Frage an Doris Wagner von Joerg L. bezüglich Senioren
Sehr geehrte Frau Wagner,
warum erhält ein ArbeitnehmerIn der jetzt 45 Jahre alt ist, mit Eintritt ins Rentenalter, ganze 30 Prozent weniger Rente gegenüber Beamten ? Warum wird das steigende BIP, das steigende Volksvermögen und die Wertschöpfung, auch der ArbeitnehmerInnen in Deutschland bisher bei dem Thema Rente nicht berücksichtigt ?
Für eine Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Lindeholz
Sehr geehrter Herr Lindeholz,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Unterschiede im Beitrags- und Leistungsrecht zwischen Gesetzlicher Rentenversicherung und Beamtenversorgung sind immer wieder Gegenstand politischer Debatten und Kritik.
Wir als Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion teilen diese Kritik im Grundsatz, wenngleich man nicht übersehen darf, dass ein direkter Vergleich zwischen beiden Systemen schwierig ist. Um ein Beispiel zu nennen: Viele ArbeitnehmerInnen erhalten neben ihrer gesetzlichen Rente noch eine Betriebsrente. Die Beamtenversorgung ist hingegen eine sogenannte Vollversorgung. Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Im öffentlichen Dienst arbeiten sehr viele Lehrerinnen und Lehrer. Die Belegschaft des öffentlichen Dienstes ist ganz anders zusammengesetzt als die Belegschaft eines Industriebetriebes - schon aus diesem Grund sind die Pensionen durchschnittlich höher. Für einen korrekten Vergleich müsste man Beschäftigte mit gleicher beruflicher Bildung und Vorerfahrung miteinander vergleichen.
Trotz allem sehe ich, dass es gravierende Unterschiede gibt, die aus Sicht von angestellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu Recht kritisiert werden. Dazu zählt für mich, dass die Pensionen von Beamtinnen und Beamten nach dem letzten Amt berechnet werden, die Renten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber nach dem versicherten Einkommen eines ganzen Berufslebens. Dazu zählt für mich ebenfalls, dass Beamte nur zu einem geringen Teil mit Beiträgen in die Finanzierung ihrer Altersvorsorge einbezogen sind (Versorgungsrücklagen), wohingegen angestellte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hohe Beitragslasten zu tragen haben.
Aus diesem Grund haben wir uns als Fraktion dafür eingesetzt, dass alle Reform-Maßnahmen der vergangenen Jahre auch auf die Beamtenversorgung übertragen worden sind. Hierzu gehören die Maßnahmen zur Senkung des Rentenniveaus und die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters.
Gleiche Rechte und Pflichten für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind mein Ziel. Aus diesem Grund setze ich mich mittel- und langfristig dafür ein, dass die Pflichtmitgliedschaft in den Sozialversicherungen Schritt für Schritt auf alle Bürgerinnen und Bürger ausgeweitet wird und auch hohe Einkommen sowie Vermögenseinkommen stärker in die Finanzierung der Sozialversicherungen einbezogen werden. Grundsätzlich sollten auch Beamtinnen und Beamte in die Sozialversicherungen einbezogen werden.
Aus meiner Sicht wird man in den nächsten Jahren an gezielten und sozial verträglichen strukturellen Reformen bei der Beamtenversorgung und im öffentlichen Dienst insgesamt nicht vorbeikommen. Richtschnur für derartige Reformen sollte unser aller Interesse an einem modernen, bürgernahen Staat sein, der funktions- und handlungsfähig und zugleich attraktiver Arbeitgeber ist. Hier gilt es sachlich und offen für Neues in die Diskussion zu gehen. Zwanghaftes Festhalten an althergebrachten Prinzipien darf hier nicht zur Modernisierungsbremse werden.
Mit besten Grüßen
Doris Wagner