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Dirk Bergner
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Frage von Siegfried B. •

Frage an Dirk Bergner von Siegfried B.

Sehr geehrter Herr Bergner;

wie man aus den Medien erfahren kann, will die FDP umfassende Steuersenkungen zur Entlastung der Bürger, des Handwerks und der Industrie bei einem möglichen Mitregierens im Bund durchsetzen. Nun gehören zu den Steuern nicht nur Bundes- und Landesabgaben, sondern auch sog. indirekte Steuern, wie auch die kommunalen Abgaben.
Wie stellen Sie sich hier dieser Frage als zukünftiges MdL (mglw. auch als zukünftiger Regierungskoalitionär im Lande Thüringen) und schon heutiges Kreistagsmitglied des Landkreises Greiz?
Sind Sie ebenfalls für eine Abschaffung der Strassenausbaubeiträge im Lande Thüringen?
Wollen Sie sich auch dafür einsetzen, die Abwasserbeiträge in Thüringen abzuschaffen?
Wenn ja, wie und in welchem Zeitraum sollte das geschehen?
Wenn dem Bürger, wie Ihre Partei sagt, die Leistung anerkannt werden soll;
Was halten Sie von einem Regelrenteneintrittsalter von 69 ?
Wie denken Sie über die Rentner?
Was halten Sie von der Jugend, wie sehen Sie deren Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten gerade in Thüringen?
Was halten Sie von einem gesetzl. Mindestlohn?
Für Ihre frdl. Beantwortung vorab besten Dank.

Siegfried Beer

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Beer,

für Ihr Interesse und Ihre Fragen danke ich sehr herzlich. Mich freut, wenn mir auch Vertreter im Wettbewerb stehender Parteien die Gelegenheit geben, meine Positionen darzulegen. Es ist richtig, wir Freien Demokraten stehen für eine klare Entlastung der Menschen im Land und deshalb für ein einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem. Als Kernstück des FDP – Steuerkonzepts möchte ich die Einkommensteuerreform bezeichnen. Das beinhaltet drei Steuerstufen: 10, 25 und 35 %. Jeder Bürger – egal, ob Erwachsener oder Kind – erhält einen Grundfreibetrag von 8.004 Euro. Übersteigt das Einkommen den Grundfreibetrag, dann gilt für die ersten 20.000 Euro zu versteuerndes Einkommen ein Steuersatz von 10 Prozent. Für Einkommensteile zwischen 20.000 Euro und 50.000 Euro gilt ein Steuersatz von 25 Prozent, für Einkommensteile ab 50.000 Euro ein Steuersatz von 35 Prozent. Das bedeutet im Klartext, eine Familie mit 3 Kindern zahlt nach FDP - Konzept bis zu einem Jahreseinkommen von 40.020 EUR gar keine Einkommesteuer. Das ist sozial und familiengerecht. In diesem Kontext steht auch, dass nach Auffassung der Liberalen kommunale Abgaben nicht zu „kalter Enteignung“ führen dürfen. Aus meiner ehrenamtlichen Arbeit als Landesvorsitzender der Vereinigung Liberaler Kommunalpolitiker weiß ich, dass Liberale mit großer Mehrheit auch in der Kommunalpolitik z.B. für möglichst niedrige Grund – und Gewerbesteuern einstehen. Darüber hinaus fordern wir in unserem Landtagswahlprogramm, das KAG und die ThürKO (die regelt bislang mit der Rangfolge der Einnahmen, dass Kommunen Beiträge vor Steuern ziehen müssen.) dahingehend zu ändern, dass der Zwang zum Ziehen von Beiträgen aufgehoben wird. Das ist, wenn man so will, der Einstieg in den Ausstieg aus der Beitragsproblematik. Man muss allerdings darauf achten, dass beim Ausstieg nicht in erheblichem Umfang neue Ungerechtigkeiten geschaffen werden. Mit Skepsis sehe ich deshalb, wenn der derzeitige Landtag noch in Eile an einem Schnellschuss strickt, der mit hoher Wahrscheinlichkeit – ähnlich wie 2004 – ein unausgegorener und fehlerbehafteter, teurer Wahlkampfschlager ist. Ehrlicher und unter dem Strich für alle Betroffenen besser wäre es, jetzt eine fundierte Übergangsänderung nach den Anforderungen des aktuellen Urteils des Thüringer Verfassungsgerichtshofes und mittelfristig eine grundlegende Reform der Rechtslage herbeizuführen.

