen zusammen. Hierzu zählen vor allem das Erwerbseinkommen, Lohnersatzleistungen, Unterhaltsleistungen, Pensionen, Einnahmen aus Kapitalvermögen und Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Nicht berücksichtigt werden hingegen Leistungen, die durch einen besonderen, in der Person des Leistungsempfängers liegenden Tatbestand ausgelöst werden, z.B. Pflegebedürftigkeit und Pflegegeld, aber auch Kindergeld, Erziehungsgeld und Wohnungsgeld.
Die Belastungsgrenze ist insgesamt erreicht, wenn die Zuzahlungen, die die gemeinsam in einem Haushalt lebenden Personen im Kalenderjahr geleistet haben, zwei Prozent bzw. bei chronisch Kranken ein Prozent des Familieneinkommens betragen. Lebt in einer Familie mindestens ein chronisch Kranker, gilt übrigens die Belastungsgrenze von einem Prozent für die gesamte Familie.
Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz oder Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beziehen, werden gegenüber den anderen Versicherten in besonderem Maße dadurch geschützt, dass als Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft lediglich der Regelsatz des Haushaltsvorstands herangezogen wird. (Dies gilt natürlich nur, sofern dessen Einkommen aus der Grundsicherung nicht von einem anderen Mitglied des Haushalts übertroffen wird.)
Insgesamt halte ich die Zuzahlungsregelungen - auch wenn diese für jeden individuell einen gewissen Einschnitt bedeuten - durch die Belastungsobergrenzen und die Entlastung von chronisch Kranken sowie Beziehern von Sozialhilfe und bedarfsorientierter Grundsicherung für ausreichend sozial verträglich gestaltet.
Sehr geehrter Herr Splitthoff,
in Ihrem Schreiben verweisen Sie auf Ihren konkreten Fall als Bezieher von Grundsicherung und beklagen, dass Sie "mehr als 1 % bzw. mehr als 2 % zuzahlen müssen". Leider kann ich Ihren persönlichen Fall anhand der von Ihnen geschilderten Daten nicht beurteilen. Hierzu fehlen nötige Informationen, vor allem die Auflistung der Bruttoeinahmen aller in Ihrem Haushalt lebenden Personen. Selbstverständlich kann ich gut nachvollziehen, dass Sie diese persönlichen wie vertraulichen Informationen nicht gerne auf einer öffentlich zugänglichen Internetseite veröffentlichen wollen.
Als allgemeinen Rat kann ich Ihnen daher zunächst einmal geben, sich an Ihre Krankenversicherung zu wenden und darauf hinzuweisen, dass Ihre Zuzahlungsbelastung überschritten ist. Dazu müssen Sie einen Antrag stellen, in dem Sie ihrer Krankenkasse die Bruttoeinnahmen aller im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen und zum anderen die Quittungen über die bisher geleisteten Zuzahlungen offen legen.
Sollten Sie auf diesem Wege keine Lösung herbeiführen können, bin ich selbstverständlich gerne bereit, Ihren Fall gemeinsam mit Ihnen zu überprüfen. Sie können dafür gerne einen Termin in meinem Lippstädter Bürgerbüro vereinbaren.
Mit freundlichen Grüßen
Eike Hovermann