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Frage von Robert D. •

Frage an Ditmar Staffelt von Robert D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Staffel,

was halten Sie von dem durch den Brüsseler Bürgermeister verhängte Demonstrationsverbot europäischer Bürgerrechtsorganisation, die zum Gedenken an die Opfer des Terroranschlags vom 11.09. in New York in Brüssel einem Schweigemarsch durch die Hauptstadt der EU durchführen wollen? Der Brüssler Bürgermeister gehört der Sozialistischen Partei an und verunglimpfte öffentlich die Unterstützer dieses 09/11 Schweigemarsches als Verbrecher! Er ein Parteifreund von Ihnen. Ich vermisse bisher jegliche Reaktionen von Seiten Ihrer und der anderen Fraktionen des Deutschen Bundestages!!

Mit freundlichen Grüßen

Robert Dupuis
Berlin-Neukölln

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dupui,

über das in Brüssel für den 11. September verhängte Demonstrationsverbot wurde überwiegend in regionalen und ausländischen Zeitungen berichtet. Ich bin daher erstmals durch Ihre Frage auf das Thema aufmerksam geworden.

Die Entscheidung über das Demonstrationsverbot in Brüssel liegt in der alleinigen Verantwortung des zuständigen Brüsseler Bürgermeisters Freddy Thielmans, der zwar einer Sozialistischen Partei angehört, seine Entscheidungen jedoch ohne vorherige Rücksprache mit Politikern anderer Nationen zu treffen scheint.

Da es sich bei dieser Entscheidung um eine Angelegenheit der belgischen Kommunalpolitik handelt, sehe ich mich zu einer weitergehenden Kommentierung nicht veranlasst.

Die Begründung des Brüsseler Bürgermeisters finden Sie im Anhang meiner Antwort. Hiernach haben die zuständigen Abteilungen der Polizei den Antrag auf Genehmigung der Demonstration geprüft und empfingen zu diesem Zweck auch die Organisatoren der Demonstration. Aus dieser Prüfung wurde deutlich, dass die Demonstration drohte, die öffentliche Ordnung zu stören und die Sicherheit von Sachen und Personen in Gefahr zu bringen.

Grundsätzlich müssen wir uns auf die Entscheidung von demokratisch gewählten Institutionen europäischer Nachbarstaaten verlassen können. Sofern ein Verstoß gegen das belgische Recht vorliegt, wäre es die Aufgabe der belgischen und europäischen Gremien, politische Entscheidungen kritisch zu hinterfragen und zu bewerten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ditmar Staffelt

Die offizielle Begründung des Brüsseler Bürgermeisters Thielemans:

“Ich habe mich entschlossen, die Demonstration am 11. September “gegen die Islamisierung Europas” zu verbieten. Das Verbot einer Demonstration ist eine Verwaltungshandlung, die zu den Befugnissen des Bürgermeisters gehört. Genauso ist es meine Aufgabe, Sicherheit und öffentliche Ordnung im Gebiet der Gemeinde sicherzustellen. Falls Entscheidungen, die ich fälle, nachteilige Folgen haben.

Seit 2001 habe ich ungefähr 3.500 Demonstrationen genehmigt und diese ist erst die sechste, die ich verbiete. Es ist eine solche Ausnahme für mich, eine Demonstration zu verbieten, dass dies ein Grund ist, meine Entscheidung öffentlich zu erläutern, um so mehr, als sie aus den unterschiedlichsten Gründen kritisiert wurde.

Die zuständigen Abteilungen der Polizei haben den Antrag auf Genehmigung der Demonstration geprüft und empfingen dazu unter anderem die Organisatoren. So konnten sie sich einen deutlicheren Eindruck verschaffen von den Absichten der Organisatoren, den Absichten und Rahmenbedingungen, die zu erwartenden Demonstrationsteilnehmer und die Reaktionen, zu denen eine solche Demonstration führen kann…

Aus dieser Prüfung wurde deutlich, dass diese Demonstration drohte, die öffentliche Ordnung zu stören und die Sicherheit von Sachen und Personen in Gefahr bringen konnte. Meine Entscheidung stützt sich auf den Bericht der Polizei. Einige erstaunt das. Man beruft sich auf die Meinungsfreiheit und auf das Recht seine Überzeugung zu äußern. Lassen Sie mich dazu anmerken, dass es um die Meinungsfreiheit überhaupt nicht geht. Die Betroffenen sind hierin übrigens sehr geschickt und finden hierfür bei einer großen Anzahl von Medien Gehör.

