Frage an Dennis Rohde von Rainer W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Rohde,
Ich möchte niemals fremdes menschliches Gewebe oder Organe erhalten und halte diese Behandlung aus medizinischer Sicht, nicht nur für völlig ungeeignet, sondern i.d.R. für extrem schädlich. Auch soll kein Mensch sein Leben auf diese schrecklichste Art und Weise, durch Zerstückelung wie auf einem Schlachttisch, verlieren und bis hin zu Knorpelstücken oder Kniegelenken verpackt und verschickt werden.
Die Verdinglichung des Menschen als Medikament, ist für mich der absolute Maßstab von Menschenunwürdigkeit.
Tatsächlich gibt es Menschen, die gegen eine Zerstückelung Ihres Körpers nichts einzuwenden haben, auch nicht gegen den Einbau von fremden Geweben und Organen.
Beide Einstellungen lassen sich verbinden, wenn Menschen sich als Spender registrieren lassen könnten und für jedes Jahr seit der Erklärung der Spendebereitschaft, Punkte kriegen würden, für eine bevorzugte Organ-/Gewebezuteilung im Bedarfsfall. Organerkrankten, die nicht registriert sind, aber aus speziellen Gründen kurzfristig ein Organ/Gewebe brauchen, könnten nach Ihrer Registrierung sofort Zugang zu der Vergabe haben, z.b. durch ein Notfallkontingent auch ohne gesammelte Punkte. Als "Geschlossener Club" gibt es viele Möglichkeiten des Kennenlernens, was die Erfolgsaussichten einer Übertragung, durch bekannte Menschen, erhöht.
Bei denen, die nicht registriert sind bzw. sich bei einer Erkrankung auch nicht registrieren wollen, soll es bei Strafe verboten sein, Organe/Gewebe als Therapie zu verabreichen oder auch zu entnehmen. Dies kommt all den Menschen zugute, die befürchten, im bewußtlosen Zustand nicht widersprechen zu können und nach einer OP mit fremden Organen/Geweben aufzuwachen.
Der amtierende Präsident der Ärztekammer hat dieses Prinzip thematisiert https://www.waz.de/politik/aerztepraesident-organspende-bereitschaft-mit-vorzug-belohnen-id226233671.html .
Wurde dieses Vorgehen diskutiert bzw. welche Erfolgsaussichten würden Sie diesem Vorgehen geben?
Sehr geehrter Herr W.,
ich danke Ihnen für Ihre Frage vom 27. Juli 2019, in der Sie sich dafür aussprechen, dass registrierte Organspender künftig bei der Zuteilung von Spenderorganen bevorzugt werden sollen. Sie verweisen dabei besonders auf den Vorschlag des Präsidenten der Bundesärztekammer.
Die Frage der Organspende ist ethisch und gesellschaftlich komplex, denn sie berührt unsere Selbstbestimmung über unseren Körper. Deshalb darf auch nicht im Hauruckverfahren entschieden werden. Für die Debatte in dieser Legislaturperiode nehmen wir uns zu Recht viel Zeit. Im vergangenen Jahr haben wir eine Orientierungsdebatte zu dem Thema abgehalten, im Juni dieses Jahres dann zum ersten Mal über die Gesetzentwürfe zur Organspende debattiert. Wichtig ist mir dabei, dass wir nicht wie üblich entlang der Fraktionslinien abstimmen, sondern Abgeordnete sich frei den vorgelegten Entwürfen anschließen können. So sind die beiden konkurrierenden Entwürfe von Gruppen von Abgeordneten unabhängig von der Fraktionszugehörigkeit erarbeitet worden. Keiner dieser Entwürfe greift derzeit den von Ihnen angeführten Vorschlag von Klaus Reinhardt, dem Präsidenten der Bundesärztekammer, auf.
In den Medien häufig diskutiert wird der Vorschlag einer Gruppe von Abgeordneten um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der eine „doppelte Widerspruchslösung“ etablieren möchte. Die Idee geht davon aus, dass jeder Bürger Organspender ist, es sei denn, er widerspricht ausdrücklich. So wird die Organspende in einigen Ländern der EU, zum Beispiel Frankreich, Italien und Österreich, bereits gehandhabt. Die zweite Widerspruchsmöglichkeit greift, wenn der Patient nicht ansprechbar ist. Dann können die Verwandten des Patienten entscheiden. Bei diesem Vorschlag müsste in der logischen Konsequenz ein Register mit Patienten angelegt werden, die der Entnahme widersprechen.
Nach der parlamentarischen Sommerpause werden wir die Diskussion erneut aufgreifen. Am Mittwoch, den 25. September findet zu den Entwürfen eine öffentliche Sachverständigenanhörung im Deutschen Bundestag statt. Hieran wird auch die Bundesärztekammer teilnehmen und sicherlich ihre Standpunkte vertreten. In welcher Form die Gesetzentwürfe im Nachgang der Sachverständigenanhörung noch einmal angepasst werden, kann ich aus heutiger Perspektive nicht abschätzen. Im Herbst dieses Jahres folgt dann die weitere Beratung mit dem Ziel, die Organspende neu zu regeln.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Dennis Rohde