Frage an Daniela Wagner von Armin H. bezüglich Umwelt
Wie stehen sie zu den aktuellen Atomausstiegsplänen?
Und wie sehen sie den Fahrplan für eine gelungene Energiewende?
Sehr geehrter Herr Henning,
vielen Dank für Ihre Fragen. Die Energiewende und ein rascher Ausstieg aus der Atomenergie gehören zu den wichtigsten Themen von Bündnis 90/Die Grünen seit der Gründung der Partei. Diese Themen sind heute aktueller denn je: Klimawandel und Ressourcenschwund erfordern ein Gelingen der Energiewende. Deshalb wollen wir bis 2030 unseren Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien produzieren. Im Wärmebereich wollen wir möglichst bis 2040 komplett auf erneuerbare Energien umgestellt haben. Das erfordert den Umbau unserer Infrastruktur von fossil zu erneuerbar, von zentral zu dezentral und eine Machtverschiebung von den großen Energiekonzernen zu den BürgerInnen.
Die Energiewende und der Atomausstieg sind wohl die größte gesellschaftliche Herausforderung und zugleich Chance des 21. Jahrhunderts. Sie werden aber nur gelingen, wenn den erforderlichen Schritten keine Hürden in den Weg gelegt werden. Angela Merkel kehrte durch den öffentlichen Druck nach der Katastrophe von Fukushima zwar zum rot-grünen Atomausstieg zurück. In den darauffolgenden 2 Jahren ist ihre Regierung allerdings für vier Novellen am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und für eine Ausbaubremse für Ökostrom verantwortlich, die der Energiewirtschaft auch den letzten Rest an Planungssicherheit entzogen haben.
Der Umbau eines gesamten Systems kostet enorm viel Geld. Allerdings muss man dem gegenüberstellen, wie viel es langfristig kosten würde, das bestehende System auf Basis von Kohle, Öl und Uran beizubehalten. Die fossilen Ressourcen sind endlich. Ihre Kosten steigen zunehmend an, bis hin zur Unbezahlbarkeit. Hinzu kommt die geostrategische Komponente, denn ein Großteil der importierten Rohstoffe kommt aus politisch instabilen Regionen. Auch unter diesem Aspekt lohnt es sich, sich unabhängig von Importen zu machen.
Die Atomkatastrophe von Fukushima hat uns weiterhin erneut deutlich vor Augen geführt, wie gefährlich Atomenergie sein kann. Aus diesem Grund wollen wir den Atomausstieg sicher und schnell besiegeln, denn auch bei den deutschen Atomkraftwerken wurden erhebliche Schwächen aufgedeckt (z.B. mangelnder Hochwasserschutz), was für die schwarz-gelbe Regierung inzwischen kein Thema mehr ist. Bei den noch laufenden Atomkraftwerken muss die Sicherheit höchste Priorität haben. Die Sicherheitsanforderungen sollen national und international erhöht werden. Wir wollen entsprechende Nachrüstungen an den AKWs durchsetzen und die Rahmenbedingungen so ändern, dass die Betreiber das letzte AKW schon deutlich vor 2022 abschalten werden. Zum Atomausstieg gehört für uns auch, endlich eine ergebnisoffene, wissenschaftsbasierte und transparente Suche nach dem bestmöglichen Atommüll- Endlager auf der Grundlage des neuen Standortauswahlgesetzes anzugehen.
Bei der Bezahlbarkeit der Energiewende geht es aber auch um das hier und jetzt. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat die Industrieprivilegien beim EEG und bei den Netzentgelten massiv ausgeweitet. Dadurch haben sich die Kosten der Energiewende für Privathaushalte und den Mittelstand stark erhöht. Hier gilt es, umzusteuern: Deshalb wollen wir Grüne die großzügigen Ausnahmeregelungen auf Härtefälle begrenzen. So können wir kurzfristig 4 Milliarden Euro einsparen.
Unser Fahrplan für eine gelungene Energiewende sieht u.a. auch folgende Schritte vor:
Ausbau erneuerbarer Energien
- Die Kernelemente des EEGs wollen wir beibehalten, während an anderen Stellen das Gesetz weiterentwickelt werden muss: Wir wollen das EEG von kostentreibenden Sonderregelungen befreien. Die Industrie muss an den Kosten des Ökostromausbaus beteiligt werden.
- Den Strommarkt wollen wir dahingehend verändern, dass die Erneuerbaren mittelfristig auch ohne Förderung am Markt bestehen können.
Netz- und Speicherausbau
- Um mit dem Ausbau der Erneuerbaren Schritt halten zu können, ist ein Um- und Ausbau der Stromnetze unabdingbar. Durch eine an den erneuerbaren Energien orientierte, naturverträgliche Netzplanung, vermehrte Erdverkabelung sowie frühzeitige und umfassende Bürgerbeteiligung schaffen wir Akzeptanz und Planungssicherheit für den notwendigen Netzausbau.
- Mit der Gründung einer Deutschen Netzgesellschaft in öffentlicher Hand wollen wir den Netzausbau sichern, denn ein Scheitern an Finanzproblemen von privaten Investoren können wir uns nicht erlauben.
- Im Bereich der Speichertechnologien wollen wir sowohl Forschungsprogramme auflegen als auch die Markteinführung anreizen. Nur so kann sichergestellt werden, dass ab 2020, wenn zunehmend Speicherkapazität benötigt wird, tragfähige und bezahlbare technische Lösungen auch wirklich bereitstehen.
Energieeffizienz
- Um die Energieeffizienz zu fördern, wollen wir die finanzielle Ausstattung der Förderprogramme zur Gebäudesanierung auf mindestens 2 Milliarden Euro verstetigen.
- Energieversorger wollen wir dazu verpflichten, durch Effizienzmaßnahmen bei ihren KundInnen Energie und Kosten einzusparen.
- Begleitend dazu wollen wir einen Energiesparfonds in Höhe von 3 Milliarden Euro jährlich auflegen. Damit sollen sowohl VerbraucherInnen und Unternehmen beim Stromsparen als auch Kommunen bei der energetischen Sanierung von Wohnquartieren mit hohem Anteil einkommensschwacher Haushalte und öffentlicher Gebäude unterstützt werden.
Die Konzepte für den Atomausstieg und für die Energiewende, die nicht nur eine technische sondern auch eine soziale Komponente beinhalten müssen, lassen sich in wenigen Worten kaum gänzlich darstellen.
Über die in dieser Antwort kurz beschriebenen grünen Konzepte können Sie sich im Detail ausführlich auch unter den folgenden Links informieren:
- Antrag "Kosten und Nutzen der Energiewende fair verteilen", BT-Drs.17/11004: http://gruenlink.de/ks9
- Antrag "Ausbau der Übertragungsnetze durch Deutsche Netzgesellschaft", BT-Drs. 17/12518: http://gruenlink.de/ksn
- Antrag "Zwei Jahre Fukushima – Ohne ehrlichen Atomausstieg keine erfolgreiche Energiewende": http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/125/1712509.pdf
- Antrag "Energiewende im Gebäudebestand", BT-Drs. 17/11664: http://gruenlink.de/ksc
- Antrag "Zwei Jahre Fukushima", BT-Drs. 17/12509: http://gruenlink.de/ksd
- Flyer der Bundestagsfraktion "Die grüne Energiewende": http://gruenlink.de/kse
- Flyer der Bundestagsfraktion "Energiepreise": http://gruenlink.de/ksf
- Homepage der Bundestagsfraktion – Thema Atomausstieg: http://www.gruene-bundestag.de/themen/atomausstieg_ID_207043.html
- Flyer der Bundestagsfraktion "Das Ende der Atomkraft": http://www.gruene-bundestag.de/uploads/tx_ttproducts/datasheet/file346428.pdf
Mit freundlichen Grüßen,
Daniela Wagner