Frage an Dirk Fischer von Dennis G. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Fischer,
die erschreckenden Ereignisse in Japan haben leider bewiesen, dass die Sicherheit von Atomkraftwerken nicht mehr gewährleistet werden kann - ob dies jemals der Fall war möchte ich hier nicht weiter thematisieren..
Das Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren regelt im § 13 Vorsorge für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen, dass "bei erheblicher Änderung der Verhältnisse" eine Überprüfung über Art, Umfang und Höhe der Vorsorge für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen (Deckungsvorsorge) anzustellen ist. Stimmen Sie mir zu, dass die Ereignisse in Japan eine "erhebliche Änderung der Verhältnisse" darstellen? In wie weit ist für Sie die Höchstgrenze von 2,5 Milliarden Euro noch ausreichend? Falls Sie diese als ausreichend betrachten, begründen Sie bitte warum die Betreibergesellschaften (bzw. die Energiekonzerne) ein gesteigertes Eigeninteresse an der Sicherheit der AKW haben sollten.
Bitte erläutern Sie ebenfalls kurz Ihre Position zur befristeten Aussetzung der Laufzeitverlängerung und zu einem vorzeitigen kompletten Ausstieg aus der Kernenergie.
Vielen Dank für Ihre Antworten!
Mit freundlichen Grüßen
Dennis Große
Sehr geehrter Herr Große,
vielen Dank für Ihre Frage zur atomrechtlichen Deckungsvorsorge.
Rechtsgrundlage der zivilen Verwendung der Kernenergie in Deutschland ist das Deutsche Atomgesetz. Verordnungen, wie die atomrechtliche Deckungsvorsorge-Verordnung (AtDeckV), setzen internationale Richtlinien in Deutschland um. Die Deckungsvorsorge für ein Kraftwerk beträgt - wie Sie bereits erwähnen - 2,5 Milliarden Euro. Ursprünglich betrug sie 500 Millionen DM und wurde dann im April 2002 auf 2,5 Milliarden Euro angehoben.
Die Deckungsvorsorge ist zu einem Teil als Haftpflichtversicherung und zum anderen Teil als Solidarvereinbarung unter den Kernkraftwerksbetreibern abgesichert. Der Nachweis kurzfristig verfügbarer, liquider Mittel der Solidarpartner wird jährlich durch einen Wirtschaftsprüfer testiert.
Die Haftungshöchstgrenze bei Schäden, die unmittelbar auf Handlungen eines bewaffneten Konfliktes, von Feindseligkeiten, eines Bürgerkrieges, eines Aufstandes oder auf eine schwere Naturkatastrophe außergewöhnlicher Art zurückzuführen sind, liegt bei eben diesen 2,5 Milliarden Euro. Für Schäden aus anderen Ursachen haften die Betreiber einschließlich der Muttergesellschaften unbegrenzt.
Die aktuelle dreimonatige Aussetzung der Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke dient dazu, die Sicherheit aller deutschen Kernkraftwerke rückhaltlos und vorbehaltlos zu überprüfen sowie sachlich und in Ruhe zu schauen, was in Japan zu den Reaktorunfällen geführt hat und welche Lehren daraus gezogen werden müssen. Dies beinhaltet auch die Frage nach der endgültigen Abschaltung der älteren Kernkraftwerke.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Fischer