Das Demonstrationsrecht findet da seine Grenze, wo Ruhe und Ordnung gestört werden. Hier sind für mich drei Punkte wichtig: Zuerst und vor allem die Entscheidung, eine solche Demonstration auf einem symbolträchtigen Datum wie dem 11. September stattfinden zu lassen. Die Bedeutung hiervon ist natürlich, die terroristischen Aktivitäten von Islamisten einerseits zu vermengen mit dem Islam als Ganzes und allen Muslimen andererseits.

Darüber hinaus pflegen die wichtigsten Führer bestimmter Organisationen, die zu dieser Demonstration aufrufen, einen Diskurs - auch schriftlich - der diese ungerechtfertigte Vermischung bestätigt. Sie behaupten unter anderem, dass “Islam und Demokratie nicht zusammengehen”, und dass sie “nicht an einen gemäßigten Islam glauben. Die Muslime werden temporär so tun als ob, aber das ist der schöne Schein. Sie schaffen eine Nebelwand um uns in die Irre zu führen.”

Mitglieder und Sympathisanten dieser Organisationen sind im Allgemeinen für ihr wenig friedliebendes Verhalten während solcher Veranstaltungen bekannt.

Was für meine Entscheidung keine Rolle gespielt hat, aber was ich doch in Erinnerung bringen will, ist, dass die gefährliche Mischung, mit der die Organisatoren der Demonstration uns konfrontieren, von der Art ist, dass sie zu Diskriminierung und Hass aufruft in Bezug auf Muslime, und dass sich das mittlerweile ausbreitet auf jeden, der kulturelle Bindungen an den Islam hat.

Diese Anstiftung zu Diskriminierung und Hass, die wir durchgehend als Rassismus und Fremdenhass bezeichnen, wird verboten durch eine große Anzahl internationale Verträge und wird sowohl durch unsere Gesetze als auch durch die europäische Gesetzgebung strafrechtlich verfolgt. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat wiederholt Taten wie diese verurteilt.

In einem Urteil vom 21. April 2004, das später durch das Hohe Kassationsgericht bestätigt wurde, stellt das Berufungsgericht in Gent auf der Basis eines gleichartigen Amalgams in einem Urteil gegen eine politische Partei (Vlaams Blok), dass diese wissentlich und willentlich zum Hass auf bestimmte Bevölkerungsgruppen anstiftet, nicht alleine wegen ihrer Nationalität, sondern zugleich wegen ihrer Abstammung (Lokalisation ihres Herkunftslandes, gegenseitige kulturelle Verbundenheit, die Kriminologen sein soll, wegen ihrer Religion, ihrer Sitten, ja sogar Aussehen und Kleidung. Dies ist eine gesetzlich verbotene Form von Diskriminierung.

Persönlich stört es mich nicht, dass man an einer Religion Kritik übt. Das Recht auf Gotteslästerung ist in einer nichtkonfessionellen Demokratie ein Zeichen von Freiheit und Toleranz. Doch darf das nicht so weit gehen, dass Männer und Frauen um ihrer Überzeugungen und ihres Engagements willen der schlimmsten Verbrechen verdächtigt werden. In unserer Gesellschaft haben wir uns einen langen Kampf geliefert, um zu erreichen, dass bestimmte Verhaltensregeln, die mit dem katholischen Glauben verbunden waren, nicht mehr als bürgerliches Gesetz jedem aufgezwungen werden konnten. Meines Wissens gibt es im Islam keine einzige religiöse Regel, die sich in gleicher Weise aufdrängt. Und nichts wird mich dazu bringen, zu beschließen, dass eine breite Mehrheit unserer muslimischen Bevölkerung hiernach fragen könnte. Lassen wir zum Schluss nicht vergessen, dass Brüssel immer ein Beispiel für Toleranz und Offenheit gegeben hat für jeden, der hier lebt oder hier Zuflucht gefunden hat. Verschiedenheit, Kompromiss, Toleranz und das Abweisen der Extreme sind immer noch die Fundamente der Brüsseler Identität. Ich kenne meine Mitbürger: sie werden nicht wollen, dass ihre Stadt sich zur Hauptstadt des Hasses auswächst.

Ich überlasse es jedem selber, hierüber weiter nachzudenken und sich auf der Basis dieser kurzen Reflexion eine eigene Meinung zu bilden. Für die Organisation der am 11. September geplanten Demonstration “gegen die Islamisierung von Europa” steht meine Meinung fest: sie findet nicht statt.“