Frage an Daniela Wagner von Armin H. bezüglich Wirtschaft
Wenn ich mir die Forderungen der Grünen ansehe, wirken sie auf den ersten Blick sehr richtig. Auf den Zweiten jedoch zeigt sich einiges an Diskrepanz. Sie wollen Wirtschaftswachstum, wenn auch grün angestrichen, aber auch fairen Handel.
Widerspricht das nicht jeder Logik, denn schon von jeher werden große Teile des Wirtschaftswachstums durch Ausbeutung generiert?
Sie wollen Wirtschaftswachstum und Umweltschutz. Wie lässt sich das damit vereinbaren mit dem damit einhergehend zunehmenden Rohstoffverbrauch?
Denn Windräder wachsen nicht von alleine, Akkus in Elektroautos verursachen schwerste Umweltschäden. Zwar nicht bei uns, aber da wären wir schon wieder beim fairen Handel. Sollte sich ihre Partei nicht langsam von der Idee grenzenlosen Wachstums verabschieden?
Reicht das derzeit produzierte nicht schon bei weitem aus, so dass man sich neben dem reinen Umbau zu ökologisch sinnvollerer Produktionsweise, wohl eher die Frage nach der Verteilungsproblematik und danach wo die Wirtschaft evtl. schrumpfen sollte stellen müsste, statt dem Irrsinn bisheriger Politik einfach nur eine andere Farbe geben zu wollen?
Sehr geehrter Herr H.,
Wir müssen uns von der Idee grenzenlosen Wachstums nicht verabschieden, denn wir haben sie nie gehabt und nie geteilt.
Unsere Haltung war und ist, dass die Ressourcen auf unserem Planeten zwar endlich, aber in ausreichender Menge vorhanden sind, so dass alle Menschen damit und davon leben und wirtschaften können. Das funktioniert allerdings nur dann, wenn die Länder der Nordhalbkugel nicht alles für sich in Anspruch nehmen und anschließend das, was sie an Endprodukten übrig haben, in Entwicklungs-und Schwellenländer schaffen. Die Folge war und ist, dass in den betreffenden Ländern der Aufbau eigenständiger, wirtschaftlich tragfähiger Wirtschafts-und Landwirtschaftsstrukturen verhindert werden.
Deswegen setzen wir Grüne auf faire Entwicklungszusammenarbeit in Kooperation mit NGOs, was zum Beispiel auch das Thema Freihandelsabkommen berührt. Wir sind nicht per se gegen jeglichen Freihandel, haben aber den Anspruch, dass soziale und ökologische Standarts - auch und gerade in Entwicklungsländern - eingehalten werden.
Und selbstverständlich ist uns auch klar, dass jedwede Art von Energie-Erzeugung und -Versorgung genauso wie der Bau emmissionsfreier Fahrzeuge neue und andere Probleme erzeugen kann.
Die Antwort darauf kann aber nicht sein, dass alles so weitergeht, wie in den zurückliegenden Jahrzehnten. Ein Blick nach Houston oder in die Karibik zeigt, welche Katastrophen der Klimawandel in Gang zu setzen in der Lage ist.
Die technische Entwicklung geht auch in den von Ihnen angesprochenen Bereichen weiter. Der Strom für e-Mobilität wird in absehbarer Zeit komplett aus erneuerbaren Energiequellen stammen, wenn die Energiewende beschleunigt und Kohlekraftwerke nach und nach stillgelegt werden.
Ich bin auch zuversichlich, dass dem Verbrennungsmotor mittelfristig eine Batterie folgen wird, deren Herstellung eben nicht auf die von Ihnen angesprochenen Rohstoffe angewiesen ist. Ich gehe sogar davon aus, dass die Batterie, wie wir sie heute kennen, beim emmissionsfreien Verkehr nur eine Übergangstechnik sein wird.
Leider hat sich Ihre - wie ich finde zutreffende - Einsicht, dass wir mehr als genug von allem haben, noch längst nicht durchgesetzt. Im Gegenteil: Der Ressourcenverbrauch und der Schadstoffaussstoß nehmen u.a. deshalb nicht mehr ab, weil der Entwicklung immer sparsamerer Motoren, Fernsehgeräte, Computer, Handys u.a.m. die Anschaffung von
immer mehr und immer größeren Produkten folgte. Die Riesenbildschirme, die für viele Wohnzimmer deutlich zu groß sind, verbrauchen natürlich mehr Energie, als kleinere. Unsere Städte sind vollgestopft mit immer größeren Fahrzeugen (SUV) die sowohl bei der Produktion, als auch im Betrieb allein durch ihr Gewicht mehr Rohstoffe und Treibstoff verbrauchen. Und in jedem Haushalt existieren mittlerweile eine stattliche Anzahl Computer und Smartphones.
Die Liste des Irrsinns, wie Sie es zu Recht benennen, ließe sich beliebig fortsetzen. Ich will es dabei belassen. Unsere Aufgabe als Grüne sehe ich darin, Vorschläge zu machen, Innovation voranzutreiben, z.B. in dem mit langen zeitlichen Vorläufen Ziele definiert werden, die Innovationsdruck auslösen, und die Menschen mitzunehmen, zu überzeugen, dass es so nicht wird weitergehen können und dass wir unseren Ressourcen-, Energie- und Fleischhunger dringend mäßigen müssen.
Die Alternative, einfach so weiter zu machen, bedeutet letztlich Naturkatastrophen, Hungerkatastrophen und resultierend aus beidem immer mehr Flüchtlinge; darüber brauchen wir uns dann wirklich nicht zu wundern.
Mit freundlichen Grüßen,
Daniela Wagner