Frage an Dieter Grasedieck von Fabian S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Grasedieck,
es geht mir um die Erhöhung der Abgeordneten-Diäten. Dazu habe ich an Sie folgende Fragen.
- Halten Sie die Erhöhungen im Verhältniß zur Reallohnentwicklung für gerechtfertigt? Wenn ja warum?
- Was denken Sie wie es beim Volk ankommt, wenn der Bundestag für viele wichtige Entscheidungen oft Monate oder Jahre braucht (die dann oft zum Nachteil des Bürger entschieden werden; Stichwort Pendlerpauschale, Kindergelderhöhung, ALGII Erhöhung) , eine Erhöhung der eigenen Bezüge aber innerhalb von rekordverdächtigen 2 Wochen verabschiedet wird? (ich finde dies touchiert die Grenze der Peinlichkeit).
- Warum gilt die Devise, "wir müssen alle den Gürtel enger schnallen", die dem Volk seit Jahren gepredigt wird, nicht für Politiker?
Bei vielen Diskussionsrunden im Fernsehen musste ich feststellen das die dort argumentierenden Abgeordneten in der Mehrzahl tatsächlich fest davon überzeugt waren das eine Erhöhung der Bezüge völlig angebracht sei.
- Es wurde gesagt die Abgeordneten hätten das Recht auf eine Anteil am sogenannten Aufschwung. Meine Frage: Warum geht es in der Politik eigentlich vorrangig? Um das Wohl der Abgeordneten oder das Wohl des Volkes? Denn wenn es um das Wohl des Volkes geht sollten die Abgeordneten sich selbst erst dann besser stellen nachdem dies beim Volk der Fall ist. Und genau dem ist nicht so.
Bitte erwähnen Sie jetzt nicht die Tarifabschlüsse die es vereinzelt gab. Die Reallöhne sinken seit Jahren, das ist Fakt.
Ich stelle daher die Qualität der Arbeit der Agbeordneten in Frage und damit auch die verabschiedete Diätenerhöhung. In der Wirtschaft gibt es Lohnerhöhungen i.d.R. nur bei besonders guten Leistungen. Das haben die Abgeordneten aus den oben genannten Gründen nicht vorzuweisen.
Ich fordere dass Diäten nur im Verhältniß zu den Reallöhnen erhöht werden. Unterstützen Sie diesen gerechten Vorschlag?
Freundliche Grüße
Fabian Sandforth
Sehr geehrter Herr Sandforth,
ich habe der Erhöhung der Diäten zugestimmt. Im gleichen Gesetz geht es aber nicht nur um die Anhebung der Diäten um 4,7 Prozent im Jahr 2008 und um 4,5 Prozent im Jahr 2009 sondern auch um die Senkung des Niveaus unserer Altersversorgung und die Erhöhung des Regeleintrittsalters in die Altersversorgung auf 67 Jahre.
Noch erhält ein Abgeordneter nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag für jedes Jahr seiner Mitgliedschaft eine Altersentschädigung in Höhe von 3 Prozent der monatlichen Diät. Das gilt jedoch nur, wenn er mindestens acht Jahre lang Mitglied des Bundestages war. Nach diesen acht Jahren erhält er also 24 Prozent der monatlichen Diät von derzeit 7.009 Euro als Altersversorgung. Zukünftig sollen statt 3 Prozent nur noch 2,5 Prozent pro Jahr der Mitgliedschaft gezahlt werden. Nach acht Jahren im Bundestag erhält ein ehemaliger Abgeordneter dann nicht mehr 24 Prozent der Diät, sondern nur noch 20 Prozent.
Der Steigerungssatz der Altersentschädigung, der bis 1995 noch 4 Prozent der Abgeordnetenentschädigung pro Jahr der Mitgliedschaft im Bundestag betrug, wird also von jetzt 3 Prozent weiter auf 2,5 Prozent herabgesenkt. Der Höchstsatz der Altersentschädigung von nunmehr 67,5 Prozent der Abgeordnetenentschädigung wird künftig erst nach 27 und nicht wie bisher bereits nach 23 Mandatsjahren erreicht. (Den Höchstanspruch erwerben aber nur wenige Abgeordnete, da die meisten Abgeordneten dem Bundestag nur zwei bis drei Legislaturperioden angehören). Ein Versorgungsanspruch im Alter entsteht nach dem Konzept der lückenfüllenden Teilversorgung nach dem ersten Jahr der Mitgliedschaft.
Darüber hinaus wird die Anhebung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung („Rente mit 67“) mit der stufenweisen Anhebung der Altersgrenze für die Altersentschädigung von dem 65. Lebensjahr auf das 67. Lebensjahr wirkungsgleich umgesetzt.
Bei der Höhe der Diäten ist vor allem die Frage zu beantworten, was ist angemessen. Was ist angemessen für einen Wahlkreisabgeordneten oder eine Wahlkreisabgeordnete, die die Interessen von ca. 250.000 Bürgerinnen und Bürgern vertreten? Was ist angemessen für jede und jeden der über 600 Abgeordneten, die in unserem Land darüber entscheiden, ob deutsche Soldaten ins Ausland geschickt werden (Beispiel Kosovo, Afghanistan) oder nicht (Beispiel Irak). Was ist angemessen für die Abgeordneten, die über die Zukunft unserer Kranken- und Rentenversicherung, über die Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik und darüber entscheiden, welche Steuern wir zahlen sollen.
Kritisiert wird vor allem, dass die Abgeordneten selbst über die Höhe von Entschädigung und Altersentschädigung entscheiden. Im Rahmen des geltenden Grundgesetzes ist es nicht möglich, die Entscheidung über die Höhe der Diät auf andere zu übertragen, obwohl auch viele Abgeordnete angesichts der meist kritischen Öffentlichkeit eine solche Übertragung der Entscheidung befürworten. Der Deutsche Bundestag muss nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes selbst über jede Erhöhung der Entschädigung vor den Augen der Öffentlichkeit durch Gesetz entscheiden. Die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung kann daher nicht auf eine unabhängige Expertenkommission übertragen oder durch eine automatische jährliche Anpassung in der Höhe der durchschnittlichen Steigerung der Löhne und Gehälter ersetzt werden.
Als vergleichbar mit den Abgeordneten, die Wahlkreise mit 200 bis 300 Tausend Wahlberechtigten vertreten, werden Bürgermeister kleiner Städte und von Gemeinden mit 50 bis 100 Tausend Einwohnern angesehen. Bisher lagen die Diäten der Bundestagsabgeordneten unter der Besoldung von Bürgermeistern. Vor diesem Hintergrund halte ich die Erhöhung der Diäten für vertretbar.
Sofern Sie weitere Fragen haben, stehe ich auch gerne für ein persönliches Gespräch in meinem Wahlkreisbüro in Bottrop (Osterfelder Str. 23) zur Verfügung. Bei Bedarf melden Sie sich bitte unter der Nummer 02041/186421.
Mit freundlichem Gruß
gez. Dieter Grasedieck