Dieter Lauinger
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Dieter S. •

Frage an Dieter Lauinger von Dieter S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Lauinger,

wie sollen die Lasten der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise verteilt werden?
Stimmt der Satz: In Deutschland werden Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert?
Drohen auf lange Sicht Einschnitte für „Normalbürger“ und die öffentlichen Haushalte?
Kennen Sie die Initiative von Vermögenden (www.appell-vermoegensabgabe.de)?
Sie sieht vor, dass Personen mit einem Vermögen von mehr als 500.000 Euro 2009 und 2010 fünf Prozent ihres Vermögens abgeben. Das würde in den zwei Jahren ca. 100 Milliarden Euro einbringen.
Es ist nicht hoch genug zu bewerten, dass es Wohlhabende Menschen in Deutschland gibt, die diese Sicht auf unsere Probleme haben.
Einer Umfrage zufolge unterstützen 57 Prozent der Deutschen die Forderung nach einer Vermögensabgabe (Quelle: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/Geld-Steuern;art271,2837503 ).
Als Sympathisant des Appells und Bürger Ihres Wahlkreises frage ich Sie: Wie stehen Sie zu diesen Forderungen?
Mit freundlichen Grüßen,
Dieter Stompe

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Stompe,

vielen Dank für Ihre Fragen. Viele Menschen bewegt die Frage, wie wir die finanziellen Belastungen aus der Finanz- und Konjunkturkrise bewältigen wollen und wer eigentlich am Ende die Rechnung zahlt für die enormen Schulden, die uns und den nachfolgenden Generationen die Handlungsspielräume nehmen. Die notwendigen politischen Antworten auf die Wirtschaftskrise bedeuten eine große finanzielle Belastung für die öffentlichen Haushalte. Diese Kosten wollen wir nicht allein den kommenden Generationen aufbürden. Wir wollen deshalb auch keine Steuersenkungen auf Pump.

Ebenso falsch wäre es, diese Kosten durch allgemeine Steuererhöhungen aufzufangen. Stattdessen sollten vor allem diejenigen, die in den Zeiten vor der Krise vom Finanzmarktkapitalismus profitiert und große Vermögen aufgebaut haben, einen Beitrag leisten. Wir halten es für richtig, zur Bewältigung dieser historischen Krise starke Schultern auch stärker in die Verantwortung zu nehmen.

Nach unserer Ansicht brauchen wir eine nachhaltige Einkommensteuerreform, die echte Vereinfachung bringt, kleine und mittlere Einkommen entlastet, höhere Einkommen stärker heranzieht und alle Einkunftsarten gleich behandelt:

* Dazu wollen wir den Spitzensatz auf 45 Prozent (durch lineare Verlängerung des Tarifs) anheben. Alle Einkommen unterhalb des heutigen Spitzensteuersatzes werden daher nicht zusätzlich belastet.
* Wir wollen den Grundfreibetrag von 8.004 Euro (gilt ab 2010) auf 8.500 Euro anheben. Dies ergänzt unsere Forderung, Hartz IV auf 420 Euro pro Monat anzuheben, denn das (steuerfreie) Existenzminimum muss für alle gleich sein - für Hartz-IV-Empfänger wie für alle Steuerpflichtigen auch.
* Weitere Steuersenkungen halten wir aber weder für sozial notwendig noch angesichts wachsender Verschuldung für vertretbar.
* Wir wollen alle Einkunftsarten gleich besteuern. Das ist sozial gerecht, weil keine Einkunftsart besser gestellt werden soll. Es ist nicht gerecht, dass - wie bei der Abgeltungssteuer der großen Koalition - Einkommen aus Finanzanlagen geringer besteuert werden als Arbeitseinkommen.
* Wir wollen deutlich vereinfachen und dafür eine einheitliche Werbungskosten- und Betriebsausgabenpauschale von 2.000 Euro einführen (bisheriger Werbungskostenpauschbetrag für Arbeitnehmer 920 Euro).
* Wir wollen die 7 Einkunftsarten weitgehend zusammenfassen.
* Wir wollen Riester-, Rürup-und Betriebs-Rente zu einem einheitlichen Altersvorsorgekonto weiter entwickeln.
* Außerdem setzen auf eine einmalige Vermögensabgabe nach Artikel 106 des Grundgesetzes einführen. Ihr Aufkommen soll zweckgebunden für die Bewältigung der Folgekosten der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise verwendet werden. Die Vermögensabgabe steht allein dem Bund zu.

Noch etwas muss ich diesem Zusammenhang loswerden: Die Liberalen verharren in Ideologie-Debatten von vorgestern. Als einzige lehnen sie die Bankenverstaatlichung und eine Begrenzung von Managergehältern, Bonuszahlungen und Abfindungen ab. Marktwirtschaft heißt für mich, dass Verursacher auch für ihre Kosten verantwortlich sind. Wenn die FDP plakatiert: Leistung muss sich wieder lohnen, dann muss sie auch sagen "Nicht-Leistung darf sich nicht lohnen." Die FDP ist aber gegen gesetzliche Regeln, die Exzesse bei Gehältern und Boni verhindern. Wir wollen hierfür eine Haftungsausweitung. Gleiches gilt für die Bankenrettung: Wenn Gewinne privatisiert (Gehälter, Bonuszahlungen) und Verluste sozialisiert (Bankenrettungspakete) werden, dann funktioniert Marktwirtschaft nicht. Wir sind die Partei der Marktwirtschaft. Die FDP dagegen ist für Vollkasko auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Vielen Dank für den Hinweis auf diese interessante Initiative!

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Lauinger