Frage an Dennis Radtke von Daniel S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Radtke,
wie bewerten Sie das Handelsabkommen der EU mit Japan (JEFTA) im Bezug auf die von Campact vorgestellte Studie [1] [2] zu den dort untersuchten Themen Privatisierung von ÖPNV und Wasserversorgung, Transparenz, Vorsorgeprinzip?
Würden Sie der Ratifizierung des Abkommens in seiner aktuellen Form zustimmen?
Vielen Dank im Voraus
Mit freundlichem Gruß
D. S.
[1] https://www.gerechter-welthandel.org/wp-content/uploads/2018/11/JEFTA-Brief-an-MEPs_final.pdf
[2] https://blog.campact.de/wp-content/uploads/2018/10/Zusammenfassung-Studie-JEFTA.pdf
Sehr geehrter Herr Stöckner,
ich danke Ihnen für Ihre Frage bezüglich des Freihandelsabkommens mit Japan (JEFTA). Sie greifen damit ein äußerst wichtiges Thema auf.
Die Europäische Union und Japan setzten im Handelsstreit Anfang des Jahres ein Zeichen, als das größte Freihandelsabkommen, das jemals von der EU ausgehandelt wurde, im Februar besiegelt wurde. Somit entfallen die Zölle auf über 90 Prozent der EU-Ausfuhren nach Japan und es werden zudem Zölle gesenkt, bei denen das Ausfuhrinteresse sehr hoch ist, etwa bei Wein oder Kraftfahrzeugen.
Klar ist, dass wir in Zeiten eines wirtschaftspolitisch unberechenbaren US-Präsidenten Stabilität schaffen wollen. So sehe ich die Unterzeichnung des Handelsabkommens mit Japan als sehr positiv. Als EVP-Fraktion haben wir uns deshalb dafür eingesetzt, dass das JEFTA-Abkommen schnell im Europaparlament bestätigt wurde und, nach Jahren zäher Verhandlungen, zum 01.02.2019 in Kraft treten konnte.
Statt eine Welt, in der sich der Stärkste durchsetzt, präferiere ich eine mit der geltenden Macht des Rechts. Durch Handelsabkommen wie ebenjenes mit Japan schaffen wir neue Marktzugänge, setzen gemeinsame Standards und beseitigen Handelshemmnisse bzw. Zölle. Somit kann JEFTA nicht als Demonstration von Macht, sondern als Vereinbarung im wechselseitigen Interesse gesehen werden.
Zu den angesprochenen Themen der NGO Campact, nämlich der Wasserversorgung, der Privatisierung von ÖPNV, der Transparenz und des Vorsorgeprinzips ist zu sagen, dass die anfänglichen Bedenken bei der finalen JEFTA Ausgestaltung in solchem Maße einbezogen wurden, sodass hier keine Versäumnisse entstanden sind. Beispielsweise wird in Anhang 2 Vorbehalt Nr. 15 festgelegt, dass es zu keiner Deregulierung und Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen wie der Wasser- und Abwasserversorgung kommt. Das behördliche Vorrecht aller EU-Mitgliedstaaten, öffentliche Dienstleistungen in der öffentlichen Hand zu belassen, bleibt erhalten. Keine Regierung wird zur Deregulierung oder Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen auf nationaler Ebene gezwungen. So kann Deutschland auch weiterhin frei über den Schutz und Erhalt seiner Wasservorkommen entscheiden.
Außerdem wurden jegliche Transparenzgrundlagen eingehalten. Die europäische Kommission führte die Verhandlungen auf der Grundlage eines von allen EU-Mitgliedsstaaten gebilligten Mandats, welche wiederum über jeden einzelnen Schritt unterrichtet. Laufende Verhandlungen wurden mit nationalen Parlamentsmitgliedern und zivilgesellschaftlichen Vertretern erörtert. Außerdem sind die Verhandlungsunterlagen und Berichte der Verhandlungsrunden online verfügbar. Als die politische Einigung bekannt wurde, hat die Kommission die Vereinbarung zur Unterrichtung an alle EU-Hauptstädte gesendet und veröffentlicht bzw. nach Verhandlungsschluss sofort online zur Verfügung gestellt.
Ich hoffe, alle Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Dennis Radtke