Zur Frage, was ich über Rentner denke: Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, ältere Menschen zu achten. Das ist schon eine Frage von Anstand und Benehmen. Es sind die Älteren, die unser Land aufgebaut haben, die die Grundlagen für unsere Gesellschaft geschaffen haben. Ich habe immer den Rat von Älteren gesucht und sich bietende Chancen genutzt, um aus ihrem reichen Erfahrungsschatz zu lernen. Gerne erinnere ich mich an die Gespräche in meiner Kindheit mit den Großeltern oder auch meiner Großtante hier in Brückla bzw. auch mit etlichen weiteren Senioren. Heute sind auch meine Eltern bereits im Rentenalter, und ich lege nach wie vor großen Wert auf ihren Rat und bin froh über so manche Hilfe. Unabhängig davon bin ich sicher, dass wir in Anbetracht der demografischen Entwicklung zunehmend auf die Mitwirkung Älterer und ihren Erfahrungsschatz angewiesen sein werden. Und damit sind wir beim nächsten Thema. Persönlich halte ich ein starres Eintrittsalter für überholt. Und so wirkt für mich die Diskussion um das Regelrenteneintrittsalter von 69 ziemlich lebensfremd. Es ist schwer vorstellbar, etwa einen Dachdecker mit 68 bei Wind und Wetter auf´s Dach zu jagen, es ist schwer vorstellbar, einen Pflasterer mit 68 bei Wind und Wetter auf Knien über Straßen und Plätze rutschen zu lassen. Vergleichbare Beispiele gibt es noch viel mehr. Umgekehrt kenne ich einen hervorragenden Ingenieurkollegen im Alter von 70 Jahren, der richtig traurig wäre, wenn er – bei freier Zeiteinteilung – seinem Beruf nicht wenigstens tageweise nachgehen könnte. Die FDP – Bundestagsfraktion fordert eine generationengerechte Rentenpolitik, die den Erfordernissen der älter werdenden Gesellschaft entspricht. Sie tritt deshalb für eine möglichst lange Teilhabe der Bürger am Erwerbsleben auf der Basis einer freien Entscheidung ein. Das Konzept des flexiblen Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglicht es Älteren, die Arbeitszeit bei Bedarf ab dem 60. Lebensjahr zu reduzieren. Gleichzeitig erhalten sie die Möglichkeit, unbegrenzt hinzu zu verdienen. Um die Lohnnebenkosten in Grenzen zu halten, will die FDP – Fraktion den Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung langfristig unter 20% halten. Die gesetzliche Rente muss außerdem stärker durch private und betriebliche Altersvorsorge ergänzt werden. Dazu muss die freiwillige Altersvorsorge umfassender und unbürokratischer als bisher gefördert werden. Auch der Schutz gegen Erwerbsminderung in der geförderten Altersvorsorge muss verbessert werden. Zugunsten einer familiengerechten Rentenpolitik müssen Eltern dabei unterstützt werden, sich eine private Altersvorsorge aufzubauen. Darüber hinaus will die FDP – Fraktion, dass 20 Jahre nach der Wiedervereinigung das Rentenrecht in Ost und West vereinheitlicht wird.

Jugend, Bildungs – und Ausbildungsmöglichkeiten: Vielleicht vorweg: Für einen Vater von zwei Kindern im Alter von 17 bzw. 12 Jahren steht sicher außer Frage, dass ihm die Zukunftschancen kommender Generationen am Herzen liegen. Und ich sehe mit großer Sorge, welche Ausmaße die Abwanderung angenommen hat. Es muss ohne Zweifel gelingen, auf Bundes-, Landes-, wie auch kommunaler Ebene die Voraussetzungen für eine sehr gute Bildung deutlich zu verbessern. Zugleich geht es darum, die Chancen erheblich voranzubringen, diese Bildung in der Region zum Broterwerb einzusetzen. Sie haben ganz richtig erwähnt, dass ich auch Mitglied des Kreistags Greiz bin. In dieser Eigenschaft habe ich mich massiv für den Erhalt der Regelschulen Irchwitz und Wildetaube eingesetzt. Wir vertreten die Auffassung, dass Schulwege auch in ländlich geprägten Regionen immer noch einen angemessenen Rahmen haben müssen. Der Standort Wildetaube ist übrigens daran gescheitert, dass zwei Kreistagskolleginnen einer anderen Fraktion Befangenheit bzw. persönliche Beteiligung erklärt haben, ohne dass nach meiner Überzeugung die Voraussetzungen nach ThürKO erfüllt gewesen wären. Die Liberalen im Kreistag setzen sich zudem seit Jahren intensiv für das Berufsschulnetz im Landkreis ein. Ich kann mich aktuell freilich nicht des Eindrucks erwehren, dass eine Mehrheit in Kreistag und Verwaltung den Weg frei machen wird für Entscheidungen, die den Wirtschaftsstandort zumindest in wesentlichen Punkten nicht stärken und Jugendlichen aus der Region nicht förderlich sind. Gleichwohl steht die FDP für den Einsatz gegen Abwanderung, für die Schaffung der Existenzgrundlagen kommender Generationen (dazu gehört nebenbei gesagt auch der Einsatz für einen schuldenfreien Staatshaushalt), für die Schaffung selbst tragender Arbeitsplätze vor allem in einheimischen, kleinen und mittelständischen Unternehmen und natürlich in vorderster Linie für Bildung. Einzelheiten finden Sie auch im Programm „Thüringengerecht“ unter www.fdp-thueringen.de .

