Frage an Egon Beck von Andreas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo lieber Herr Beck,
Herr Schmid erklärte im Gespräch mit den Stuttgarter Nachrichten: "Wir müssen sehr klar sagen: Die AfD ist eine rechtsradikale Partei."
Führende Politiker Ihrer Partei fordern gar eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz.
Dazu meine Fragen:
- Welche objektivierbaren Kriterien wenden Sie an, um zu klären, ob eine Partei rechtsradikal ist oder nicht?
- Ist Ihnen bekannt, dass es neben der Patriotischen Plattform in der AfD durchaus auch einen starken liberalen Flügel gibt, dem beispielsweise auch der Spitzenkandidat der AfD, Prof. Meuthen, angehört und dass es darüber hinaus einen christlich-wertkonservativ orientierten Flügel in der AfD gibt? Der Kreisvorstand der AfD in Ludwigsburg besteht überwiegend aus in ihrer Kirchengemeinde engagierten Christen. Wie kommt Ihre Partei dennoch dazu, die AfD insgesamt als eine "rechtsradikale Partei" zu bezeichnen? Könnte es nicht vielleicht sein, dass Sie hier durch Erwecken eines falschen Eindruckes sich unliebsame Konkurrenz vom Halse halten möchten? Die SPD nähert sich den 15 % bekanntlich von oben, die AfD von unten...
- Ist Ihnen bekannt, dass führende Verfassungsschützer bereits die Forderung von SPD-Politikern nach Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz als unbegründet abgelehnt haben?
- Der SPD-Landesvorsitzende hat die AfD in verantwortlichen Zusammenhang mit dem Handgranatenwurf auf ein Flüchtlingsheim gebracht. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass dieser Handgranatenwurf keinerlei politischen Hintergund hatte. Wäre es nicht ein Zeichen von Souveränität und von Stil, wenn die SPD sich dafür bei der AfD entschuldigen würden?
Mit freundlichen Grüßen,
A. S..
Sehr geehrter, Lieber Herr S.,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich - in der gebotenen Kürze und soweit sie meinen unmittelbaren Einflussbereich betreffen - gerne beantworte. Ich bitte um Ihr Verständnis, dass ich es für wenig zielführend halte, wenn sich unsere Diskussion im Austausch und der Bewertung der AfD erschöpft und auf diese beschränkt. Anmerken möchte ich lediglich, dass auf Grund außerordentlich bedenklicher und mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarenden - belegten und belegbaren - Äußerungen einiger Mitglieder der Führungsmannschaft diese Partei sich auch harte Kritik gefallen lassen muss, die sie ihrerseits auch an den von ihr so bezeichneten Altparteien übt.
Einen grundlegenden Einblick in die einschlägigen Rechtsgrundlagen hinsichtlich der Beobachtung durch den Verfassungsschutz finden Sie in den §§ 3, 4 BVerfSchG. Die - öffentlich zugänglichen - Verfassungsschutzberichte liefern einen Eindruck über die Rechtspraxis. Die entsprechende Bewertung durch die zuständigen Verantwortungsträger habe ich der Presse entnommen. Gleiches gilt für die innerparteiliche Situation in der AfD, die ich jedoch nicht weiter kommentieren möchte.
Da Sie sich bewusst an mich wenden, möchte ich Ihnen im Übrigen meine politische Überzeugung darstellen. Demokratie lebt vom Streit, von der Diskussion um den richtigen Weg. Um ausgewogene und tragfähige Lösungen erarbeiten zu können, sind nach meiner Auffassung unterschiedliche Standpunkte und Sichtweisen sowie abweichende Wahrnehmungen und divergierende Einschätzungen unverzichtbare Elemente. Konstruktive und zielführende Diskussionen setzen eine von gegenseitigem Respekt geprägte Atmosphäre voraus. Grundvoraussetzung ist allerdings, dass sich die beteiligten Parteien und Gruppierungen uneingeschränkt an den Normen und Grundwerten unserer Verfassung orientieren und gewährleistet ist, dass sie die Vorgaben und Regeln unseres Rechtsstaats ohne jede Einschränkung respektieren.
Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir die Gelegenheit finden könnten, die Thematik im Rahmen eines persönlichen Gedankenaustausches differenziert zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Egon Beck