Frage an Dietmar Bartsch von Dagmar K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Dr. Bartsch,
die neue Energiepolitik der Regierung soll die Wende hin zu den "Erneuerbaren" bringen.
Wie sehen Sie in den aktuellen Regierungsbeschlüssen den Umstand berücksichtigt, dass eine effiziente Stromversorgung aus erneuerbaren Energien auch eine Aufwertung und Förderung dezentraler Erzeugungskapazitäten in großem Stil (durch Stadtwerke o.ä.) erforderlich macht?
Ist denn damit zu rechnen, dass die 5 großen Player von ihrem Stromerzeugungskuchen etwas an viele kleine Einheiten abgeben (werden), so dass weniger neue Netze von der Küste bis in die Alpen für die geplanten Großprojekte aufzubauen sind?
Wer sollte diesen anspruchsvollen Erzeugermix verbraucherfreundlich (für Industrie + Haushalte) im Netz managen und technisch organisieren?
Mit freundlichen Grüßen verbleibt
Dagmar Kobler
Sehr geehrte Frau Kobler,
vielen Dank für Ihre Email. Letzte Woche Donnerstag ging das "Energie"-Gesetzespaket durch den Bundestag. Und um es gleich vorab zu sagen: eine Beschleunigung der Energiewende hin zu dezentralen erneuerbaren Energien werden die Gesetze nicht bewirken.
Zu Ihren ersten beiden Fragen: Der Einstieg in eine andere Energiepolitik müsste sich unseres Erachtens, wie auch Ihre Fragen nahelegen, konsequent am Ziel einer erneuerbaren, aber auch vorrangig dezentralen und demokratisierten Stromversorgung orientieren. Dies würde auch den erforderlichen Ausbau der Übertragungsnetze minimieren. Die letzte Woche beschlossenen Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) führen in die entgegengesetzte Richtung. Kapitalintensive Anlagentypen wie offshore-Windparks und große Biogasanlagen werden besser gestellt, Windenergie an Land als die - von Wasserkraft abgesehen - mit Abstand kostengünstigste erneuerbare Energie schlechter gestellt. Schon in den vergangenen zwölf Monaten wurde der Einspeisetarif für Photovoltaikstrom so drastisch gekürzt, dass der Zubau an Solaranlagen im ersten Halbjahr 2011 eingebrochen ist. Die EEG-Novelle spielt damit den großen Energieversorgern in die Hände und geht zu Lasten mittelständischer, dezentraler Strukturen.
Unsere Gegenvorschläge haben wir in die Ausschussberatungen und die Debatte im Bundestag in Form eines Entschließungsantrags eingebracht. Bei Interesse finden Sie diesen online unter: http://dokumente.linksfraktion.de/drucksachen/22742_1706369.pdf
Was Ihre letzte Frage betrifft:
Wir fordern die Überführung der Stromnetze in die öffentliche Hand. Neben dem Aufbau von Stromspeichern kann der Netzumbau zu einem Flaschenhals für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien werden. Planung und Durchführung des Netzumbaus dürfen daher nicht in den Händen unterschiedlicher privater Unternehmen mit jeweils ganz eigenen Interessen liegen.
Weitere Informationen zu unseren energiepolitischen Vorstellungen finden Sie unter www.nachhaltig-links.de.
Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch