Frage an Dietrich Wersich von Rita C. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Wersich,
ich bin Anwohnerin der Steilshooper Straße in Nähe zur Habichtstraße. Noch ist die Luft erträglich in dieser Gegend, auch für Allergiker wie mich. Dank der Sportanlage, der Kleingärten und der niedrigen Gebäude eines Autohauses haben wir in diesem Gebiet fast ständig ausreichend Luftbewegung.
Nach Bebauungsplan BN 11 soll hier ein Gebäuderiegel entstehen. Ein Gutachten warnt bei 4 Stockwerken vor einer Behinderung der Luftzufuhr: Speziell dort können sich bei bestimmten Wetterlagen im Straßenraum quasi geschlossene Strömungswalzen ausbilden, in die nur wenig frische Luft von oben eingemischt werden kann.
Und: Aufgrund der Verkehrszahlen einerseits und der möglicherweise reduzierten Durchlüftung durch Bebauungsverdichtung insbesondere im südwestlichen Plangebiet könnte es dort künftig zu Überschreitungen der zulässigen Immissionsgrenzwerte kommen.
Nach Erstellung des Gutachtens, einsehbar im Transparenzportal Hamburg, wurde in der Planung die Höhe des Gebäuderiegels auf 5 erhöht. Staffelgeschosse sind erlaubt.
Zahlreiche Einwände und Gegenvorschläge von Anwohnern wurden ignoriert.
Wir sind uns alle einig, dass der Bau von Wohnungen wünschenswert ist und eine willkommene Bereicherung für unsere Nachbarschaft darstellt.
Schon das Versetzen des als Riegel geplanten Gebäudes zur Mitte des Geländes hin, sowie ein Belassen der Firma an Ihrem Platz, an dem sie über Jahrzehnte gewachsen ist, kann uns helfen.
Einen Ausweichplatz für diesen Betrieb zu finden erscheint schwierig, somit riskiert man den Verlust von Steuergeldern und setzt um die 30 Arbeitsplätze aufs Spiel.
Uns bleibt die Sorge um die Atemluft – was kann die Lebensqualität mehr verschlechtern?
Wie sehen Sie das Recht der Anwohner am Rande eines geplanten Neubaugebietes auf gesundheitsverträgliche Lebensbedingungen?
Wir Anwohner bitten dringend um Prüfung und Überarbeitung der Planung. Würden Sie uns unterstützen?
Mit freundlichen Grüßen
R. C.
Sehr geehrte Frau C.,
zunächst möchte ich mich für Ihren Beitrag bedanken. Wie Sie richtig anmerken, ist Hamburg eine wachsende Stadt und wir brauchen dringend neuen Wohnraum. Es darf aber nicht passieren, dass vor lauter Wohnungsbau nur noch die Quantität zählt und die Qualität aus dem Blick gerät. Deshalb setzten wir uns als CDU immer wieder für den Erhalt und die Schaffung hoher Lebens- und Wohnumfeldqualität vor Ort ein und haben diese Ziele auch in Barmbek-Nord entschlossen verfolgt. Aber auch Sie als Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt tragen durch Ihre Beteiligung und Ihre Einwendungen entscheidend zur Verbesserung von Planungen bei. Das Verfahren zum Bebauungsplanentwurf Barmbek-Nord 11 ist jedoch abgeschlossen, die Einwendungen – auch zur Luftqualität – wurden geprüft und abgewogen und sind in den Entwurf eingeflossen. Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord hat diesem im Januar 2015 zugestimmt. Das weitere Verfahren liegt in der Hoheit des Bezirks und darauf können wir bzw. die Bürgerschaft keinen Einfluss nehmen.
Zu einer hohen Lebensqualität gehört natürlich auch eine gute Luftqualität, weshalb ich Ihre Besorgnis sehr gut nachvollziehen kann. Laut den Ergebnissen des begleitenden Gutachtens zum Bebauungsplan Barmbek-Nord 11 besteht hierzu jedoch kein Grund. So geht aus dem Gutachten hervor, dass in dem Gebiet mit keinen Überschreitungen der Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) und die beiden Feinstaubfraktionen PM10 und PM2 zu rechnen ist. Die höchsten Immissionswerte – ich nehme an, dass Sie sich hierauf beziehen – treten aber vor den neu geplanten Gebäuden in der Steilshooper Straße auf. Diese bleiben allerdings mit bis zu 27 μg/m3 NO2 unter dem Jahresgrenzwert von 40 μg/m3 NO2 und sollten daher keine Gefahr für Ihre Gesundheit darstellen. Auch die Feinstaubwerte PM10 liegen unter 25 μg/m3 im Jahresmittel. Bei der Feinstaubfraktion PM2,5 werden ebenfalls nicht mehr als 16 μg/m3 im Jahresmittel angenommen. Der von Ihnen angesprochene Gebäuderiegel übernimmt zudem eine Lärmschutzfunktion für die dahinterliegenden Gebäude. Was das Autohaus betrifft, so soll dieses entsprechend verlagert werden, dass möglichst alle Arbeitsplätze erhalten bleiben. Auch für die Erhaltung der Kleingärten haben wir uns stets eingesetzt und uns gegen die zeitweise verfolgte Erhöhung der Wohneinheiten auf über die jetzigen 675 Wohnungen hinaus ausgesprochen.
Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass die von mir aufgeführten Immissionswerte nicht die Tatsache schmälern sollen, dass die SPD kürzlich die Quittung für ihr mangelndes Engagement bezüglich der Luftreinhaltung in Hamburg erhalten hat. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat den SPD-Senat am 6.11.2014 dazu aufgefordert, Anpassung am Luftreinhalteplan für Hamburg vorzunehmen. Bisher hatte die SPD keine ausreichenden Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die andauernde Überschreitung der von der EU 2010 rechtsverbindlich eingeführten Grenzwerte bei der Luftbelastung mit gesundheitsgefährdendem Stickstoffdioxid in den Griff zu bekommen. Mit der Einführung der P+R-Gebühren hat die SPD die Zahl der Autos auf Hamburgs Straßen noch einmal vergrößert und ist damit unmittelbar für die Verschlechterung der Luftqualität mitverantwortlich. Durch die fehlende Baustellenkoordination hat die SPD Hamburg in eine Stau-Stadt verwandelt. Staus produzieren aber gerade besonders viele umweltschädliche Abgase und sind daher schlecht für die Luftqualität in unserer Stadt. Wir haben deshalb mit einem Antrag den Senat aufgefordert, schneller aktiv zu werden und Potentiale für eine schnelle Reduzierung der Luftverschmutzung aufgezeigt. Der Antrag wurde von der SPD abgelehnt.
Ich hoffe, Ihre Bedenken in Bezug auf das neue Wohnquartier etwas gemildert zu haben und stehe Ihnen gerne weiterhin für Fragen und Anregungen zur Verfügung.
Dietrich Wersich