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Egon Jüttner
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Frage von Peter A. H. M. •

Frage an Egon Jüttner von Peter A. H. M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Jüttner

demnächst entscheiden Sie im Bundestag über das Sparpaket der Regierung. Ich halte die Sparbeschlüsse für sozial völlig unausgewogen, denn sie belasten einseitig Erwerbslose, Geringverdienende und Familien. Spitzenverdiener/innen und Vermögende werden verschont, obwohl sie vor der Wirtschaftskrise von riskanten Geschäften an den Finanzmärkten überproportional profitiert haben. Diese Politik steigert soziale Ungleichheit und untergräbt den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Als Abgeordnete/n aus meinem Wahlkreis frage ich Sie was Sie persönlich zu tun gedenken um genau die soziale Unausgewogenheit im Sparpaket zu verhindern, oder ob Sie persönlich das "Saprpaket" als Sozial ausgewogen wahrnehmen (In diesem Falle hätte ich gern ein Begründung warum Sie das so wahrnehmen)
Ich freue mich auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Peter A.H. Meier

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Meier,

vielen Dank für Ihre Frage zu dem Zukunftspaket der Bundesregierung. Schulden heute bedeuten Zins- und Tilgungslasten morgen. Daher sind stabile öffentliche Finanzen der Grundpfeiler einer nachhaltigen Generationengerechtigkeit. Damit wird der demographischen Entwicklung politisch Rechnung getragen.
Anfang Juni hat die Bundesregierung die Eckpunkte eines Zukunftspaketes mit einem Volumen von rund 80,2 Mrd. € für die Jahre 2011 bis 2014 verabschiedet. Die Maßnahmen betreffen weitgehend den Bereich der Ausgabenseite, sind also echte Einsparungen. Damit unterscheidet sich das Zukunftspaket fundamental von früheren Konsolidierungsbemühungen.

Mit diesem Zukunftspaket gelingt es, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse einzuhalten. Und gleichzeitig werden so wichtige Zukunftsbereiche wie Bildung und Forschung richtigerweise von den Konsolidierungsschritten ausgenommen. Damit leistet die Bundesregierung einen wesentlichen Beitrag für die Stabilität der deutschen Haushalts- und Finanzpolitik und schafft Vertrauen für die Bürger und Unternehmen. Und wir vermeiden ähnliche Verhältnisse wie wir sie im April 2010 in Griechenland leider erleben mussten. Mit dem Zukunftspaket, das der Bundesregierung auch international Anerkennung einbrachte, setzen wir für unsere europäischen Partner den Maßstab. So gelingt es uns insgesamt, die gerade für Deutschland wichtige gemeinsame Währung Euro weiterhin zu stabilisieren. Und mit einem nachhaltigen Konsolidieren sichern wir das Wachstumspotential der deutschen Wirtschaft und so unsere Arbeitsplätze.

Die Eckpunkte zum Zukunftspaket werden zurzeit regierungsintern abgestimmt und in einen Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes einfließen. Da zurzeit die Einzelheiten noch innerhalb der Bundesregierung verhandelt werden, bitte ich um Verständnis, dass ich dazu mich nicht im Detail äußern kann. Der Gesetzentwurf soll am 1. September 2010 im Kabinett beschlossen werden. Erst danach wird die Beratung im Bundestag und in seinen Ausschüssen beginnen. Im Rahmen dieser Beratungen werden wir den Entwurf sehr intensiv prüfen und soweit notwendig auch Änderungen durchführen. Es ist aber verfrüht, hier schon Aussagen machen zu wollen.
Die Eckpunkte der Bundesregierung sind sehr wohl sozial ausgeglichen. Nur rund 30,3 Mrd. € des o.g. Gesamtvolumens stammen aus dem Sozialbereich, obwohl inzwischen jährlich mehr als die Hälfte des Bundeshaushalts für diesen Bereich ausgegeben werden. Dabei sind die angesprochenen Bereiche mit Bedacht ausgesucht worden. Weiterhin wird durch das Zukunftspaket der Bereich Beteiligungen, Unternehmen und Bankensektor insgesamt mit rund 19,2 Mrd. € belastet. Rund 13,4 Mrd. € werden im Bereich der Verwaltung eingespart, beispielsweise durch eine weitere Reduzierung des Personals. Der Subventionsabbau trägt rund 9,5 Mrd. € zum Zukunftspaket bei. Ich möchte zunächst die Gelegenheit zur Klarstellung nutzen, in welchem Verhältnis die verschiedenen Leistungen zueinander stehen sollen. Hier hat es manche Fehldarstellung gegeben. Sowohl Kollegen, als auch in der Folge die Medien haben den Sachverhalt zuweilen unzutreffend wiedergegeben; die genaue Konstruktion ist aber von Bedeutung für die Nachvollziehbarkeit und Richtigkeit der Begründung.

