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Dietmar Bartsch
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Frage von Kirsten S. •

Frage an Dietmar Bartsch von Kirsten S. bezüglich Familie

Sehr geehrter Genosse Bartsch,

ich schätze sie sehr, ich arbeite als Tagespflegeperson in Dortmund und gehöre dort dem Kreisvorstand DIE LINKE.Dortmund an. Folgende Frage habe ich : Warum liegt, wenn ich nur für einen Träger, hier FABIDO, arbeite, eigentlich keine Scheinselbständigkeit vor ? Und warum muß ich als Selbständige Tagesmutter in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen ? Habe jetzt von meinem Träger die Aufforderung bekommen, meine private Rentenversicherung, die sie einem ja vorher empfohlen haben !, sofort zu kündigen, da ich demnächst nur den hälftigen Anteil zur gesetzlichen RV bezuschusst bekomme. Super, ne, werd ich dann wohl schnell machen, aber wer bezahlt mir die nicht unerheblichen Verluste, die ich mache, wenn ich jetzt kündige ? Vielleicht Peer Steinbrück, der sich ausgedacht hat, dass man die öffentlichen Tagesmütter besteuern muß, weil die ja so unverschämt viel verdient haben. Oder Ursula... DANKE Ursula von der Leyen, dass du den Ausbau der Krippenplätze in die Wege geleitet hast. Aber eben nur in die Wege geleitet ohne richtig nachzudenken, welche Konsequenzen uns Tagesmüttern jetzt ins Haus stehen. Bitte verzeihen sie mir meinen Zynismus.

mit solidarischen Grüßen

Kirsten Senkel-Meier

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Senkel-Meier, liebe Kirsten,

vielen Dank für Deine Anfrage.

Bei der Änderung der gesetzlichen Bestimmungen wird von der Voraussetzung ausgegangen, daß Tagesmütter vom Jugendamt (oder Träger über das Jugendamt) bezahlt werden.

Wenn Du nur für einen Träger als Tagesmutter arbeitest und wenn Du von diesem Träger auch die zu betreuenden Kinder zugewiesen bekommst, wenn Du von dem Träger vergütet wirst, in der Arbeitsorganisation des Trägers fest eingebunden bist und den Weisungen des Trägers unterliegst, bist Du scheinselbständig tätig.
Dieses Merkmal der Scheinselbständigkeit gilt insbesondere dann, wenn die Betroffene kein eigenes unternehmerisches Handeln aufweist.

Um ganz sicher zu gehen, empfehle ich, den arbeitsrechtlichen Status in einem Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung feststellen zu lassen.

Kommt die DRV zu dem Schluss, dass Scheinselbstständigkeit vorliegt, gibt es die Möglichkeit, das Auftragsverhältnis in eine wirkliche selbstständige Tätigkeit umwandeln zu lassen. Alternativ dazu kann man die Scheinselbstständigkeit akzeptieren.
Dann wird man hinsichtlich der Sozialversicherung wie ein Arbeitnehmer behandelt. Arbeitnehmer und Auftraggeber müssen paritätisch in die Kassen einzahlen. Steuer- und arbeitsrechtlich bleibst Du dann selbstständig.
Schließlich besteht auch die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis in ein reguläres abhängiges Beschäftigungsverhältnis umzuwandeln.

Diese Variante lässt sich evtl. nur dadurch realisieren, dass der Träger auf die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses bei dem zuständigen Arbeitsgericht verklagt wird. Der Träger ist dann, im Falle einer erfolgreichen Klage seit festgestelltem Beginn des Arbeitsverhältnisses zur Abführung der Sozialabgaben (KV, PflV, RV, ALV) verpflichtet. Der Träger wird dann aber auch Dich anteilig zur Abführung der Abgaben in Anspruch nehmen.

Was die Rentenversicherung betrifft, ist die Situation wie folgt:
Die Neuregelung besagt, daß Tagesmütter und –väter, die vom Jugendamt bezahlt werden, seit dem 01.01.2009 auch diese Tagespflegesätze als Einnahmen zu versteuern haben. In der gesetzlichen Rentenversicherung bist Du versicherungspflichtig, wenn die steuerpflichtigen Einnahmen mehr als 400 € monatlich betragen.

Bislang waren nur Einnahmen aus einer privaten Betreuung steuer- und abgabepflichtig. Mit der Rechtsänderung sind jetzt alle Tagesmütter gleichgestellt.
Von den Gesamteinnahmen dürfen zunächst alle Betriebskosten abgezogen werden.

Die berücksichtigungsfähige Betriebskostenpauschale wurde dabei ebenfalls zum 01.01.2009 auf 300€/Kind/Monat angehoben. Sie gilt allerdings nur, wenn das Kind 8 Stunden und länger am Tag betreut wird.

Ich empfehle, sich hier nicht auf die Information des Trägers zu verlassen, sondern sich bei einer Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund eine kompetente Beratung zu holen.

Der Arbeitgeber kann Dich nicht zu einer Kündigung Deiner bestehenden privaten Rentenversicherung „auffordern“. Die Entscheidung liegt ausschließlich bei Dir.
Allerdings wird evtl. eine Beitragszahlung bei den gesetzlichen Sozialversicherungen und eine zusätzliche private Rentenversicherung (insbes. wenn diese die Rentenversicherung ersetzen sollte) zu teuer werden.
Die Kündigung der privaten Rentenversicherung kann sich in der Tat als eine kostspielige Angelegenheit erweisen. Ich rate, sich ausführlich und schriftlich von einer unabhängigen Institution über ein beitragsloses Ruhen des Vertrages beraten zu lassen.

Freundliche Grüße

Dr. Dietmar Bartsch,MdB

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