Darüber hinaus darf ich anfügen, dass aus meiner Sicht natürlich auch die Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Jugendarbeit verbessert werden müssen. Und ich freue mich darüber, dass ich persönlich in meiner Mitarbeit im Hohenleubener Stadtrat mitwirken durfte, dass trotz massiver Kürzung der Mittel für die Jugendarbeit auf Landes- und Kreisebene das Niveau der Jugendarbeit in Hohenleuben gesteigert wurde. Hohenleuben ist einer von zwei Stützpunkten der Jugendarbeit in der Region, und seit kurzem konnte im Zusammenhang mit dem Jugendclub in der Gartenstraße auch die weitere qualifizierte Jugendbetreuung sichergestellt werden. Während andere von Mehrgenerationeneinrichtungen reden, gibt es sie in Hohenleuben bereits. Um nahtlos von der Jugend zu den Kindern überzugehen: Die Liberalen haben den Slogan „Kinderlärm ist Zukunftsmusik“ nicht nur vor etlichen Jahren geprägt, sondern erfüllen ihn auch mit Leben.

Zur Mindestlohnproblematik: Geleistete Arbeit muss angemessen bezahlt werden. Niedrigste (und damit sittenwidrige) Löhne werden von mir klar abgelehnt. Dazu gehört auch, dass diejenigen, die arbeiten, mehr im Geldbeutel haben müssen, als diejenigen, die nicht arbeiten. Für uns Liberale steht das Thema Mindesteinkommen im Vordergrund. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Arbeitgeber nur für den Bruttolohn verantwortlich sind. Für den Nettolohn – also die tatsächliche Bezahlung – ist der Staat verantwortlich. Durch Abgaben und Steuern im mittleren und selbst im niedrigen Lohnbereich werden die Menschen erheblich belastet.

Die Liberalen streben die Reform des gesamten Steuer- und Transfersystems an. Siehe oben. Die FDP setzt sich zudem massiv für die Schaffung regulärer Beschäftigungsverhältnisse ein. Die Einführung eines Mindestlohnes bringt zahlreiche Gefahren mit sich, die Langzeitarbeitslosen und Geringverdienern nicht weiterhelfen. Wir Liberale sind der Auffassung, dass es mit der Einführung von Mindestlöhnen zu einer massiven Verdrängung und Verlagerung von Arbeitsplätzen im Niedriglohnsektor kommt, zum einen in die Schwarzarbeit, zum anderen in das Ausland. Der ohnehin stark reglementierte deutsche Arbeitsmarkt würde mit einem gesetzlichen Mindestlohn weiter an Flexibilität verlieren. Ich selbst habe meine ersten beruflichen Schritte als Bauingenieur in einer Branche setzen dürfen, die lange vor Anderen über Mindestlöhne verfügte. Wer auch nur ein bisschen die Materie kennt, weiß, wie vielfältig die Auswege sind, die gefunden wurden. Gesetzliche Mindestlöhne stehen oft allenfalls auf dem Papier und kommen denen, die sie theoretisch bekämen sehr oft nicht zugute. Einen Vergleich mit eingeführten Mindestlöhnen in anderen Ländern halte ich im Übrigen für unredlich, es sei denn, die Forderung zielt ebenfalls darauf ab, die Sozialversicherungs- und Steuersysteme dieser Länder in der Bundesrepublik einzuführen. Ich bin mir sicher, dass dies ebenso abgelehnt wird wie die gesetzlichen Mindestlöhne in den EU – Ländern Litauen, Rumänien oder auch der benachbarten Tschechischen Republik. Letztlich untergraben gesetzliche Mindestlöhne die Tarifautonomie und die Privatautonomie (Vertragsfreiheit). Aus gutem Grunde bestimmen nicht Gesetzgeber oder Regierung über die Löhne, sondern Arbeitnehmer und Unternehmer in Wahrnehmung ihrer Vertragsfreiheit oder, falls von den Betroffenen gewünscht, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände in Tarifautonomie. Neben dem Konzept des liberalen Bürgergeldes setze ich vor allem auf die Stärkung der einheimischen Wirtschaft, auf die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe (Vergabe vor allem auch öffentlicher Aufträge an Thüringer Unternehmen, wo immer das rechtlich möglich ist), um so durch die stärkere Nachfrage nach einheimischen Arbeitskräften deren „Marktwert“ zu steigern und zu selbst tragenden, guten Löhnen und Gehältern zu kommen.

Weitere Informationen zu diesen Themen finden Sie im Landtagswahlprogramm „Thüringengerecht“ der FDP Thüringen unter www.fdp-thueringen.de.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Bergner