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Eckhardt Rehberg
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Frage von Harry D. •

Frage an Eckhardt Rehberg von Harry D. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr MdB Rehberg!
Sie haben dem ESM trotz dem Bedenken vieler Ökonomen und den laufenden Änderungen an diesem Vertrag sogar in der Nacht vor der Abstimmung. In dieser Nacht wurden gravierende Teile im Vertrag , wie es heißt unter Erpressung von Monti und Rajoy, umgeschrieben.
Sie haben einem Vertrag zugestimmt, dessen Inhalt sie nicht mal kennen.
Was sagen Sie dazu, dass Finnland und die Niederlande ihr Veto zu Käufen von italienischen und spanischen Staatsanleihen durch den ESM einlegen werden.
Haben die Parlamentarier dieser Länder das Geschehen vom Freitag besser verstanden?
Sollte Erpressung zum ständigen Teil der Euro-Politik werden, wäre ein Ende des Euro´s besser.
Jede Regierung sollte für ihre Politik gegenüber ihrem Wahlvolk die volle Verantwortung tragen.

Portrait von Eckhardt Rehberg
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Danckert,

vielen Dank für Ihre Frage und Ihre Kritik am Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).
Ich versichere Ihnen, dass ich die weit verbreitete Sorge über die Entwicklung in einigen Ländern der Eurozone sehr gut nachvollziehen kann.
In den vergangenen Monaten ist für alle offensichtlich geworden, dass die Währungsunion in der Form, wie sie in den ersten Jahren ihrer Existenz aufgestellt war, nicht dauerhaft existieren kann. Zu oft fanden Verstöße gegen die Verträge von Maastricht statt, die zu Instabilität in der Eurozone geführt haben. Auch waren die Anreize für manche Mitglieder der Eurozone zu groß das geringe Zinsniveau, das diese durch den Beitritt in die Währungsunion erhielten, zu nutzen um die Haushalte zu konsolidieren. Stattdessen wurde oft dieses genutzt, um wie gewohnt weiter zu wirtschaften. Jetzt beginnt zum Glück das Umdenken und die Einsicht wird geteilt, dass etwas getan werden muss.

