Frage an Eckhardt Rehberg von Jürgen M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Rehberg,
Was genau verstehen Sie unter dem derzeit vieldiskutierten Begriff „Online-Durchsuchung"? Befürworten Sie diese Maßnahme oder lehnen Sie diese ab?
Sehr geehrter Herr Melchior,
gerne nehme ich zur aktuellen Diskussion über die Online-Durchsuchung wie folgt Stellung:
Unser Koalitionspartner in der Großen Koalition, die SPD, hat hinsichtlich der Änderung des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und insbesondere der Normierung einer Rechtsgrundlage für Online-Durchsuchungen erhebliche Bedenken angemeldet. Doch wir dürfen angesichts latenter Bedrohungen im Kampf gegen den Terrorismus nicht abtauchen. Schließlich hat die SPD in der vergangenen Wahlperiode in der rot-grünen Koalition unter Bundesinnenminister Otto Schily bereits mit Online-Durchsuchungen begonnen – allerdings ohne verfassungsrechtlich tragfähige Rechtsgrundlage. Diesen Missstand müssen wir dringend beseitigen.
Mit der Föderalismusreform hat die Bundesregierung dem Bundeskriminalamt vor einem Jahr die Aufgabe der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus übertragen. Wir brauchen jetzt endlich ein Gesetz, das diese für den Bund neue Kompetenz auch ausfüllt. Dazu gehören selbstverständlich verdeckte polizeiliche Maßnahmen wie Wohnraum- und Telekommunikationsüberwachung oder das Instrument der Rasterfahndung. Es darf nicht verkannt werden, dass sich das Internet zu einer modernen Tatvorbereitungswaffe für Terroristen und andere schwere Straftäter entwickelt hat. Dort findet man Bombenbauanleitungen, Propaganda für den heiligen Krieg bis hin zu gezielten Aufforderungen oder Verabredungen zu terroristischen Anschlägen. Das Bundeskriminalamt muss deshalb rasch in die Lage versetzt werden, auf diese neuen Herausforderungen angemessen und wirkungsvoll reagieren zu können. Ein unverzichtbares Instrument ist der verdeckte Zugriff auf Computer von Terroristen. Mit der Beschlagnahme des Computers einschließlich Festplatte ist es im Zeitalter der Hochtechnologie nicht mehr getan. Hochprofessionelle Täter verschlüsseln ihre Daten auf den Festplatten, so dass sie im Fall einer Beschlagnahme nichts wert sind. Mit Hilfe von Online-Durchsuchungen können die Daten vor der Verschlüsselung ausgelesen werden. Es geht bei Online-Durchsuchungen um gezielte Maßnahmen gegen einzelne hochprofessionelle schwerkriminelle Terroristen. 99% aller Menschen in Deutschland werden davon nie betroffen sein. Niemand denkt bei Online-Durchsuchungen an eine Schleppnetzfahndung im Internet. Zudem wird eine verfassungskonforme Online- Durchsuchung nur auf richterlicher Anordnung erfolgen. Die Privatsphäre des Einzelnen bleibt selbstverständlich gewahrt. Es ist deshalb nicht nur verantwortungslos, sondern völlig abwegig, wenn Ängste in der Bevölkerung vor flächendeckender Ausforschung ihrer Computer geschürt werden. Gerade die jüngsten Erkenntnisse der Nachrichtendienste über die aktuelle Bedrohungslage durch den internationalen Terrorismus haben gezeigt, dass wir die Lösung dieses Problems nicht mehr länger aufschieben dürfen. Die SPD handelt verantwortungslos, wenn sie den von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble erarbeiteten Gesetzentwurf zur Änderung des Bundeskriminalamtgesetzes weiterhin blockiert, indem sie technische Fragen vorschützt, die längst geklärt sind.
Im Übrigen wird zu prüfen sein, inwieweit das Instrument der Online-Durchsuchung auch zur Aufklärung verabscheuungswürdiger Straftaten wie Kinderschändung und Kinderpornographie herangezogen werden kann. Dazu müsste eine entsprechende Rechtsgrundlage in der Strafprozessordnung geschaffen werden, was Bundesjustizministerin Brigitte Zypries allerdings bislang auch vehement ablehnt.
Mit freundlichen Grüßen
Eckhardt Rehberg