Frage an Eckhardt Rehberg von Karl-Heinz Z. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Rehberg,
Im Einigungsvertrag Artikel 30 (5) und im Koalitionsvertrag zur 17. Legislaturperiode , Punkt 8, wird von der Einführung eines einheitlichen Rentensystems in Ost und West noch in dieser Legislatur gesprochen.
Ich empfinde es als unerträglich, die Versicherungsleistungen bei gleichen Beiträgen lediglich vom Hauptsitz des Arbeitgebers abhängig zu machen.
Welche konkreten Umsetzungsvorstellungen haben Sie ? Wann wird das einheitliche System endlich umgesetzt ?
Mit freundlichen Grüßen
H.Zych
Sehr geehrter Herr Zych,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 19.01.2011, in dem Sie die Rentenpolitik ansprechen.
Die Union unterstützt im Grundsatz die Forderung nach einer Angleichung der Renten in Ostdeutschland an die Renten in Westdeutschland und hat die Einführung eines einheitlichen Rentensystems im Koalitionsvertrag mit der FDP verankert. Allerdings hängt die Angleichung der Renten ganz wesentlich von der Einkommenssituation der Beschäftigten ab. Die Erhöhung der unterschiedlichen aktuellen Rentenwerte in Ost und West ist an die Einkommensentwicklung der Beschäftigten gekoppelt. Wenn die Einkommen der Beschäftigten im Osten stärker steigen als im Westen, dann steigen auch die Renten im Osten stärker als im Westen. In dem Maße, wie sich die Einkommen angleichen, gleichen sich auch die aktuellen Rentenwerte an. Dieser Prozess hat 1992 begonnen und sich unter der unionsgeführten Bundesregierung bis Ende 1998 deutlich beschleunigt (Anstieg des aktuellen Rentenwerts (Ost) von 1992 von 23,57 DM auf 40,87 DM im Jahr 1998). Durch die Abschwächung der konjunkturellen Entwicklung in den Jahren 2002, 2003 und 2004 hat sich der Aufholprozess verlangsamt und stagniert seit 2004 (Verhältnis des aktuellen Rentenwerts in den neuen Ländern zu dem Wert in den alten Bundesländern seitdem: 88,7 %). Ich habe großes Verständnis für Ihre Enttäuschung über diese Entwicklung. Allerdings stehe ich zu meiner Aussage, dass die Überleitung der DDR-Renten in das Rentensystem der BRD eine Erfolgsgeschichte der deutschen Einheit ist. Wie schon in meiner Rede am 24.02.2011 möchte ich nochmals auf den Missstand einer Ost-West-differenzierten Lohnpolitik der Gewerkschaften hinweisen, die eine raschere Angleichung der Rentenwerte zusätzlich erschwert. Denn gegen eine vorzeitige Angleichung der Ost- an die Westrenten spricht, dass dann im Gegenzug auch die Hochwertung der im Osten erzielten Arbeitsverdienste auf das Westniveau aufgegeben werden müsste. Damit würde den gegenwärtigen Beitragszahlern und künftigen Rentnern im Osten die Aussicht genommen, bei vergleichbarer Erwerbsbiographie jemals gleich hohe Renten wie im Westen zu erhalten. Der gegenwärtige Lohnabstand würde in den zukünftigen Renten im Osten verfestigt. Die gegenwärtige Rentnergeneration würde auf Kosten der künftigen Rentnergeneration besser gestellt und damit die Generationengerechtigkeit beeinträchtigt.
Zur Verdeutlichung: Im Westen musste ein Arbeitnehmer im Jahr 2010 32.003 € verdienen, um einen Entgeltpunkt in der Rentenversicherung gutgeschrieben zu bekommen. Im Osten musste ein Arbeitnehmer lediglich 26.918 € verdienen, um ebenfalls einen Entgeltpunkt gutgeschrieben zu bekommen. Sein Einkommen wurde nämlich für die Rentenberechnung mit dem Wert 1,1889 (vorläufiger Wert für 2010) hochgewertet. Ein Entgeltpunkt erhöht die monatliche Rente derzeit um 27,20 € (aktueller Rentenwert) im Westen und 24,13 € im Osten (aktueller Rentenwert Ost). Würde die Hochwertung des Einkommens entfallen, so bekäme der Arbeitnehmer im Osten nur noch 0,8111 Entgeltpunkte gutgeschrieben.
Eine sofortige oder stufenweise Angleichung der Ost- an die Westrenten, abgekoppelt von der Lohnentwicklung, scheidet auch aus finanziellen Gründen aus. Eine Rentenangleichung würde die Rentenkasse zusätzlich mit rd. 6 Milliarden Euro belasten. Damit würden die bisherigen Erfolge bei der Stabilisierung der Lohnnebenkosten weitgehend zunichte gemacht. Die Entlastung des Faktors Arbeit ist aber Voraussetzung für mehr Wachstum und Beschäftigung.
In diesem Zusammenhang muss auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Beitragseinnahmen in den neuen Bundesländern schon derzeit nicht ausreichen, um die Rentenausgaben im Osten zu finanzieren. Der Finanztransfer von West nach Ost lag 2010 bei rd. 13,9 Milliarden €.
Deshalb gilt: Nur mit einer Politik für mehr Wachstum und Beschäftigung können wir die Rentenkasse konsolidieren und sind höhere Löhne machbar, von denen zeitversetzt auch die Rentner profitieren. Dann kommt auch der Rentenangleichungsprozess wieder in Gang. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund steht die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit ganz oben auf der Reformagenda der christlich-liberalen Koalition.
Mit freundlichen Grüßen
Eckhardt Rehberg