So arbeiten wir an einer verbesserten Stabilitätsarchitektur für Europa, zu der der ESM einen wesentlichen Beitrag leisten wird. Daher habe ich auch dem ESM im Bundestag zugestimmt. Ich sehe keine Alternative zum ESM, den wir am vergangenen Freitag ebenso wie den Fiskalpakt verabschiedet haben - und möchte Ihnen meine Gründe dazu gerne erläutern.
Der auf europäischer Ebene beschlossene und unterschriebene ESM-Vertrag setzt aus meiner Sicht ein deutliches Signal für nachhaltige Stabilität innerhalb Europas. Denn es können Situationen auftreten, in denen akut in Schwierigkeiten geratene Euro-Länder kurzfristig von ihren Partner unterstützt werden müssen. Ein Nichthandeln könnte einen Flächenbrand verursachen und hätte unabsehbare Folgen für ganz Europa - und damit verbunden auch für die deutsche Wirtschaft und unsere öffentlichen, aber auch privaten Haushalte. Ziel aller jetzigen und zukünftigen Maßnahmen darf aber nur die kurzfristige zielgerichtete Krisenhilfe sein, ganz ausdrücklich nicht die dauerhafte Alimentierung von Staaten!
Daher darf der ESM nicht isoliert von den anderen, ebenso wichtigen Bausteinen für eine dauerhaft stabile Währungsunion betrachtet werden. Eine Währungsunion kann nur funktionieren, wenn jedes Mitgliedsland aus eigener Kraft solide wirtschaftet und wettbewerbsfähig ist, wie ich bereits oben skizziert habe. Ein fundamentaler Baustein im neuen Regelungsgefüge Europa ist neben dem ESM daher auch der am 30. Januar von den Staats- und Regierungschefs fast aller Mitgliedstaaten beschlossene Fiskalvertrag. Die Einführung von Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild in allen anderen Euro-Staaten, die mit diesem Vertrag verpflichtend sein wird, ist eine entscheidende Weichenstellung für die Stabilisierung unserer Gemeinschaftswährung und für unsere Zukunft. Im Vertrag sind auch Maßnahmen zu einer verbesserten wirtschaftspolitischen Koordinierung sowie für mehr Konvergenz enthalten. Nicht zuletzt verbessern wir mit der Schärfung des Stabilitätspakts und der Einführung des Euro-Plus-Pakts die Rahmenbedingungen für eine stabile und wettbewerbsfähige Währungsunion noch weiter. In Deutschland verfügen wir außerdem über das Mittel der Einlagensicherung, das gerade Sparer und Kleinanleger schützt.
Um eine enge Verzahnung der Aspekte kurzfristige Krisenhilfe und mittel- bis langfristige Solidität der Empfängerländer zu gewährleisten, fußt der ESM auf dem Grundsatz, dass Solidarität nur bei entsprechender fiskalpolitischer Solidität gewährt werden kann. Leistungen des ESM dürfen daher auch nur von Staaten beansprucht werden, die die Vorgaben des Fiskal-Vertrages umsetzen – insbesondere die der nationalen Schuldenbremsen.
Die Ergebnisse des von Ihnen genannten Gipfels in Brüssel stehen dem nicht entgegen. Ich möchte klarstellen: am vergangenen Freitag haben wir den ESM im Deutschen Bundestag mit einer Zweidrittelmehrheit verabschiedet. Der ESM sieht in seiner verabschiedeten Form keine direkte Vergabe von Krediten an notleidende Banken vor. Dem deutschen Grundsatz, Haftung und Kontrolle zu verbinden, wird hier Rechnung getragen. Erst, wenn eine Bankenaufsicht installiert ist, wird diese Möglichkeit eingeräumt. Die Gipfelerklärung ist hierzu eindeutig:
„Sobald unter Einbeziehung der EZB ein wirksamer einheitlicher Aufsichtsmechanismus für Banken des Euro-Währungsgebiets eingerichtet worden ist, hätte der ESM nach einem ordentlichen Beschluss die Möglichkeit, Banken direkt zu rekapitalisieren.“
Das wir unsere Vorstellungen bei der Errichtung dieser Institution einbringen werden, kann ich Ihnen gerne versichern.
Der Deutsche Bundestag und seine Gremien werden bei allen Entscheidungen einbezogen, wenn dies die Haushaltsverantwortung des Deutschen Bundestages erfordert. Dies gilt insbesondere für die Entscheidungen, einem in Not geratenen Euro-Mitgliedstaat eine Finanzhilfe zu gewähren. Die konkreten Beteiligungsrechte werden in einem Gesetz zur Umsetzung des ESM-Vertrags geregelt.
Die von Ihnen angesprochene Möglichkeit von Aufkäufen von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt durch den ESM müssen vorsichtig betrachtet und bewertet werden. Die EZB hat diese Möglichkeit in der Vergangenheit ergriffen; ich stimme Ihnen jedoch zu: weder EZB noch ESM sollten blindlings Staatsanleihen ankaufen – denn auch dadurch kann die regulierende macht des Marktes zu sehr eingedämmt werden. In den entsprechenden Gremien werden wir daher für jeden Einzelfall genau abwägen.

Wir als christdemokratische Fraktion im Bundestag sind davon überzeugt, dass die bisherigen Mittel, die durch den EFSF und zukünftig den ESM bereitgestellt werden können, Mittel genug sind, den notleidenden Partnern in der Eurozone Hilfe zu leisten – und dass es keiner weiteren Mittel wie etwa ‚Eurobonds‘ benötigt.

Insgesamt bin ich von der Notwendigkeit des ESM als Teil einer verbesserten Stabilitätsarchitektur in Europa fest überzeugt, habe diesem deshalb zugestimmt und werde auch weiterhin seine Notwendigkeit kommunizieren.

Mit freundlichem Gruß
Ihr
Eckhardt Rehberg