Frage an Dietmar Bartsch von Susanne B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Bartsch,
mit neuen Gesetzen wollen Politiker mehr Organspender. Die potentiellen Spender sollen umfassend über die Organentnahme informiert werden. Wenn Sie unter http://www.faz.net/aktuell/politik/organspende-das-war-ein-katastrophaler-ausbau-von-ersatzteilen-12536010.html einen Erfahrungsbericht lesen, einer bei einer Organentnahme beteiligten Ärztin, werden Sie wahrscheinlich zu der in Kurzfassung wiedergebenen Einschätzung kommen:
"....Sie hatte einen Motorradunfall gehabt. Wahrscheinlich ist sie mit dem Kopf aufgeschlagen, so wurde eine Hirnblutung ausgelöst....die Leute, die kriegten erst mal gesagt: „Ihre Tochter ist hirntot...Der Oberarzt hat dann gesagt: „Ihrer Tochter nützen die Organe nichts mehr. Jemand anders kann mit den Organen aber weiterleben.... Wenn die Klinikangestellten in den Techniken der Gesprächsführung bewandert sind, dann kriegen sie jemand Unsicheren auch dazu, zuzustimmen...Sie müssen sich vorstellen: Sie haben da einen OP-Tisch mit einem Körper, der ist vom Hals bis knapp über dem Schambereich völlig geöffnet, ...Und dieser ausgeweidete Körper. Das hat mich sehr schockiert.
..Wenn einer der Angehörigen jemals so eine Explantation sehen würde und würde darüber sprechen oder es würde im Fernsehen gezeigt, dann gäbe es keine Einwilligungen mehr zur Organentnahme.
..Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand möchte, dass das mit seinem Körper passiert.
..ich habe beschlossen, dass ich kein Organspender sein möchte. Und konsequenterweise möchte ich auch keine Organe bekommen....".
Fragen:
Wenn Sie die potentiellen Spender über den Spendevorgang umfassend informieren, werden Sie keine freiwilligen Spender mehr haben. Wieso wollen Politiker ein Gesetz, dass dem in Ihrem Antrag formulierten Ziel offensichtlich zuwider läuft?
Werden Sie per Gesetz und Zwangsmaßnahmen, jeden zur Organ- und Gewebeentnahme heranziehen?
Mit freundlichen Grüssen
S. B.
Sehr geehrte Frau B.,
ich kann Ihre Bedenken nachvollziehen. Fragen um das Lebensende und um Organspenden sind ethisch immer sensibel und werden häufig sehr emotional diskutiert. Insbesondere zur Frage, ob zuvor eine ausdrückliche Zustimmung zur Organspende gegeben werden muss, gibt es auch in der Fraktion DIE LINKE eine Diskussion und unterschiedliche Positionen.
Wir sind uns allerdings darüber einig, dass Organspenden gefördert werden und mehr Menschen ein lebensrettendes Organ erhalten sollten. Die Organspendezahlen in Deutschland sind im internationalen Vergleich nach wie vor enttäuschend. Wir wissen, dass es vor allem Fragen der Organisation und der Anreize für Kliniken sind, die darüber entscheiden, ob Organtransplantationen stattfinden. Das Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende greift viele unserer Kritikpunkte auf und hat die Zustimmung aller Fraktionen außer der AfD gefunden. Wir sind zuversichtlich, dass damit künftig mehr schwerkranke Menschen ein neues Organ und damit eine neue Chance erhalten können.
Ein großes Problem besteht momentan darin, dass Menschen, die für eine Organspende infrage kommen und die erklärte Organspender sind, in den Kliniken als solche erkannt werden. Dafür wurden nun die Kompetenzen der Transplantationsbeauftragten erweitert. Dies ist aus meiner Sicht vollkommen richtig.
Menschen mit Zwangsmaßnahmen zur Organspende heranzuziehen, lehne ich aber ab.
Freundliche Grüße,
Dr. Dietmar Bartsch