Frage an Dietmar Bartsch von Peter K. bezüglich Wirtschaft
Lieber Herr Bartsch!
Der jetzt von der Bundesregierung bereitgestellte Leseraum im Wirtschaftsministerium ist bekanntlich für Abgeordnete nur mit unzumutbaren Einschränkungen zu nutzen. Ihre übliche Arbeit geschieht sicherlich uneingeschränkt und ohne Überwachung.
Deshalb wäre es notwendig ,dass Ihre Fraktion geschlossen gegenüber dem Bundestagspräsidenten erklärt, den Zugang zu boykottieren,bis ein zeitlich unbegrenzter Zugang ohne Überwachung für die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter sichergestellt ist. Falls die Arbeitsbedingungen so bleiben,müsste die Fraktion unabhängig vom Inhalt die Abkommen CETA und TTIP ablehnen.
Welche Position werden Sie einnehmen ?
Viele Grüße
Peter Kasten
Sehr geehrter Herr Kasten,
in Bezug auf TTIP, das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, wird Geheimniskrämerei groß geschrieben. Viel zulange schon wurde den Bürger/innen der Europäischen Union sowie den gewählten Vertreter/innen der Zugang zu den Protokollen der Verhandlungen, den Zusatzvereinbarungen und Zielvorgaben verwehrt. DIE LINKE kämpft seit langem für einen transparenten Umgang mit Freihandelsabkommen allgemein und folglich im speziellen im Falle von TTIP.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der für TTIP wirbt, hat nun seit Anfang Februar in seinem Ministerium einen so genannten Leseraum eingerichtet. Abgeordnete des Bundestages können jeweils zwei Stunden lang Einblick in die Dokumente nehmen, über die bereits Einigkeit zwischen den Unterhändlern besteht.
Nach einem langen und zähen Ringen mit der Bundesregierung dürfen nun wenigstens die Abgeordneten den Text lesen - auch wenn zwei Stunden niemals ausreichen werden. Abgeordnete dürfen jedoch weder sicherheitsüberprüfte Fachreferent/innen mit in den Leseraum nehmen, geschweige denn Bürgerinnen und Bürger über das in Erfahrung Gebrachte unterrichten. Notizen sind nicht vorgesehen und Übersetzungen des Vertragstextes stehen ebenfalls nicht in einem ausreichenden Maße zur Verfügung. Transparenz sieht anders aus! Damit wird das Prinzip der parlamentarischen Kontrolle - wie so oft unter der Großen Koalition - ad absurdum geführt.
DIE LINKE im Bundestag hat in der Vergangenheit vehement für einen transparenten Umgang mit den Verhandlungen zu TTIP gekämpft und wird davon auch in Zukunft nicht ablassen. Wir haben auch gegenüber dem Bundestagspräsidenten, Prof. Dr. Norbert Lammert, in Bezug auf das gewählte Verfahren der Einsichtnahme massiv interveniert. Bislang leider ohne nennenswerte Verbesserungen erreichen zu können. Doch damit werden wir uns nicht zufrieden geben. Aktuell nehmen Mitglieder der Linksfraktion die gegebenen Möglichkeiten der Einsichtnahme wahr und versuchen sich einen Überblick zu verschaffen. Mehr ist unter diesen Bedingungen nicht möglich und von Regierungsseite augenscheinlich auch nicht gewollt.
Alle bisherigen Erfahrungen zeigen deutlich, dass der Umgang der Bundesregierung mit TTIP keinen demokratischen Grundsätzen folgt. Wir werden vor diesem Hintergrund weiter gegen das Verfahren und auch gegen das geplante Freihandelsabkommen insgesamt mobil machen und protestieren. Neben grundsätzlichen Vorbehalten ist für uns auch das angewandte Verfahren Grund genug, um TTIP abzulehnen und für einen völlig neuen politischen Ansatz zu streiten. Dafür benötigen wir als Oppositionskraft im Bundestag aber auch den Druck aus der Bevölkerung, aus den Initiativen, Vereinen und Verbänden. Nur gemeinsam kann es gelingen, für wirkliche Transparenz und eine fundierte politische Debatte in diesem Zusammenhang zu sorgen. Deshalb wird DIE LINKE weiterhin den Kontakt zu außerparlamentarischen Kräften suchen und mit diesen gemeinsam Gegenpositionen entwickeln.
Alle bisherigen Aktivitäten und Positionen haben wir auf der Internetseite der Bundestagsfraktion zusammengetragen (http://linksfraktion.de/ttip-stoppen/).
Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch