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Detlef Müller
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Frage von Torsten T. •

Frage an Detlef Müller von Torsten T. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Müller,

(1) Sind in einer weiteren Legislaturperiode von Ihnen/der SPD weitere Einschränkungen der Freiheits- und Bürgerrechte unter dem populistischem Deckmantel der Terror- oder Kinderpornographiebekämpfung abzusehen?

(2) Wie stehen Sie zum Thema Generationengerechtigkeit (Doppelbelastung der jetzigen arbeitenden Bevölkerung)? Wird es in 30 Jahren noch eine vergleichbar hohe Rente geben oder sollte dem Bürger nicht langsam reiner Wein eingeschenkt werden?

(3) Wie sehen die konkreten Pläne der SPD zum Abbau der Schulden des Bundes aus? An welchen Stellen wird/sollte gespart werden? Leider gibt das Wahlprogramm der SPD dazu nicht allzuviel her.

vG, T.T.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Thau,

vielen Dank für Ihre Fragen bei Abgeordnetenwatch.de.

Zur Frage Rente/Generationengerechtigkeit:

Die SPD setzt sich grundsätzlich für eine Bürgersozialversicherung als zukünftiges Leitprinzip ein, weil wir davon ausgehen, dass unser System der sozialen Sicherung in einer Gesellschaft des längeren Lebens und einer veränderten Arbeitsgesellschaft zum Teil nicht mehr gerecht wird. Der Umbau der sozialen Sicherung hin zu Bürgersozialversicherungen ist unser Leitprinzip weit über eine Legislaturperiode hinaus. Am Ende des Prozesses soll ein Sozialstaat stehen, der alle Bürgerinnen und Bürger bei der Absicherung von Gesundheit und Pflege und alle Erwerbstätigen bei der Alterssicherung und der Absicherung von Arbeitslosigkeit in die Solidarität einbezieht. Dieser Gedanke setzt einen umfassenden gesellschaftlichen Konsens für einen bürgerorientierten Sozialstaat voraus.

Zur Stabilisierung der bestehenden Alterssicherung gibt es zur umlagefinanzierten gesetzlichen Rente, ergänzt um die betriebliche und private Altersvorsorge, keine bessere Alternative. Die Bedeutung der gesetzlichen Altersrente wird gerade in Zeiten der Finanzkrise deutlich. Um allerdings in einer immer älter werdenden Gesellschaft keine Generation zu überfordern, waren die Veränderungen im Rentenrecht unumgänglich. Hierzu gehört auch die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre bis zum Jahr 2029. Wir wissen aber auch, dass die Menschen unterschiedlichen Belastungen während ihrer Erwerbsphase ausgesetzt sind und die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch weiter verbessert werden muss. Auch wollen wir den individuellen Bedürfnissen der Menschen beim Übergang zwischen Erwerbs- und Ruhestandsphase besser entsprechen und vor Altersarmut bewahren. Dabei ist klar, dass die Renten auch in Zukunft die Gegenleistung für die während der Erwerbstätigkeit gezahlten Beiträge bleiben müssen.

Die zentrale Voraussetzung der Altersvorsorge ist, dass Menschen möglichst lange zu guten Bedingungen im Erwerbsleben bleiben können. Deshalb sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, um die Arbeitswelt so zu verändern, dass alle Beschäftigten möglichst lange gesund am Arbeitsleben teilhaben können und psychisch und körperlich belastende Arbeitsbedingungen weitgehend vermieden werden. Eine weitere Voraussetzung für armutsfeste Renten sind existenzsichernde Löhne und eine möglichst ungebrochene Erwerbsbiographie. Deshalb setzen wir uns für flächendeckende Mindestlöhne ein.

Eine wichtige Rolle werden in der Zukunft die sogenannten zweite bzw. dritten Säule der Alterssicherung darstellen, das bedeutet den Ausbau der betrieblichen Altersversorgung als zweite Säule und der geförderten privaten Vorsorge („Riester-Rente“) als dritter Säule Wir wollen die Absicherung durch diese zusätzlichen Säulen verbessern. Zukünftig soll auch das Risiko der Erwerbsunfähigkeit obligatorisch und zu gleichen Konditionen abgesichert werden.

Zum Thema Schuldenabbau:

Die SPD ist der Auffassung, dass dauerhafte Schulden nicht akzeptabel sind. Deswegen hat die SPD auch die Schuldenbremse des Grundgesetzes mitentwickelt und unterstützt. Diese sehr ambitionierte Schuldenbremse wird einen deutlichen Wandel der Haushaltspolitik und der Politik insgesamt zur Folge haben. Mit ihren Komponenten strukturelle Verschuldungsbegrenzung, Konjunkturkomponente und Ausnahmeregel ist die Regel deutlich schärfer als die bislang geltende Schuldenregel (Artikel 141, Grundgesetz).

