Frage an Dietmar Bartsch von Rafael K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Bartsch,
die LINKE fordert zur Finanzierung des Haushaltes u. A. die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf über 50%.
Mich würde in diesem Zusammenhang interessieren, ob bei der von der LINKEN geforderten Anhebung des Spitzensteuersatzes auf über 50%, der Progressionsverlauf ebenfalls verändert werden soll.
Die Beibehaltung des aktuellen Verlaufs (aktuell Spitzensteuersatz von 42% ab ca. 52.000 € Jahreseinkommen) hätte insbesondere eine stärkere Belastung der mittleren Einkommen zur Folge.
Des weiteren würde es mich auch interessieren wie dabei der Grundfreibetrag und der Eingangssteuersatz gestaltet werden soll.
Über eine Stellungnahme würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüssen
Rafael Kuzlik
Sehr geehrter Herr Kuzlik,
vielen Dank für Ihr Interesse an den politischen Forderungen und Konzepten der Fraktion DIE LINKE.
Die Bundesregierung bemüht sich, die Haushaltssanierung auf ihre Erfolgsbilanz zu schreiben. Was sie bei der Debatte um den Haushalt wohlwissentlich unterschlägt, ist die Tatsache, dass die Erfolge bei der Haushaltssanierung in erheblichem Umfang durch Geringverdiener, Rentnerinnen und Rentner und sozial Schwächere finanziert wurden.
Der Bruch von Wahlversprechen, die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 %, die als gesetzwidrig vom BVG deklarierte Kürzung der Pendlerpauschale, die faktische Kürzung der Renten, die Kürzung der Kindergeldzahlungen und die Halbierung der Sparerfreibeträge sind die "Instrumente", mit denen die Haushaltssanierung erreicht wurde. Im gleichen Atemzug vollzog die Bundesregierung eine steuerliche Besserstellung der Besserverdienenden, der Reichen und Superreichen in bis dato ungekanntem Ausmaß.
Im Antrag "Einkommenssteuertarif gerecht gestalten - Steuerentlastung für geringe und mittlere Einkommen umsetzen" vom 9.5.08 (Drs. 16/5277) hatte meine Fraktion vier Forderungen erhoben:
§ Einkommen bis 8.000 Euro sollen als steuerfreies Existenzminimum anerkannt und nicht besteuert werden
§ der Eingangssteuersatz soll 15 Prozent betragen
§ der Spitzensteuersatz für zu versteuernde Einkommen ab 60.000 Euro soll auf 50 Prozent angehoben werden und
§ der Steuertarifverlauf soll durchgehend linear progressiv sein.
Im September dieses Jahres wurde unser Antrag "Heimliche Steuererhöhungen vermeiden - Inflation im Steuerrecht berücksichtigen" mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.
Der zuständige Bundestagsauschuss empfiehlt mit Mehrheit auch, unseren Antrag, die sog. Reichensteuer differenziert zu erhöhen, abzulehnen. Wir fordern (Drs. 16/7743) ab einem zu versteuerndem Einkommen von 250.000 Euro den Steuersatz auf 50 % , ab einem zu versteuernden Einkommen von 500.000 Euro auf 55 %, bei mehr als 1 Million auf 60 % und ab 2 Millionen Euro auf 65 % anzuheben. Mit den so einnehmbaren Steuern - die keinen der Betroffenen arm machen würden - könnte der Staat wirklich eine Politik steuern, wie wir sie für nötig halten.
Unsere Forderungen haben wir lange vor der nun eingetretenen Krise erhoben. Die aktuellen parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag führten zu dem Ergebnis, dass unsere Anträge abgelehnt wurden.
Jetzt kommen Regierungsvertreter immer öfter mit "ihren" Vorschlägen zur Überwindung der Krise und greifen dabei auf zuvor immer wieder von ihnen abgelehnte Vorschläge der LINKEN zurück.
Das macht unsere Vorschläge nicht schlechter. Wir lassen es aber den politisch Verantwortlichen der Krise nicht durchgehen, wenn sie versuchen, ihre Verantwortung für die eingetretene Situation zu vertuschen. Und wir werden weiter eigene Vorschläge und Konzepte entwickeln und um parlamentarische Mehrheiten auch im Deutschen Bundestag kämpfen.
Freundliche Grüße
Dr.Dietmar Bartsch, MdB