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Dietmar Nietan
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Frage von Anna C. •

Frage an Dietmar Nietan von Anna C. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Nietan,

ich habe eine ganz profane Frage, die für mich allerdings auf einem existenziellen Problem beruht. Es geht um die Benzinpreise. Ich weiß natürlich, daß Sie alleine keinen großen Einfuss auf die Problematik haben, dennoch beziehen auch Sie Ihr Einkommen aus den Steuergeldern und somit gehe ich davon aus, daß Sie diesbezüglich eine Meinung vertreten.

Gerade hier auf dem Land ist es unabdingbar, daß der Arbeitnehmer einen PK zur Verfügung hat, um den ständig steigenden Anforderungen an Flexibilität gewappnet zu sein. Auch Sie wissen sicherlich, daß gerade im hiesigen Umkreis die Gehälter nicht mit denen in Ballungsräumen oder dort, wo große Industrien angesiedelt sind, zu vergleichen sind. Ich selber muss täglich fast 60 km Fahrtstrecke zum Arbeitsplatz bewältigen, was bei einem Teilzeitjob mittlerweile fast ein Drittel des Verdienstes auffrisst. Wenn ich seitens der Volksvertreter Argumente höre, wie, man könne die Pendlerpauschale nicht erhöhen, weil dies wiederum die Zersiedelung fördern würde, fühle ich mich veralbert.

Ich habe seit langen Jahren hier mein Aus- und Einkommen. Was erwartet die Regierung von mir? Daß ich mein Eigentum unter Preis verkaufe, da sich ja zum regulären Wert derzeit kaum ein Käufer finden würde, um mich dann irgendwo in der Stadt einzumieten und so mein tägliches Brot weiterhin finanzieren zu können? Eventuell meine Versorgung aus dem Erlös selber gestalte?

Wo ist die Lobby für die Menschen, die seit Jahren verhindern, daß Dörfer und Vororte vergreisen, weil Arbeitnehmer es sich nicht mehr leisten können dort zu leben?

Auch wenn mir bewusst ist, daß Sie an der Situation nichts ändern können, würde mich doch Ihre Meinung dazu interessieren.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Cremer,

vielen Dank für Beschreibung Ihrer persönlichen Situation und die damit verbundene Bitte, Ihnen meine Meinung dazu mitzuteilen, was ich gerne mache.

Die überdurchschnittlichen finanziellen Belastungen durch die hohen Benzinpreise als Teilzeitbeschäftigte kann ich gut verstehen. Dennoch hielte ich es für falsch, die Pendlerpauschale zu erhöhen. Zum einen zahlen viele Beschäftigte mit einem geringen Einkommen keine Einkommenssteuer (immerhin rund 15 Millionen von 50 Millionen Einkommensbeziehern). Sie erhalten derzeit keine Steuererstattung und würden auch von einer erhöhten Entfernungspauschale dementsprechend nicht entlastet werden. Zum anderen würden die Mineralölkonzerne im Falle einer Erhöhung der Pendlerpauschale ihre Marktmacht wahrscheinlich dazu nutzen, diese bei den Spritkosten „einzupreisen“. Sprich: Es gibt kurzfristig eine Entlastung, die aber durch steigende Benzinpreise bald wieder „aufgefressen“ wird. Die Gewinne der Mineralölkonzerne steigen, die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand sinken mit all den Konsequenzen für Schulen, Straßen und soziale Sicherheit. Am Ende hätten die Bürgerinnen und Bürger durch diese Umverteilung hin zu den Mineralölkonzernen nichts gewonnen. Falls Sie meinen, dass meine oben genannten Befürchtungen überzogen sind, möchte ich nur an die Senkung der Mehrwertsteuer für Hotels durch CDU und FDP erinnern. Sind danach die Preise für Hotelgäste gesunken?

Statt einer Erhöhung der Pendlerpauschale halte ich es für wichtig, endlich eine Strategie gegen Machtmissbrauch und Wettbewerbsverstöße auf dem Benzinmarkt zu entwickeln, um zu starke Ausschläge nach oben bei den Benzinpreisen zu vermeiden. Bundesverkehrsminister Ramsauer hatte schon einige Modelle unter anderem eine Preisbremse angekündigt, umgesetzt wurde bisher leider jedoch nichts.

Aus Sicht der SPD ist es mindestens genau so wichtig, die Reallöhne der Beschäftigten in Deutschland zu erhöhen. Denn nur so können die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer letztlich die gestiegenen Lebenshaltungskosten ausgleichen. Deutschland, das hat sich in den letzten zwei Jahren gezeigt, ist deutlich besser durch die Krise gekommen, als viele unserer Nachbarn. Aber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben bislang zu wenig davon gehabt. In keinem anderen Industrieland haben sich die Löhne in den vergangenen Jahren so schlecht entwickelt. Bei den gut Ausgebildeten und sicher in Vollzeit Beschäftigten sind die Lohnzuwächse zwar nicht zuletzt dank starker Gewerkschaften ganz ordentlich. Aber das gilt noch lange nicht für alle.

Wie Sie sicher wissen, fordern wir als SPD deshalb einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro und gleichen Lohn für gleiche Arbeit, egal ob Leiharbeiter oder Stammbeschäftigter. Auch haben wir in einem Entwurf für ein Entgeltgleichheitsgesetz Vorschläge erarbeitet, damit Frauen und Männer in Deutschland endlich gleich bezahlt werden. Sollte die SPD nach der nächsten Bundestagswahl die Möglichkeit bekommen, diese Forderungen umzusetzen, würde dies sicherlich zu einer Verbesserung der Einkommenssituation vieler Beschäftigter führen.

Mit freundlichen Grüßen

Dietmar Nietan MdB

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