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Dietmar Nietan
SPD
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Frage von Dieter H. •

Frage an Dietmar Nietan von Dieter H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Herr Nietan,

halten sie als Demokkrat die Totalüberwachung der Menschen durch britische und amerikanische Geheimdienest für vertretbar? [ http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/spionageskandal-britischer-geheimdienst-sammelt-gewaltige-datenmengen-a-907260.html ]
Sollte auch Deutschland eine solche Totalüberwachung der Bürger voranteiben? Es kann einer marktkonforme Demokratie, wie sie von den “Volksparteien” gewünscht und unterstützt wird, doch sicher nur zum Vorteil sein die Elemente des Marktes bestens zu überwachen?

Mit freundlichem Gruß

Dieter Heinrichs

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Heinrichs,

Onlinedurchsuchung wie mit PRISM oder Tempora geht der SPD entschieden zu weit. Zwar sind viele Details noch nicht geklärt bzw. bekannt, doch das bislang bekannte Ausmaß der Überwachung ist immens. Eine Totalüberwachung darf es nicht geben, die Privatsphäre darf nicht Sicherheitsmaßnahmen zum Opfer fallen.

Wichtig ist es jetzt, die Bundesregierung in die Pflicht für den Schutz der Grundrechte der Bundesbürger zu nehmen. Die Bundesregierung ist zwar auf nachrichtendienstliche Kooperation mit anderen Staaten zwingend angewiesen. So wurden durch Hinweise aus den USA auch bereits Terroranschläge in Deutschland vereitelt (z.B. Sauerlandgruppe). Dennoch gilt: Der Zweck heiligt nicht alle Mittel.

Die Bundesregierung hat offen zu legen: Was wusste die sie? Was hat die Bundesregierung dagegen unternommen, was unternimmt sie? Wie viele Grundrechtsträger sind betroffen? Die Bundesregierung hat darauf zu drängen, die Daten deutscher Staatsbürger unverzüglich zu löschen. Auch die amerikanischen und britischen Unternehmen und ihre europäischen bzw. deutschen Niederlassungen müssen erklären, in welchem Umfang sie welchen Diensten den Zugang zu den Kommunikationsdaten und -inhalten ihrer Nutzer gewährt haben und ob und inwieweit sie deutsches oder europäisches Recht missachtet haben.

Auf europäischer Ebene muss ein wirksames europäisches Datenschutzrecht greifen, auch darum muss sich Kanzlerin Merkel beim Europäischen Rat bemühen. Im ursprünglichen Entwurf zur Datenschutz-Grundverordnung war eine sogenannte "Anti-FISA-Klausel" enthalten, die aber gestrichen wurde. Eine solche Regelung könnte einer solchen Überwachung deutscher und europäischer Bürger einen Riegel vorschieben. Die Bundesregierung muss sich auf europäischer Ebene für die Aufnahme einer entsprechenden Klausel in die Datenschutz-Grundverordnung einsetzen. Das gilt übrigens auch für eine dringend gebotene Überarbeitung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, um den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, von den Vorgaben der jetzigen Richtlinie abzuweichen und grundrechtsschonendere Maßnahmen vorzuziehen. Hier ist die schwarz-gelbe Bundesregierung jedoch vier Jahre lang untätig geblieben und die Koalition sichtbar zerstritten.

Selbstverständlich ist es auch Aufgabe der Geheimdienste, für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu sorgen. Dies muss jedoch in einem klar gesteckten gesetzlichen Rahmen geschehen und darf nicht zur Totalüberwachung geraten.

Mit freundlichen Grüßen
Dietmar Nietan, MdB

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