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Dietmar Nietan
SPD
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Frage von Christoph J. •

Frage an Dietmar Nietan von Christoph J. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Nietan,
so langsam kommen wir nun zu des Pudels Kern.
Wissen Sie, diese Sicherheitsüberprüfung schränkt mich ja nicht bei der Ausübung meines Hobbies ein (das tun eher die Sicherheitszonen wie zum Beispiel beim Weltjugendtag). Hier geht es um viel Grundsätzlicheres. Wir scheinen uns darin einig zu sein, dass das Risikopotential von Flugzeug und Auto vergleichbar ist.
Sie erwähnen zu Recht, dass sich ein Flugzeug nicht durch Verkehrskontrollen oder Straßensperren aufhalten lässt. Man müsste es schon abschießen. Deswegen sind Sie für die Überprüfung der Piloten und (momentan) gegen die der Autofahrer, weil die ja durch Straßensperren aufzuhalten sind. OK, gute Argumentation. Dann ist es vielleicht doch keine Wahltaktik. Nun, meinen Vorwurf, dass Sie trotzdem mit der Überprüfung der Piloten keinerlei zusätzliche Sicherheit schaffen, müssen Sie sich weiterhin gefallen lassen, weil dieser nicht aus Frust geboren ist, sondern durch sattsam bekannte Argumente zu belegen ist.
1.) Ausländer mit ausländischen Fluglizenzen dürfen ganz legal ohne Sicherheitsüberprüfung in Deutschland Flugzeuge fliegen.
2.) Wenn Sie jemandem aufgrund seiner Gesinnung die Pilotenlizenz abnehmen, kann dieser nach wie vor ein Flugzeug steuern und wird es auch, wenn er Böses vor hat. Wir Hobbypiloten müssen also ab sofort nicht nur Gebühren für eine sinnlose Maßnahme entrichten, mit der keinerlei tatsächliche Verbesserung der öffentlichen Sicherheit erreicht wird, sondern lediglich die "gefühlte" Sicherheit erhöht wird, wir müssen auch "die Hosen herunterlassen" und uns durchleuchten und auf unsere Gesinnung prüfen lassen und zustimmen, dass (in wahrscheinlich verfassungsrechtlich bedenklicher Art und Weise) Daten über uns erhoben und gespeichert und an wer weiß wen weitergegeben werden.
Und warum dann das Ganze, wenn es wirklich keine Wahltaktik ist?
Orwell läßt grüßen!
Die Versuchung der Politiker dürfte ziemlich groß sein, solche Maßnahmen nach und nach immer weiter auszuweiten. Erst die Piloten, dann die Sportschützen, danach die Lkw-Fahrer und zu guter Letzt alle. Denn je mehr man über jemanden weiß, desto besser läßt sich dieser beherrschen, das ist weiß Gott keine neue Erkenntnis. Unter dem Deckmäntelchen der Terrorbekämpfung lassen sich erstmals Orwellsche Albträume politisch durchsetzen! Wir Piloten haben wahrscheinlich nicht die Macht, es bereits im Anfangsstadium zu verhindern. Ich hoffe also weiterhin sehr, dass früher oder später die Bürger und Gerichte Ihrem Treiben ein Ende setzen werden!

Mit freundlichen Grüßen,
Christoph Jehnen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Jehnen,

zu Ihrer Befürchtung vom 23.8.05 möchte ich nur noch kurz folgende Information liefern, da aller guten Dinge drei sind:

Der von Ihnen geäußerten Befürchtung, dass Sicherheitsmaßnahmen automatisch immer weiter ausgeweitet werden könnten, ohne dass der mündige Bürger dagegen eine Handhabe hat, möchte ich klar widersprechen: Ich geben Ihnen vollkommen Recht, dass der Zugang zu amtlichen Informationen und die Transparenz behördlicher Entscheidungen wichtige Voraussetzungen für die Wahrnehmung von Bürgerrechten sind. Aus diesem Grund haben die Innen- und Medienpolitiker der SPD-Bundestagsfraktion haben zusammen mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes – Informationsfreiheitsgesetz (IFG) vorgelegt (BT-Drs. 15/4493), das am 1.1.2006 in Kraft treten wird. Mit diesem Gesetz nehmen wir endgültig Abschied von dem überkommenen Misstrauen des Staates und seiner Behörden gegenüber dem Bürger. Nicht das Amtsgeheimnis, sondern der freie Informationszugang für die Bürger soll in Zukunft die selbstverständliche Regel sein. Dieses Gesetz geht Hand in Hand mit den Bemühungen der Bundesregierung im Rahmen der eGovernment-Initiative BundOnline 2005 alle internetfähigen Dienstleistungen des Bundes bis Ende diesen Jahres online zur Verfügung zu stellen.

Ich kann Ihren Frust als Sportflieger über die Sie und Ihre Sport-Kameraden belastenden Neuregelungen im Zusammenhang mit der Gefahrenabwehr möglicher terroristischer Bedrohungen wirklich verstehen. Und ich habe in meinen beiden ersten Antworten an Sie auf www.kandidatenwatch.de angedeutet, dass man über die eine oder andere Maßnahme auch im Sinne der Verhältnismäßigkeit noch einmal nachdenken sollte. In diesem Sinne sollten wir unsere unterschiedlichen Auffassungen nicht unversöhnlich gegeneinander in Stellung bringen.

Vielleicht ist es für Sie ja wenigstens halbwegs versöhnlich, dass wir uns nun schon in der dritten Runde per Mail austauschen, während mein CDU-Kollege Thomas Rachel es bis heute (02.09.05) nicht für nötig befunden hat, überhaupt erst einaml auf Ihre erste Mail vom 10.08.05 zu antworten.

Mit freundlichen Grüßen
Dietmar Nietan, MdB

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