Allerdings belasten die beschlossenen Konjunkturpakete zur Belebung der Wirtschaft und die von uns gewünschten Investitionen vor allem in Bildung, Familien, Forschung, Infrastruktur, Kultur oder Sicherheit den Staatshaushalt. Deshalb ist der Staat auf solide und stabile Einnahmen angewiesen. Grundprinzip der SPD ist es, dass sich die Gesamtsteuerlast gerecht nach Leistungskraft verteilt, d.h., wer durch hohe Einkommen und Vermögen Vorteile genießt, muss einen stärkeren Solidarbeitrag vor allem zur Finanzierung von Kinderbetreuung und Bildung leisten. Dass Vermögende einen ihrer Leistungsfähigkeit entsprechenden steuerlichen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten, ist sozial gerecht und wirtschaftlich vernünftig.

Um die Einnahmesituation zu verbessern schlagen wir im Regierungsprogramm folgendes vor:

Anhebung des Spitzensteuersatzes als „Bildungssoli“. Wir machen mit dem Ziel des Bildungsgipfels 2008 Ernst, die gesellschaftlichen Ausgaben für Bildung und Forschung bis zum Jahr 2015 auf 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen und unser Land im Bildungsbereich zukunftsfähiger zu machen. Um dieses Ziel erreichen zu können, schlagen wir einen Zuschlag als „Bildungssoli“ bei der Besteuerung höchster Einkommen vor. Dabei wird der Spitzensteuersatz auf 47 Prozent ab einem zu versteuernden Einkommen von 125.000 Euro (Verheiratete 250.000 Euro) angehoben.
Börsenumsatzsteuer. Zur Eindämmung kurzfristiger Spekulationen wollen wir eine Börsenumsatzsteuer nach dem Vorbild der britischen Stempelsteuer in Höhe von 0,5 Prozent (Normalsatz) bis 1,5 Prozent (Sonderfälle) des Kurswertes auf börsliche Wertpapiergeschäfte ab einem Umsatz von 1.000 Euro einführen. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, dass eine solche Steuer europaweit eingeführt und auf weitere Finanztransaktionen erhoben wird.
Steuerhinterziehung bekämpfen und Steuerschlupflöcher schließen. In Deutschland werden jährlich viele Milliarden Euro an den Finanzämtern vorbeigeschleust und in Steueroasen verlagert. Die daran beteiligten Staaten müssen dazu gebracht werden, sich an die internationalen Standards des Informationsaustausches im Besteuerungsverfahren zu halten. Besteht diese Kooperationsbereitschaft nicht und kommt der Steuerpflichtige selbst seinen Mitwirkungspflichten ebenfalls nicht nach, so müssen Sanktionen verhängt werden können, wie z. B. die Einschränkung der Anerkennung von Betriebsausgaben/Werbungskosten. Nur mit entsprechenden Sanktionen kann die gesetzmäßige Durchsetzung des Steueranspruchs wieder sichergestellt werden. Wer Steuern hinterzieht, muss in Zukunft zudem einen deutlich höheren Zinssatz als die geltenden sechs Prozent zahlen. Durch diese Maßnahmen ist eine deutliche Einschränkung des bisherigen Steuerausfallvolumens zu erwarten. Umsatzsteuerbetrug und organisierte Kriminalität bekämpfen. Ähnlich der internationalen Steuerhinterziehung werden auch beim Betrug mit Umsatzsteuer jährlich Milliarden Euro der Gemeinschaft der Steuerzahler vorenthalten, häufig auch durch betrügerische „Karussellgeschäfte“. Dieser kriminellen Energie muss entschieden entgegengetreten werden und der Fahndungs- und Prüfungsdruck auf Umsatzsteuerbetrüger erhöht werden.

Sehr geehrter Herr Thau,

bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich nur Ihre zwei letzten Fragen beantwortet habe, über das Thema Terror- und Kinderpornografiebekämpfung habe ich Ihnen schon mehrmals hier bei Abegordnetenwatch.de geantwortet. Wir sollten es dabei belassen, dass Sie in dieser Sache eine andere Sichtweise haben, wie auch Ihre Fragestellung andeutet.

Mit freundlichen Grüßen

Detlef Müller, MdB

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