Frage an Dieter-Lebrecht Koch von Hans P. bezüglich Verkehr
Hallo. Ich habe mit grossem Interesse Ihr Interview im Allgemeinen Anzeiger von Rudolstadt am 16.02.14 gelesen. Leider komme ich um ein Kopfschütteln nicht umhin. Ich bin die grösste Zeit des Jahres mit meinem Wohnmobil auf Europas Strassen unterwegs und muss dabei immer wieder feststellen, wie weit entfernt doch Deutschland von einem gemeinsamen Europa ist. Das geht bei den kleinsten Dingen los, die eigentlich nach "ewigen" Zeiten EU gar nicht mehr existent sein dürften. Warum brauche ich in einem gemeinsamen Europa drei verschiedene Parkwarntafeln? Eine für Italien, eine für Spanien und eine für Deutschland? Warum darf ich mit einer Hängerkupplung der Firma caratow keine deutschen Strassen befahren, obwohl diese in der EU zugelassen ist? Mir kommt es so vor, als ob Deutschland der grösste Blockierer einheitlicher Verkehregeln und Gesetze ist. Falls Sie sich unter meinem Anliegen nichts vorstellen können, schauen Sie sich doch bitte das Video auf www.caratow.com an. Ich darf in ganz Europa meinen PKW am Wohnmobil anhängen und mitschleppen, nur in Deutschland nicht. Das sind Fragen, die mich interessieren und nicht, welchen Krümmungswinkel eine Gurke haben darf. Mir kommt es so vor, als ob deutsche Politiker das Rad noch einmal neu erfinden wollen und alles was nicht aus Deutschland kommt, rigoros abgeblockt wird. Einfach einmal über den Tellerrand geschaut, nicht nur die Deutschen haben kluge Köpfe. Vielleicht kann man sich als Europaabgeordneter auch einmal für solche kleinen Dinge stark machen. MfG
Sehr geehrter Herr Pomian,
Vielen Dank für Ihre Anfrage und das mir damit entgegengebrachte Vertrauen.
Ich habe größtes Verständnis für Ihre Verärgerung. Auch ich setze mich für einheitlichere Regelungen auf Europas Straßen ein.
In dem Bereich der Vereinheitlichung im Straßenverkehr gilt es jedoch bestimmte Besonderheiten zu beachten. Die Zuständigkeiten zwischen den Akteuren der Gesetzgebung sind entscheidend.
Weltweit gibt zunächst die United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) die Initiative bei der Gesetzgebung. Diese Organisation stellt z.B. im Bereich der Beschilderung die Vorgaben. Das Gesetzt wird in der zweiten Stufe von der EU ausgearbeitet und von den Mitgliedsstaaten, in unserem Fall Deutschland, ausgeführt.
Ich habe mich z.B. sehr stark für die Vereinheitlichung der Mitführpflichten (d.h. Warnwesten, Feuerlöscher, Warndreieck usw.) innerhalb der EU eingesetzt. Die Europäische Kommission hat hier jedoch keinen Handlungsbedarf gesehen. Deswegen wurden keine Veränderungen vorgeschlagen, was ich sehr bedauere. Das Initiativrecht liegt bei der Europäischen Kommission. So wollen es die Staats- und Regierungschefs.
Schon einmal war ich mit einer Anfrage zu Anhängekupplungen befasst. In diesem Fall betraf es das Modell Toyota Prius. Hierbei war eine Anhängelast am Fahrzeug vom Hersteller nicht vorgesehen. Obwohl nach der UNECE Regelung 55 eine Genehmigung durch den Hersteller erforderlich ist, kann das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in entsprechenden Fällen nach Erbringung aller erforderlichen Nachweise eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) nach § 22 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) erteilen. Dementsprechend gehen hier die Regelungen auf den verschiedenen Ebenen auseinander.
Auf der EU-Ebene werden Mindeststandards festgelegt, die von den Mitgliedsstaaten nach bestimmten Vorrausetzungen auch verstärkt werden können. Das KBA stellt an Anhängekupplungen größere Anforderungen als die EU-Richtlinie. Deswegen dürfen die von Ihnen genannten Anhängekupplungen in Deutschland nicht verwendet werden, auch wenn diese auf EU-Ebene und in anderen Mitgliedsstaaten zugelassen sind.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Information weitergeholfen zu haben und sage Ihnen zu, in der kommenden Legislaturperiode einen erneuten Vorstoß bei der Europäischen Kommission zu machen. Dieser wird Ihre Anregungen bzw. Probleme beinhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Dr. Dieter-L. Koch, MdEP