Geplant ist, dass weiterhin Anspruch auf Elterngeld für den unveränderten Kreis der Berechtigten nach § 1 ElterngeldGesetz besteht. Es bleibt also bei dem Grundsatz, dass für jedes elterngeldberechtigende Kind diese Leistung gezahlt wird. Für die Mehrzahl der Berechtigten stellt sie einen Ausgleich für das zuvor erzielte Erwerbseinkommen dar, das in den ersten 12 bzw. 14 Monaten nach der Geburt wegen der Übernahme der Kindererziehung wegfällt. Es sichert für den Elternteil, der für die Kinderbetreuung auf eigenes Erwerbseinkommen verzichtet, für einige Zeit im Wesentlichen den gewohnten Lebensstandard und die Unabhängigkeit sowohl vom Partner als auch von staatlichen Transfers ab. Für Eltern, die zuvor kein eigenes Erwerbseinkommen erzielt haben, gibt es das Mindestelterngeld in Höhe von 300 €, das damit auch eine Anerkennung der Erziehungsleistung als solcher zum Ausdruck bringt und vor allem verhindert, dass Elternteile mit mehreren Kindern, die wegen der Kindererziehung schon seit längerer Zeit kein eigenes Erwerbseinkommen haben, leer ausgehen.

Auch Elternteile, die im SBGII-Bezug stehen, erhalten nach diesen Grundsätzen Elterngeld, gegebenenfalls unabhängig von einer vorhergehenden Berufstätigkeit, und erhalten damit auch die Anerkennung ihrer Kindererziehungsleistung.

Wenn das Elterngeld nicht reicht und aufgrund der übrigen persönlichen Verhältnisse kein ausreichendes Familieneinkommen zur Verfügung steht, wenn vor allem der Partner den Unterhalt nicht leistet, zu dem er verpflichtet wäre, besteht daneben der Anspruch auf Grundsicherung nach dem SGB II. Hier soll im Unterschied zur bisherigen Lage künftig das Elterngeld uneingeschränkt als Einkommen berücksichtigt werden. Auch wenn dies gegenüber dem Status Quo zu Einbußen führt, die schwer fallen, ist diese Anrechnung trotzdem aus der Systematik der Grundsicherung heraus vertretbar: Eine Transferleistung, die als letzte Sicherung aus Steuermitteln den persönlichen Bedarf decken soll, weil eigenes Einkommen oder vorgehende Leistungen nicht ausreichen, darf berücksichtigen, welche Beträge bereits zur Deckung des Bedarfs zur Verfügung stehen. Bei eigenem Einkommen oder anderen Lohnersatz- bzw. Transferleistungen ist dies auch selbstverständlich. Letztlich bekommt eine Mutter aus Steuermitteln immer mindestens den ihr zustehenden Elterngeldbetrag und bei Bedarf zusätzlich SGB-II-Leistungen.

Der Vergleich mit der nicht erwerbstätigen Mutter, deren Unterhalt durch ihren Ehemann bzw. Partner gedeckt wird, zeigt deshalb keine wirkliche Benachteiligung der Mutter, die in einer Bedarfsgemeinschaft lebt: sie erhält insgesamt aus Steuermitteln einen Betrag in Höhe des Regelsatzes zuzüglich der Kosten der Unterkunft sowie gegebenenfalls Unterhaltsvorschuss oder einen das Kindergeld übersteigenden Bedarfssatz für das Kind; das sind in vielen Fällen deutlich höhere Summen, als das Mindestelterngeld der anderen Mutter. Im Gegensatz zum Elterngeldanspruch von 12 bzw. 14 Monaten wird dieser Betrag außerdem bei Bedarf ohne Verpflichtung zu einer Erwerbstätigkeit bis zu drei Jahre und gegebenenfalls auch darüber hinaus weiter gezahlt.

