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Dietmar Nietan
SPD
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Frage von Roland S. •

Frage an Dietmar Nietan von Roland S. bezüglich Senioren

Sehr geehrter Parteivorstand der SPD Nietan,

es gibt eine Krise und Wahlthemen (Gesetzesvorschläge), die Ihrer Zielgruppe, der über 60-Jährigen [ http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bayern-wahl-spd-ist-nur-noch-eine-ue60-partei-a-1233320.html ] nicht gefällt.

Null-Promille-Grenze für E-Scooter Fahrer [ https://www.spiegel.de/auto/aktuell/e-scooter-lauterbach-fordert-null-promille-grenze-fuer-fahrer-a-1280827.html ] ist für Ihre Wähler völlig egal, die denken an Rollatoren. Warum kein Gesetz (Rechtsanspruch) auf Bewahrung der Mobilität bis ins hohe Alter?

Selbstständige sollen sich rentenversichern lassen [ https://www.sueddeutsche.de/news/leben/soziales-heil-will-selbststaendige-zu-altersvorsorge-verpflichten-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-190406-99-704951 ] . Ihre Zielgruppe hat mit Rentenzahlungen bereits abgeschlossen! Warum kein Gesetz zur Steigerung der Kaufkraft der ausgezahlten Renten?

"Es dürfte nur wenige Menschen geben, die ein Spenderorgan ablehnen, wenn sie selbst eines benötigen." [ https://www.welt.de/politik/deutschland/article195958259/Neue-Organspende-Regeln-Wie-weit-sollen-die-Aenderungen-gehen.html ] . Jeder Mensch hat alle seine Organe, von Geburt an, die von anderen Menschen werden abgestossen! Wähler reden darüber, wenn jemand bisher mit Dialyse gut gelebt hat, und nach der zweiten Transplantation verstirbt. Warum kein Gesetz (Rechtsanspruch) auf Therapien zur Organertüchtigung/-auffrischung?

Wähler wollen nicht im OP-Saal sterben. Eugen Brysch: "..fast alle wollen eigentlich durch eine Patientenverfügung ein natürliches Sterben einfordern und damit sind sie eigentlich ganz natürlich geboren gegen die Organspende.." [ https://www.deutschlandfunk.de/gesetzesentwuerfe-zu-organspende-patientenschuetzer.694.de.html ]
Warum kein Gesetz (Rechtsanspruch), dass jedermann - grundsätzlich - unversehrt in seinem Bett einschlafen darf?

Wäre es aus Ihrer Sicht hilfreich, wenn der Vorstand zurücktritt und der SPD einen Neuanfang ermöglicht

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,

für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an der Arbeit der SPD möchte ich mich bedanken.

Sicherlich bildet die Gruppe der über 60-Jährigen einen großen Anteil dem Menschen in unserem Land. Doch natürlich können wir uns nicht auf die Interessen allein dieser Altersgruppe beschränken. Wir haben uns immer als eine Partei verstanden, die Politik für alle Generationen machen möchte und diese miteinander verbindet. Dabei können wir doch nicht nur die Interessen der eigenen Wähler im Auge behalten. Alt und Jung dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir befassen uns mit Themen, die für ältere Menschen wichtig sind. Genauso gibt es wichtige Themen, für die sich jüngere Menschen mehr interessieren. Es wäre sträflich und kurzsichtig, nur eine Altersgruppe in der Gesellschaft in den Blick zu nehmen.

Ob der Vorschlag einer Null-Promille-Grenze für E-Scooter nun sinnvoll ist oder nicht, wichtige Regelungen oder Themen können von Seiten der Politik nicht erst dann diskutiert werden, wenn es auch eine Zielgruppe gibt, die sich dafür interessiert. Wenn wir in bestimmten Fällen notwendigen Handlungsbedarf sehen, dann werden wir auch dementsprechend handeln.

Sie haben Recht, wir müssen den ÖPNV auch auf dem Land stärker ausbauen und dafür sorgen, dass der barrierefreie Zugang zu Bus und Bahn gewährleistet ist. In vielen Städten ist der ÖPNV bereits sehr gut ausgebaut und ein barrierefreier Zugang an den meisten Bahnhöfen ermöglicht. Doch gerade in ländlichen Regionen gibt es hier noch großen Nachholbedarf. Dafür setzt sich die SPD ein.

