Frage an Dietmar Nietan von Daniel M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Nietan,
Ihre Antwort zur "Autobahnprivatisierung" vom 2.6. stellt mich ganz und gar nicht zufrieden und ich erläutere Ihnen dies gern anhand eines Rechenbeispiels.
Sie feiern als Erfolg, dass ÖPP auf Einzelprojekte von max. 100km beschränkt sind. Sicher ist Ihnen auch bekannt, dass ein Autobahnkilometer in Deutschland nach Schätzungen zwischen 6 und 20 Millionen Euro kostet. Wenn wir als Mittelwert nur 10 Mio € und die Maximallänge von 100km annehmen, kommen wir trotzdem auf ein Investitionsvolumen von 1 Mrd. €, in die dann ein privater Geldgeber investieren kann und entsprechende Rendite erwartet. 100km hört sich klein an - der entsprechende Geldwert dagegen nicht mehr. Verschleierungstaktik?
Im Übrigen hat der Bundesrechnungshof bereits 2014 festgestellt, dass fünf von den bis dahin sechs realisierten Projekten teurer waren als bei einer konventionellen Finanzierung (siehe z.B. http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/oepp-privat-finanzierte-autobahnen-sind-teurer-als-staatlich-gebaute-a-974654.html ). Aus welchen Gründen favorisieren Sie also eine Lösung zum Nachteil der Steuerzahler, Ihrer Wähler?
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Minder
Sehr geehrter Herr Minder,
aus welchen Gründen gehen Sie davon aus, dass ich eine "Lösung zulasten der Steuerzahler" favorisiere? Meine Bundestagsfraktion und meine Partei haben die Eindämmung von ÖPP und Privatisierung durchgesetzt! Ich möchte eine Tatsache betonen, die von den Kritikern der "Autobahnprivatisierung" nur allzu gerne übersehen wird:
Nach alter Rechtslage war eine Privatisierung von Autobahnen einfachgesetzlich möglich! Erst durch die Grundgesetzänderung haben wir ÖPP eingeschränkt und schieben der Privatisierung einen Riegel vor! Ohne diese Neuregelung standen Tür und Tor für viel weitreichendere ÖPP und mögliche Privatisierungen offen - was CDU und CSU sehr gerne gesehen hätten! Wir haben nun also nicht etwas ins Grundgesetz hineingeschrieben, was es zuvor gar nicht gab, sondern haben im Gegenteil die bis dato geltenden einfachgesetzlichen Regelungen eingedämmt.
Noch einmal die wichtigsten Punkte, die nun festgeschrieben sind:
- Der Bund ist und bleibt 100 Prozent Eigentümer der Autobahnen
- Der Bund wird zu 100 Prozent Eigentümer der Infrastrukturgesellschaft - keine privaten Beteiligungen möglich
- Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte, zum Beispiel durch Teilnetz-Öffentlich-Private Partnerschaften, wird ausgeschlossen
- Die Gesellschaft wird nicht kreditfähig. Damit ist die Gefahr einer Aufnahme von privatem Kapital und die Beteiligung von Banken zu hohen Zinsen gebannt
- Eine Übertragung von Altschulden auf die Gesellschaft wird ausgeschlossen
- Das wirtschaftliche Eigentum an den Bundesautobahnen und Bundesstraßen geht nicht an die Gesellschaft über, sondern bleibt beim Bund
Ich bin im Gegensatz zu den Kolleginnen und Kollegen von schwarz-gelb fürwahr kein großer Fan von ÖPP. Sorgen Sie also am 24. September mit Ihrer Stimme für Mehrheiten, die Privatisierungen nicht ausweiten, sondern eindämmen wollen!
Mit freundlichen Grüßen
Dietmar Nietan, MdB