Frage an Dietmar Bartsch von Volkmar S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Genosse Dr. Bartsch,
ich wende mich als Genosse an Dich um mir oder eigentlich meinen Kollegen in meinem Betrieb Rat und Unterstützung zu erbitten.
Ich arbeite in einem vergleichsweise großem Betrieb hier in Hagenow, der sich erst kürzlich ein sehr großes Maschinenhaus gebaut hat. Die Investition soll rund Fünfzigmillionen Euro gekostet haben !
Diese Investition wurde nach meinem Wissen auch durch nicht unerhebliche Fördermittel und Bürgschaften des Landes Meck.-Vorpommern ermöglicht.
Meine Frage ist nun folgende: Sind diese Bürgschaften und Kredite bei ihrer Vergabe an gewisse moralisch und tarifliche Normen gebunden worden ?
Wurde bei der Vergabe darauf Wert gelegt, dass dieses Unternehmen alle Entgelttarifverpflichtungen und moralischen Normen unserer BRD erfüllt ?
Leider weiß ich seit kurzem, dass in unserem Betrieb der Entgelttarifvertrag teilweise nicht eingehalten wird. Es werden einige Kollegen um bis zu drei Lohngruppen unter dem gültigem Tarif entlohnt. Da diese Kollegen aus nicht unbegründeter Angst vor Repressialien und Kündigung, nicht arbeitsrechtlich dagegen reagieren, wird sich an dem Umstand also auch nichts ändern ! Unsere Gewerkschaft sagt mir das leider auch so.
Genosse Dr. Bartsch, siehst Du oder ein anderer Genosse da eine Möglichkeit meinen Kollegen zu ihrem Recht zu verhelfen und diesen unhaltbaren Zustand zu beenden? Können wir als Partei, und damit meine ich unsere Fraktion, helfend mitwirken den allgemeinen Rechtsstand der BRD durchzusetzen ?
In guter Hoffnung verbleibe ich, auf Dich und unsere Genossen bauend, mit dem alten Gewerkschaftsspruch ,,wer kämpft kann verlieren , wer nicht kämpft hat schon verloren " !
Mit freundlichem Gruss
Volkmar Sauerzapf
Lieber Genosse Sauerzapf,
die von Dir geschilderte Verfahrensweise ist in unserer Gesellschaft leider keine Einzelerscheinung. Aus diesem Grund danke ich Dir für Deine umfangreichen Informationen und die Darstellung der Hintergründe. Es ist für uns immer wichtig, die Informationen direkt aus der Praxis zu erhalten und ich habe diese auch an die Arbeitsmarktpolitiker unserer Fraktion weiter gereicht.
Dessen ungeachtet empfehle ich Dir hinsichtlich der eigenen Betroffenheit, Dich mit Unterstützung der NGG bzw. des DGB Rechtsschutz gegen die Abmahnung zu wehren. In diesem Fall ist es sicherlich erforderlich, daß Du demonstrierst, daß Du Dich gegen eine ungerechte Behandlung zur Wehr setzt.
Hinsichtlich der Eingruppierung Deiner Kollegen ist auch an dieser Stelle Geschlossenheit gefragt. Der Tarifpartner des Arbeitgebers ist die NGG und nur wenn diese gestärkt ist und sich darauf verlassen kann, daß sie tatsächlich die Interessen der ArbeitnehmerInnen vertritt, kann sie erfolgreich verhandeln.
Zur Vorbereitung der Tarifverhandlungen wäre es sicherlich hilfreich, wenn der Betriebsrat Einsicht in die Gehaltslisten nimmt und damit die Tarifkommission über die tatsächlichen Entlohnungen informieren kann. Dies setzt natürlich voraus, daß ein Mitglied des Betriebsrates überhaupt Mitglied der Tarifkommission ist.
Mit einem Hinweis auf die korrekte Eingruppierung bzw. dem Nachweis der derzeitigen Eingruppierung vorhandener Tätigkeiten und einer entsprechenden Bewertung kann aber in der Regel nur auf künftige Eingruppierungen Einfluß genommen werden. Und dies gilt, und zwar ausdrücklich entsprechend dem vorgelegten Tarifvertrag für Mitglieder der Gewerkschaft.
Es liegt im Interesse der Arbeitnehmer, Mitglied der Interessenvertretung zu werden, denn damit entsteht ein Rechtsanspruch auf die Entlohnung entsprechend dem Tarifvertrag und dies unabhängig davon, ob zuvor individuell im Arbeitsvertrag eine niedrigere Entlohnung vereinbart wurde. Deshalb ist in der Regel auch jeder Arbeitgeber gut beraten, nicht unter Tarif zu bezahlen, da er nicht wissen kann, ob nicht durch die Tarifbindung eine höhere Forderung auf ihn zukommt.
An dieser Stelle sind die Gesetze in der Bundesrepublik klar, es liegt nun an jedem Einzelnen sein Recht einzufordern und darin können wir ihn nur bestärken.
Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch, MdB