Frage an Dieter Stier von Patrick K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr gehrte Hr.Stier,
ich bin maßlos entäuscht über die Bildungspolitik der Bundesregierung. Zuerst ruft Fr. Merkel die "Bildungsrepublik" aus und verkündet lauthals die doch hohe Priorität, welche die Bildung in Deutschland einnimmt. Sie verspricht Förderung der Bildung und lässt sich dafür in den Medien feiern. Teile dieses "Packetes" waren u.a. Erhöhung des Bafög, Ausbau der Stipendien und Verlängerung des Bafög auf 35 Jahre.
Nun wurde zuerst die Bafögerhöhung gestrichen und im Nachgang jetzt auch
der Ausbau des Stipendienprogrammes, welches, nebenbei gesagt, als Begründung
für die Einführung der Studiengebühren herhalten musste.
IST DAS IHRE BILDUNGSPOLITIK???
Können Sie so etwas vor Ihren Wählern im Wahlkreis ruhigen Gewissens verantworten?
Da pumpen Sie Milliarden in Banken, Rettungsfonds und Atomindustrie und bei dem
einzigen wirklichen Rohstoff den Deutschland besitzt, der BILDUNG, fallen Sie dem Volk so in den Rücken?
Ich bin mehr als enttäuscht von Ihrer Partei, die auch Sie mit zu Verantworten haben.
Sie sind absolut Unglaubhaft geworden. Für wie dumm halten Sie die Menschen eigentlich?
Ich mache mir sehr große Sorgen um unsere Zukunft, wenn solche Menschen, wie die
jetzige Bundesregierung, am Hebel sind, die das eine sagen, dann aber etwas ganz anderes
hintenherum machen.
Wie gehen Sie als Abgeordneter meines Wahlkreises damit um?
Patrick Krause
Sehr geehrter Herr Krause,
für Ihre Auseinandersetzung mit den aktuellen politischen Themen und meiner Arbeit danke ich Ihnen.
Ihre Anregungen und Anfragen betreffen das Bildungssystem unseres Landes, welches im föderativen System der Bundesrepublik auf den Akteuren und Entscheidungen der Länder baut. Die Erhebung von Studiengebühren ist eine, von der Bundespolitik losgelöste Entscheidung der jeweiligen Landtage. Die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung unterliegt indes gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 GG der konkurrierenden Gesetzgebung.
Es ist auch die von der CDU geführte Landesregierung Sachsen-Anhalts, welche in ihrer Koalition mit der FDP (2002 bis 2006) und in der aktuellen Konstellation mit der SPD keine Einführung von allgemeinen Studiengebühren beschloss. Dies beruht auf der festen Überzeugung der Wichtigkeit des ungehinderten Zugangs zu weiterführenden Bildung und der gesteigerten Attraktivität unseres Landes als Studienort; eine Einstellung, die ebenfalls von der CDU in Sachsen und Thüringen geteilt wird.
Die Wichtigkeit des „Rohstoffes“ Bildung erkenne ich ebenso wie Sie. Das ist auch keine Frage der Parteizugehörigkeit. Ohne „ihn“ importieren zu müssen, ist Bildung einer der wenigen Rohstoffe, über den Deutschland selbst verfügt. Nur muss er, „gefördert“ werden. Auch darin stimme ich – uneingeschränkt – überein. Jedoch darf ich entschieden wiedersprechen, dass die Unterstützung der deutschen Wirtschaft und somit mittelbar des gesellschaftlichen Systems in unserem Land nebensächlich ist. Die Wirtschaft ist eben auch Stabilisator der Bildung, wenn sie in Ausbildungsplätzen unsere Jugend anlernt und bildet. Dass Wirtschaftshilfe auch Bildungshilfe ist, sage ich dabei keinesfalls.
In der verantwortungsvollen Nachbereitung der Finanz- und Wirtschaftskrise, ist es unerlässlich, dass Sparmaßnahmen greifen und der Haushalt konsolidiert wird. Es entspricht nicht den Gegebenheiten, dass die Ausbildungsförderung nach dem BAföG gekürzt wird. Richtig ist, so haben Sie es auch dargestellt, dass es zunächst zu keiner – Erhöhung – kommen wird. Dies ist auf die Bemühungen der Haushaltskonsolidierung zurückzuführen, die eine deutschlandweite Notwendigkeit ist. Hier greifen Länder und Bundesinteressen zusammen. In diesem Fall ist es aber das Handeln der Länder, welche an der Gesetzgebung über den Bundesrat beteiligt sind. Die Mehrausgaben sollten sich nach dem Entwurf Bund und Länder teilen. Dies wird von den Ländern abgelehnt.
Auf Bundesebene ist das Bildungsressort das einzige Ministerium, welches nicht dem Sparprimat der Regierung unterliegt. Dies wurde von Frau Bundeskanzlerin Merkel (CDU) entschieden.
Die von Ihnen angesprochenen Entwürfe – Bafög und Stipendienprogramm – wurden neben der Konsolidierung der Haushalte der Länder auch aus weiteren Gründen zunächst abgelehnt und ein Vermittlungsausschuss einberufen. Das Stipendienprogramm soll ca. zehn Prozent der leistungsstarken Studenten mit monatlich 300 Euro unterstützen. Dies geschieht unabhängig vom elterlichen Einkommen. Die Hälfte dieser Summe soll aus Mitteln der Wirtschaft gestellt werden (jährlich 150 Millionen Euro). Das hat zur Folge, dass nur Gelder gezahlt werden, wenn die Universitäten gleichzeitig erfolgreich private Gelder einwerben.
Aus diesem Ansatz darf ich nur auf wenige Ansätze verschiedener Länder aufmerksam machen. Einige ostdeutsche Bundesländer befürchten, diese Gelder der Wirtschaft nicht im gleichen Maße einwerben zu könne, wie es Hochschulen in wirtschaftsstärkeren Regionen vermögen würden. Ein Standortnachteil wäre somit nur eine Folge, auch für die Region Mitteldeutschland. Bildungspolitiker befürchten zudem, dass nicht ausgewogen gefördert würde. Die Gefahr einer zurückhaltenden Förderung von wirtschaftsferneren Fächern ist denkbar. Zudem gibt es Einsprüche von Seiten der SPD, die eine vom elterlichen Einkommen losgelöste Begabtenförderung nicht gutheißt.
Sehr geehrter Herr Krause, ich darf an dieser Stelle enden. Mit diesen Zeilen wollte ich Ihnen aufzeigen, dass dieser Prozess vielschichtig ist und ich meine Entscheidungen stets mit Bedacht und nach eigener Einschätzung treffe. Mit weiterhin viel Engagement werde ich für die Interessen unserer Region – auch in Ihrem Interesse –, aktiv sein.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dieter Stier, MdB