Was die von Ihnen ebenfalls angesprochen Steuerpolitik anbelangt, so bitte ich zu bedenken, dass das Steuerrecht auch ein wichtiger Standortfaktor im internationalen Wettbewerb um Unternehmensansiedlungen und Investitionen ist. Dies trägt zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei. Das Wirtschaftswachstum wird daher maßgeblich von diesem Politikfeld beeinflusst. Die aktuell positive wirtschaftliche Entwicklung ist denn auch ein Beleg dafür, dass attraktive steuerliche Rahmenbedingungen eine wichtige Voraussetzung für mehr Wachstum und Beschäftigung sind. Dabei sichert die progressive Einkommensbesteuerung auch den sozialen Ausgleich. Starke Schultern tragen schon heute deutlich mehr als schwache. Eindrucksvoll kann man dies den amtlichen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes entnehmen: Das oberste Drittel der Steuerpflichtigen trägt bereits heute rund 80 Prozent der Einkommensteuer. Das untere Drittel der Einkommen, Haushalte, die wenig oder gar nichts verdienen, erhalten dagegen fast 60 Prozent aller Transferleistungen (Rente, Sozialhilfe, Kindergeld, Bafög, sonstige Staatshilfe), zahlen aber nur rd. 5 Prozent der Steuern und Sozialabgaben. Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes würde dies noch verschärfen und gleichzeitig die Position Deutschlands im internationalen Vergleich erheblich schwächen mit negativen Auswirkungen auf unseren Standort.

Die Union lehnt die von Ihnen angesprochene Vermögenssteuer aus guten Gründen ab. Sie würde den beginnenden Aufschwung gefährden und zu einer dauerhaften Schwächung des Standorts Deutschland führen. Mit der Vermögensteuer würden gerade gewinnschwache, häufig aber arbeitsplatzintensive Branchen wie z. B. das Baugewerbe besonders betroffen, da die Vermögenssteuer an der Substanz und nicht am Gewinn des Unternehmens ansetzt. Hier würde mit der Einführung der Vermögenssteuer ein völlig falsches Signal gesetzt. Unser Ziel ist es hingegen, Arbeitsplätze zu schaffen und nicht zu gefährden. Auch würden von einer Vermögenssteuer etwa gerade auch Mieter benachteiligt, da sie an die Mieter weitergereicht werden würde. Zudem handelt es sich bei der Vermögenssteuer um ein bürokratisches Monstrum, das seinesgleichen sucht. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, haben damals allein beim Fiskus die Erhebungskosten der Vermögenssteuer knapp ein Drittel des Aufkommens verschlungen. Eine Wiedereinführung müsste den im Vergleich zur damaligen Vermögenssteuer noch höheren Hürden aus den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht werden.

Die christlich-liberale Koalition hat vereinbart, sich auf europäischer und globaler Ebene für eine wirksame Finanzmarktsteuer einzusetzen. Damit soll der Finanzsektor an den Kosten der Krise beteiligt werden. Hier ist Deutschland anderen Staaten in der Umsetzung weit voraus, wobei sicherlich noch einiges an Arbeit zu erledigen ist. Mit der in den Eckpunkten des Zukunftspakets vereinbarten Beteiligung des Finanzsektors von 2 Mrd. € p.a. ab 2012 haben wir uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Bitte bedenken Sie, dass es unser Ziel sein muss, den Finanzsektor angemessen zu beteiligen, jedoch gleichzeitig die Stabilität des Finanzmarkts durch überzogene Belastungen nicht zu gefährden.

Meinen ausführlichen Erläuterungen können Sie entnehmen, dass wir die allgemein vorgebrachten Vorbehalte zum Zukunftspaket sehr ernst nehmen. Eine genaue Auseinandersetzung zeigt aber, dass hier vorschnell einzelne Aspekte des Pakets in ein schlechtes Licht gerückt werden, ohne die Gesamtverantwortung zu sehen. Ich freue mich daher, dass Sie mir die Gelegenheit gegeben haben, das Verständnis für das wichtige Zukunftspaket zu stärken.

Mit freundlichen Grüßen

Egon Jüttner