Frage an Dirk Fischer von Ralf M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Herr Fischer,
als MdB ist Ihnen sicherlich Art. 38 des GG für die BRD bekannt.Zur Erinnerung:
"Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen."
Wie kann es dann sein, dass im Koalitionsvertrag der 3 Blockparteien CDU,CSU und SPD, folgendes steht:
Kooperation der Fraktionen
Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfrak- tionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.?
Damit verstoßen sie gegen Art.38 und jetzt können alle lesen, dass es "ihn" doch gibt den ständig geleugneten Fraktionszwang.
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Frage. Der von Ihnen zitierte Absatz des Koalitionsvertrages beschreibt keinen Fraktionszwang, sondern die sogenannte Fraktionsdisziplin, deren Existenz auch nicht geleugnet wird. Im Gegenteil: Es ist ein Wesensmerkmal des parlamentarischen Regierungssystems, dass die Regierung für ihre Politik die Unterstützung der sie tragenden Fraktionen benötigt. Das bedeutet konkret, dass die Fraktionsmitglieder in der Regel der Mehrheitsmeinung ihrer Fraktion folgen. Aber selbstverständlich darf ein Abgeordneter aus tiefer Überzeugung auch anders votieren, wenn er zum Beispiel etwas mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann. Der Fraktionszwang würde dagegen ein abweichendes Votum niemals zulassen. Ein solcher Zwang ist aber nicht erlaubt. So steht es klar und deutlich im Grundgesetz, wie Sie richtigerweise betonen.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Fischer