Frage an Eckart von Klaeden von Friedhelm B. bezüglich Senioren
Sehr geehrter Herr von Klaeden,
die Renten steigen, nach vielem Trara und aus Barmherzigkeit, zum 1.7.08 um stolze 1,1%.
Im Vergleich zur Inflationsrate von 2,9%, heute gerade in den Rundfunknachrichten immer wieder gehört, ist das natürlich eine richtig "stolze Leistung" der Politik!
Kein Wunder, das die Linken solchen Zulauf haben!
Ich habe gestern gelesen, das die Beamtenpensionen rückwirkend zum 1.Jannuar 2008 um 3,1% zzgl. einer Einmal-zahlung von 50 EURO plus einer weiteren Anpassung zum 1.1.09 um weitere 2,8% zzgl. einer Einmalzahlung von 225 EURO erhöht werden.
Ich habe noch nirgendwo gelesen, das es da kritische Stimmen von Politkern gegebn hat, die um die Konsolidierung des Haushalts besorgt sind.
Es würde mich interessieren, wie ihre Meinung zu diesem Thema ist und wie Sie dazu abgestimmt haben.
Über eine kurzfristige Antwort würde ich mich freuen.
Freundliche Grüße
F. Borchers
Sehr geehrter Herr Borchers,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 24. Juni 2008. Sie fragen darin, nach wie ich den Umstand bewerte, dass die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1.7.2008 lediglich um 1.1 % ansteigen, während die Beamtenpensionen rückwirkend zum 1.1.2008 um 3,1 % und zum 1.1.2009 um weitere 2,8 % nebst Sonderzahlung steigen.
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass der Deutsche Bundestag am 29. Mai 2008 das Gesetz des Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2008/2009 beschlossen hat. Das Gesetz sieht eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses für den öffentlichen Dienst des Bundes auf die Bezügeempfänger des Bundes vor. Danach werden die Grundgehaltssätze um einen Sockelbetrag von 50 € ab 1.1.2008 erhöht; auf dieser Grundlage erfolgt eine lineare Erhöhung um 3,1 % ab 1.1.2008 und eine weitere Erhöhung um 2,8 % ab 1.1.2009. Für die Empfänger von Dienst- und Versorgungsbezügen erfolgt ergänzend eine Einmalzahlung von 225 € im Januar 2009; für Versorgungsempfänger gilt dies im Rahmen der jeweiligen Ruhegehalts- und Anteilssätze.
Gestatten Sie mir, dass ich zur Erklärung der Situation die unterschiedlichen Systeme der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenpensionen näher erläutere:
Die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind durch die Rentenformel an die Entwicklung der Löhne und Einkommen der erwerbstätigen Beitragszahler gekoppelt. Diese Verbindung ist auch sinnvoll, weil die gesetzliche Rentenversicherung sich grundsätzlich selbst zu finanzieren hat, und sie ist auch gerecht, weil dadurch die Rentenentwicklung parallel zur allgemeinen Einkommensentwicklung verläuft, allerdings mit der Folge, dass die Anpassungen erst im nächsten Jahr vorgenommen werden können. Dieses eigentlich auf Selbstversorgung angelegte System wird insoweit durchbrochen, als der Bund einen erheblichen Zuschuss leistet, der 2008 immerhin rund 90 Milliarden € ausmacht. Dieser Zuschuss ist notwendig, weil die Rentenversicherung mit sog. versicherungsfremden Leistungen, z.B. wegen der Berücksichtigung von Erziehungszeiten, belastet worden ist. Weitere Gründe sind die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre mit hoher Arbeitslosigkeit und damit fehlenden Beiträgen sowie die sich allmählich verstärkenden demografischen Verwerfungen.
Was die Debatte um die 1,1%ige Rentenerhöhung angeht, so ist leider der missliche Eindruck entstanden, als befinde „die Politik“ im Gnadenwege über eine Erhöhung der Renten, die kleinlicherweise auch noch hinter der Inflation zurückbleibe. Tatsächlich aber setzt sich die Zahl zusammen aus der wirtschaftlichen Entwicklung des zurückliegenden Berechnungszeitraums in Höhe von 0,5 % bei – und das war der eigentliche politische Eingriff – Suspendierung des sog. Riesterfaktors, die die Renten um weitere 0,6% steigen lässt. Wollte die Politik aber gänzlich frei über die künftige Höhe der Renten entscheiden, wäre das bei dem dann zu erwartenden Überbietungswettbewerb der Ruin des Bundeshaushalts, zumal hier politische Kräfte unterwegs sind, denen die Herbeiführung eines Staatsbankrotts vor nicht einmal 20 Jahren nicht fremd ist.
Demgegenüber sind die Beamtenbesoldung und die Vergütung der Versorgungsempfänger (Pensionäre) ein in sich geschlossenes System mit der Folge, dass die Pensionen unmittelbar im selben Verhältnis wie die Besoldungen für Beamte, Richter und Soldaten steigen oder auch stagnieren, wie dies in den vergangenen Jahren der Fall war. Grundlage hierfür sind die Tarifabschlüsse für den öffentlichen Dienst, die zwar nicht zwingend vom Gesetzgeber für die Beamten übernommen werden müssen und auch in der Vergangenheit nicht immer oder verzögert übernommen worden sind. Grundsätzlich ist die entsprechende Übernahme jedoch sinnvoll, um die Einkommensrelationen zwischen Angestellten und Beamten im öffentlichen Dienst nicht zu verschieben. Da Pensionäre bei ihrem Eintritt in den Ruhestand einen individuellen Rechtsanspruch auf einen bestimmten Prozentsatz an ihrem letzten Gehalt als Beamte erworben haben, schlagen die Veränderungen der Gehälter auch stets entsprechend auf die Pensionen durch. Das kann man ändern wollen. Allerdings müsste dann eine Debatte über eine Neuausrichtung des Berufsbeamtentums in Deutschland generell stattfinden, die im übrigen wegen des Grundsatzes des Vertrauensschutzes die Ansprüche der heutigen Pensionäre nicht mehr berühren dürfte.
Ein Vergleich beider Versorgungssysteme ergibt sowohl langfristig (1988 bis 2008) als auch kurzfristig (2004 – 2008), dass Renten und Pensionen eine parallele Entwicklung genommen haben und dabei der wirtschaftlichen Entwicklung folgten. In beiden Systemen waren Null-runden zu verkraften, es gab aber auch Phasen kräftigen Wachstums. Direkte Jahresvergleiche hingegen bilden eine Entwicklung wegen ihrer punktuellen Betrachtungsweise nicht oder nur unzureichend ab.
Mit freundlichen Grüßen
Eckart von Klaeden MdB