Frage an Dirk Fischer von Gerhard R. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Fischer,
Ich bin, wie viele andere Scheidungsväter auch, in der Situation, das ich durch das momentane Unterhaltsrecht, trotz eines relativ guten Einkommens, nicht in der Lage bin mein Existenzminimum zu sichern.
Ich verdiene zur Zeit ca. 80.000,- € pro Jahr. Dennoch verbleiben mir, nach Abzug meiner Unterhaltslast von 2.277,-€ pro Monat für meine 4 Kinder und meine Ex-Frau, sowie Abzug meiner Erwerbskosten (ich bin beruflich im Rheinland tätig) sowie der Umgangskosten für meine 3 Hamburger Kinder und meine in Bayern wohnende Tochter weniger als 400.-€ pro Monat für meine private Lebensführung, inkl. Miete.
Leider muss ich feststellen, dass mich gerade die Erfüllung meiner Bürgerspflicht (4 Kinder, hohe Mobilität im Job) unter das Existenzminimums und unter Hartz IV bringt.
Ich setzte, wie viele andere Väter, die unter der extremen Ungerechtigkeit des aktuellen Unterhaltsrechts leiden, meine (geringe) Hoffnung auf die, seit langem angekündigte Unterhaltsrechtsreform, auch wenn diese, absurderweise, die steuerliche Benachteiligung für Trennungsfamilien sogar noch verschärft.
Wie man hört verzögert sich diese Reform, die einige der schlimmsten Ungerechtigkeiten beseitigen soll, vor allem durch Einwände der CDU/CSU Fraktion, obwohl diese Bedenken bereits durch den BGH als unzulässig verworfen wurden.
Meine Frage ist nun, wann diese Widerstände aufgegeben werden, und ob diese Reform nun endlich zum 1.1.2008 in Kraft treten kann.
Sehr geehrter Herr Raden,
vielen Dank für Ihre Frage zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Unterhaltsrechtsreform.
Die Reform des Unterhaltsrechts wird zum 01.01.2008 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf musste zuletzt an eine aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Betreuungsunterhalt vom 28.2.2007 – veröffentlicht am 23.5.2007 – angepasst werden, was die Beratungen im Bundestag noch einmal verzögert hat.
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts müssen bei der Festlegung der Unterhaltsdauer des betreuenden Elternteils eheliche wie nichteheliche Kinder in Dauer, Höhe des Unterhalts und im Falle der mangelnden Zahlungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten nunmehr gleichgestellt werden. Damit ist die jetzige gesetzliche Regelung verfassungswidrig. Anders als von Ihnen dargestellt, bestätigt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Betreuungsunterhalt auch die politische und verfassungsrechtliche Position der Union in den Verhandlungen zum Unterhaltsrecht. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich erneut klargestellt, dass der in unserer Verfassung enthaltene besondere Schutz der Ehe eine unterhaltsrechtliche Besserstellung geschiedener Elternteile gegenüber unverheirateten Elternteilen rechtfertigt.
Das Kindeswohl steht im Mittelpunkt der Reform. Künftig konkurrieren im Mangelfall in der Rangfolge vor allem die minderjährigen Kinder nicht mehr mit den Ehegatten. Vielmehr hat der Kindesunterhalt Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen. In Zeiten von sozialen Erscheinungen wie Kinderarmut ist es Kindern am wenigsten zuzumuten, auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen zu sein. Im zweiten Rang finden sich dann alle Kinder betreuenden Elternteile. Durch diese Neuregelung werden alle Elternteile gleichbehandelt, sofern sie ein Kind betreuen.
Ebenso schutzbedürftig wie die Kinder betreuenden Elternteile ist aber auch der Ehegatte bei längerer Ehedauer im Hinblick auf seine weiteren Unterhaltsansprüche. Auch er findet sich daher im zweiten Rang. Dabei wird das Kriterium „Ehe von langer Dauer“ um die Klarstellung ergänzt, dass neben der rein zeitlichen Dauer der Ehe auch die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie die Rollenverteilung in der Ehe einschließlich der Kinderbetreuung heranzuziehen sind. Dies gewährleistet den Schutz „traditioneller“ Familienformen.
Ein weiteres Ziel der Reform ist, die mit der bisher geltenden Rechtslage verbundene Benachteiligung der nichtehelichen Kinder in der Frage des Betreuungsunterhalts abzubauen. Bereits der auf Drängen der Union im Frühjahr 2007 gefundene Kompromiss hatte vorgesehen, die Dauer des Betreuungsunterhalts weitgehend anzupassen. Daher erhalten sowohl geschiedene als auch nicht verheiratete Mütter in Zukunft mindestens drei Jahre lang Unterhalt für die Betreuung eines gemeinsamen Kindes. Eine Verlängerung ist aber in beiden Fällen möglich, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dabei ist von den Gerichten bei geschiedenen Müttern insbesondere die nacheheliche Solidarität zu berücksichtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Fischer