In der Tat arbeitet Hubertus Heil an einem Gesetz, das Selbstständige verpflichten soll, sich rentenversichern zu lassen. Dies ist ein wichtiges Thema, denn häufig haben Selbstständige nicht ausreichend für das Alter vorgesorgt bzw. konnten nicht ausreichend vorsorgen. Nicht selten leiden sie dann später unter Altersarmut und sind am Ende auf eine Grundsicherung vom Staat angewiesen. Ich weiß nicht, was Sie sich unter einem „Gesetz zur Steigerung der Kaufkraft der ausgezahlten Renten“ vorstellen. Dank der SPD in der Bundesregierung wird derzeit aber die Grundrente debattiert. Alle, die mind. 35 Jahre lang hart, aber für wenig Geld gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt haben, sollen eine Rente bekommen, von der man gut leben kann. Eine Friseurin, welche 40 Jahre lang nur für den Mindestlohn gearbeitet hat, bekäme beispielsweise dann statt 513 Euro künftig 961 Euro. Das steigert natürlich auch die Kaufkraft der Rentnerinnen und Rentnern.

„Organertüchtigung“ oder „Organauffrischung“ sind mir keine im medizinischen Bereich bekannte Begriffe. Wenn ich Sie aber richtig verstanden habe, dann meinen Sie mit „Rechtsanspruch auf Organertüchtigung/-auffrischung“, dass jeder das Recht hätte, beispielsweise statt der Transplantation einer Spender-Niere, bis zum Lebensende zur Dialyse gehen zu dürfen. Kein Mensch kann und wird dazu gezwungen, sich bei einer entsprechenden Krankheit ein Organ transplantieren zu lassen. Sollte sich ein Patient gegen die Transplantation eines Organs entscheiden, vielleicht auch gegen eine aus medizinischer Sicht notwendigen Transplantation, dann werden andere Therapien, wie die Dialyse ja nicht einfach abgebrochen. Es ist zwar korrekt, dass Menschen, die ein Organ transplantiert bekommen haben, Medikamente einnehmen müssen, die dafür sorgen, dass das neue Organ nicht abgestoßen wird. Es ist aber nicht der Fall, dass der Körper transplantierte Organe immer abstößt. Fakt ist, dass es Krankheiten gibt, die nur durch eine Organtransplantation behandelt werden können. Es gibt derzeit fast 10.000 Menschen in Deutschland, die auf eine Organspende warten, weil sie ohne eine solche nicht überleben werden. Fakt ist auch, dass jedes Jahr mehr als 1000 Menschen sterben, weil es nicht genügend Spenderorgane gibt und sie ohne eine Transplantation nicht überleben können. Es ist also die Pflicht der Politik Regelungen zu finden, welche zu einer Erhöhung von Organspenderzahlen führen. Ich persönlich befürworte dabei die Zustimmungslösung, also die aktive Zustimmung, seine Organe spenden zu wollen.

Einen Rechtsanspruch darauf, grundsätzlich in seinem Bett versterben zu dürfen, halte ich für überflüssig. Die Patientenverfügung sollte hier nach wie vor die Grundlage bilden. In dieser kann man eine Wiederbelebung ebenso wie lebensverlängernde Maßnahmen ausschließen. Im Zweifel ist es besser, jemandem zu helfen, der keine medizinische Hilfe möchte, als jemandem nicht zu helfen, der sehr wohl medizinische Hilfe möchte. Insofern halte ich die derzeitige Regelung mit einer Patientenverfügung für eine gute Lösung. Wichtig ist aber, dass sich die Menschen früh genug mit der Thematik auseinandersetzen. Viele Menschen machen keine Patientenverfügung, weil sie sich unwohl mit dem Gedanken fühlen, sich mit ihrem eigenen Tod auseinanderzusetzen. An dieser Stelle müssen wir die Aufklärung intensivieren.

Zu Ihrer letzten Frage: Versuchen Sie sich einmal vorzustellen, wie Deutschland heute aussehen würde, wenn die SPD in den letzten 15 Jahren überhaupt nicht mitregiert hätte. Ich denke da zum Beispiel an den Mindestlohn, die Stabilisierung der Rente, die Abschaffung des Solis für 90 Prozent, die Erhöhung des BAföG, Kindergelderhöhung etc. und vielleicht bald auch die Grundrente.

Wir sind momentan im Prozess zur Wahl des neuen SPD-Parteivorsitzes. Wir verbinden personelle Erneuerung mit der inhaltlichen Profilschärfung und wählen in einem geordneten Verfahren einen neuen Vorsitz.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Position etwas näherbringen. Auch wenn ich in manchen Punkten eine unterschiedliche Meinung habe, bin ich für Ihre Anregungen sehr dankbar und wünsche Ihnen alles Gute!

Mit freundlichen Grüßen
Dietmar Nietan, MdB

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